Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerb eines Erbbaurechts durch den erbbauverpflichteten Grundstückseigentümer

 

Leitsatz (redaktionell)

Beim Erwerb eines Erbbaurechts durch den erbbauverpflichteten Grundstückseigentümer ist auch der kapitalisierte Wert des Anspruchs auf den Erbbauzins Teil der Gegenleistung bei der Grunderwerbsteuer.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 7, § 9 Abs. 2 Nrn. 2-3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.11.2007; Aktenzeichen II R 64/06)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob beim Erwerb eines Erbbaurechts durch den erbbauverpflichteten Grundstückseigentümer auch der kapitalisierte Wert des Anspruchs auf den Erbbauzins als Gegenleistung in die grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks in … das seit 1964 mit einem bis 5. April 2039 laufenden Erbbaurecht zugunsten eines Dritten belastet war. Der jährliche Erbbauzins betrug 139.200 DM.

Mit Vertrag vom 28. Oktober 1999 – Erbbaurechtskaufvertrag – (Bl. 4 FA-Akte) verkaufte die Erbbauberechtigte das Erbbaurecht an die Klägerin zur Alleinberechtigung zum Kaufpreis von 1.224.000 DM. Die Vertragsbeteiligten waren sich über den Rechtsübergang des Erbbaurechts auf die Klägerin einig. Die Klägerin trat in den Erbbauvertrag mit allen Rechten und Pflichten anstelle der bisherigen Erbbauberechtigten als neue Erbbaurechtsnehmerin ein. Die Klägerin übernahm zudem die in Abteilung II Nrn. 1 und 2 des Erbbaurechts eingetragenen Belastungen (Vorkaufsrecht sowie Erbbauzins).

Mit Bescheid vom 23. November 1999 setzte der Beklagte (Finanzamt = FA) für den Erwerb der Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von 123.164 DM fest. In die Bemessungsgrundlage wurde dabei neben dem Kaufpreis auch der kapitalisierte Erbbauzins in Höhe von 2.294.990 DM (Jahreswert 139.200 × Vervielfältiger 16,487) einbezogen.

Mit ihrem Einspruch beantragte die Klägerin zunächst, in entsprechender Anwendung von § 1 Abs. 7 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) den seinerzeit für den Erwerb des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks bezahlten Kaufpreis von 1.700.000 DM aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden. Ferner wandte sich die Klägerin gegen die Einbeziehung des kapitalisierten Erbbauzinses in die steuerliche Gegenleistung.

Der Einspruch hatte nur zum Teil Erfolg. Mit der Einspruchsentscheidung vom 26. Februar 2003 (Bl. 113 FA-Akte), auf die vorab Bezug genommen wird, setzte das FA die Grunderwerbsteuer auf 32.533,50 EUR herab, weil es § 1 Abs. 7 GrEStG für anwendbar hielt. An der Besteuerung des Erbbauzinses hielt es dagegen fest.

Mit der Klage beantragt die Klägerin sinngemäß, den angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass die Grunderwerbsteuer auf 42.840 DM (21.903 EUR) herabgesetzt wird, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Sie ist der Auffassung, dass die Grunderwerbsteuer nur aus dem vereinbarten Kaufpreis erhoben werden dürfe. Der übernommene Erbbauzins könne nur dann nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG in die Gegenleistung einbezogen werden, wenn ein anderer als der Grundstückseigentümer das Erbbaurecht erwerbe. Werde dagegen das Erbbaurecht zum Eigentümererbbaurecht, so vereinige sich der Anspruch auf die Verpflichtung zur Zahlung in einer Person. Damit sei die Erbbauzinsverpflichtung erloschen. Der Vorgang müsse so behandelt werden, als sei das Erbbaurecht aufgehoben worden.

Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.

Am 19. Oktober 2005 hat vor dem Senat mündliche Verhandlung stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist nicht begründet.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG unterliegt ein Kaufvertrag über ein Erbbaurecht der Grunderwerbsteuer. Die Grunderwerbsteuer ist nach § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG anhand des Wertes der Gegenleistung, zunächst also aus dem Kaufpreis zu bemessen. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG gehören zu dieser Gegenleistung auch die auf dem Erbbaurecht ruhenden Lasten, soweit sie auf den Erwerber übergehen. Damit ist auch die auf dem Erbbaurecht ruhende Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses in die grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen, weil es sich nach § 9 Abs. 2 Satz 3 GrEStG beim Erbbauzins nicht um eine dauernde Last handelt, die nach § 9 Abs. 2 Satz 2 GrEStG nicht zur Gegenleistung gehören würde.

Diese Grundsätze gelten uneingeschränkt auch für den Fall, dass – wie in der Streitsache – der Grundstückseigentümer selbst das auf seinem Grundstück bestehende Erbbaurecht erwirbt, das Erbbaurecht also zum sog. Eigentümererbbaurecht wird. Der Senat schließt sich insoweit dem BFH-Urteil vom 28. April 1976 II R 192/75, BStBl II 1976, 577 (599) an. Die Grundsätze dieser Entscheidung sind in vollem Umfang auf die Streitsache übertragbar. Der Senat vermag keinen Grund zu erkennen, warum die Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses anders zu behandeln wäre, als ein dingliches Wohnrecht...

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