rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
1%-Regelung, Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch, Vertrauensschutz
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG erfordert fortlaufende und zeitnahe geführte Aufzeichnungen, die mindestens Angaben zum jeweiligen Datum, dem Tachostand zu Beginn und zum Ende der Fahrt, den gefahrenen Kilometern sowie bei betrieblichen Fahrten dem Reiseziel, dem Reisezweck, der Reiseroute und den aufgesuchten Geschäftspartnern enthalten. Die Aufzeichnungen können dabei handschriftlich oder in Gestalt eines "elektronischen Fahrtenbuchs" geführt werden, bei dem nachträgliche Veränderungen ausgeschlossen oder dokumentiert sind.
2) Bei der Umsatzsteuer kann der private Nutzungsanteil auch abweichend von der 1%-Regelung geschätzt werden.
3) Aus der Billigung von Fahrtenbüchern in Vorjahren erwächst kein schutzwürdiges Vertrauen für die Anerkennung in Folgejahren.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3; UStG § 3 Abs. 9a S. 1 Nr. 1; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2
Tatbestand
Streitig ist der Ansatz der privaten Nutzung der Firmenfahrzeuge Passat und Porsche in den Streitjahren 1996 bis 1998.
Der Kläger ist in den Streitjahren als selbständiger Immobilienmakler tätig gewesen. Im Betriebsvermögen seines Gewerbebetriebs, für den er eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG als Gewinnermittlungsart wählte, wurden drei Pkw geführt, nämlich:
- Golf: Dieses Fahrzeug wurde angabegemäß von der Ehefrau des Klägers für betriebliche Fahrten im Rahmen unentgeltlicher Leistungen für den Ehegattenbetrieb genutzt. Der Privatanteil wurde pauschal nach der sog. 1%-Regelung ermittelt.
- Passat Variant: Dieses Fahrzeug wurde angabegemäß ständig als Transporter betrieblich genutzt.
- Porsche: Dieses Fahrzeug wurde angabegemäß ausschließlich betrieblich genutzt.
Der Kläger führte sowohl für den Passat Variant wie auch den Porsche ein Fahrtenbuch. Für das jeweilige Fahrtenbuch nutzte der Kläger bzw. beim Passat seine Mitarbeiter Wochenkalenderblätter. In dem einzelnen Wochenkalenderblatt wurden tageweise die jeweilige Abfahrtzeit, der Kilometerstand bei Abfahrt, der Abfahrts- und Ankunftsort sowie die Ankunftszeit und der Kilometerstand bei Ankunft handschriftlich eingetragen. Als Reisezweck wurde stets „Geschäftsberatung” angegeben. Die in den Wochenkalendern eingetragenen Daten wurde in einer Exceltabelle zusammengeführt.
Zu dem Unternehmen des Klägers gehörten verschiedene Immobilienbüros in D, dem Münsterland und dem Ruhrgebiet. Die dort tätigen Personen waren selbständig tätig und erhielten Provisionen.
Zum Haushalt des Klägers gehörte in den Streitjahren auch die Tochter O, geb. …, die in diesem Zeitraum im Rahmen ihrer Ausbildung zur Tierärztin in I, E und C studierte. Auf die Tochter war nur ein Roller zugelassen.
Für die Streitjahre wurde eine Betriebsprüfung durchgeführt. Während dieser Prüfung legte der Kläger die angeforderten Fahrtenbücher für den Porsche nicht vor.
Der Betriebsprüfer sah ausweislich seines Prüfungsberichts vom 7.5.2001 die Kosten für den Passat Variant nicht als Betriebsausgaben an. Er ging davon aus, dass der Pkw nicht betrieblich genutzt wurde und verwies diesbezüglich auf die Zugehörigkeit der Tochter zum Haushalt sowie darauf, dass freie Mitarbeiter mit ihren eigenen Fahrzeugen gefahren seien. Hinsichtlich der privaten Nutzung des Porsche wandte der Prüfer die sog. 1%-Regelung an, da ein Fahrtenbuch nicht vorgelegt worden war.
Der Beklagte erließ am 1.6.2001 entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide 1996-1998 sowie Einkommensteuerverlustfeststellungsbescheide auf den 31.12.1996 bis 31.12.1998. Am 13.6.2001 erließ der Beklagte einen entsprechend geänderte Gewerbesteuermessbescheid 1996 nebst Gewerbesteuerverlustfeststellungsbescheid auf den 31.12.1996, am 18.6.2001 einen entsprechend geänderten Gewerbesteuermessbescheid 1997 nebst Gewerbesteuerverlustfeststellungsbescheid auf den 31.12.1997 und am 20.6.2001 einen entsprechend geänderten Gewerbesteuermessbescheid 1998 nebst Gewerbesteuerverlustfeststellungsbescheid auf den 31.12.1998. Gegen diese Bescheide legte der Kläger am 29.6.2001 Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren reichte er nach Rückgabe von Kostenbelegen zu den Fahrzeugen Fahrtenbücher für den Passat Variant und den Porsche ein. Dabei handelte es sich sowohl um die losen Wochenkalenderblätter wie auch einen Ausdruck aus der Exceltabelle.
Der Beklagte berücksichtige daraufhin den Passat Variant als Betriebsvermögen und ermittelte diesbezüglich den Privatanteil nach der 1%-Regelung, für Zwecke der Umsatzbesteuerung auf 30%. Letzteres erfolgte auch für den Porsche. Für Zwecke der Einkommensteuer beließ es der Beklagte beim Porsche bei der 1%-Regelung. Ansonsten wies er den Einspruch hinsichtlich der Änderungen zu den Fahrtkosten mit Einspruchsentscheidungen vom 17.4.2003 hinsichtlich der Umsatzsteuer und vom 22.4.2003 hinsichtlich der Gewerbesteuermessbeträge nebst Gewerbesteuerverlustfeststellungen sowie der Einkommens...