Entscheidungsstichwort (Thema)
Abziehbarkeit von Steuerberatungskosten nach Einleitung eines Strafverfahrens
Leitsatz (redaktionell)
Nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens anfallende Steuerberatungskosten sind auch dann in vollem Umfang als Betriebsausgaben bzw. Sonderausgaben abziehbar, wenn die geltend gemachten Aufwendungen nachweislich die Steuerberatung betreffen und nicht die Strafverteidigung.
Normenkette
EStG §§ 10, 12 Nr. 4, § 4 Abs. 4
Tatbestand
Streitig ist, ob Rechts- und Beratungskosten die während eines laufenden Steuerstrafverfahrens angefallen sind als Betriebsausgaben bzw. Sonderausgaben abzugsfähig sind.
Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist u. a. als selbständiger Steuerberater tätig. Er ermittelt seinen Gewinn aus dieser freiberuflichen Tätigkeit nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG).
Am 08.10.2002 leitete das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung N. (STRAFAFA) u. a. wegen Abgabe unrichtiger Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1996 bis 2001 ein Steuerstrafverfahren gegen den Kläger ein. Dem Kläger wurde vorgeworfen, neben seiner Steuerberatertätigkeit auch die Vermittlung von Schiffsbeteiligungen und anderen Abschreibungsmodellen an seine Mandanten getätigt zu haben. Die vorgenommenen Vorermittlungen hätten belegt, dass der Kläger auch weitere Vermittlungsleistungen ausgeführt habe. Die Entgelte für die vorgenannten Leistungen habe der Kläger in seinen Steuererklärungen nicht angegeben. Die Einnahmen aus diesen Tätigkeiten seien vielmehr über Angehörige (Eltern, Kinder) abgerechnet worden. Ferner habe der Verdacht bestanden, dass Lohnaufwendungen der Steuerberaterpraxis fingiert worden seien. Das Steuerbüro habe Zahlungen an Angehörige als Betriebsausgaben abgesetzt, obwohl die Zahlungsempfänger aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse nicht oder nur zu einem geringen Umfang für die Steuerberaterpraxis tätig gewesen seien.
Aufgrund des vorgenannten Strafverfahrens beauftragte der Kläger den Rechtsanwalt Dr. B. aus E. mit der Wahrnehmung seiner Interessen sowohl im Besteuerungs- als auch im Strafverfahren. Am 02.01.2007 reichten die Kläger ihre Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2005 beim beklagten Finanzamt ein. In der Gewinnermittlung für seine freiberufliche Tätigkeit machte der Kläger Rechts- und Beratungskosten i. H. v. insgesamt 26.018,05 EUR als Betriebsausgaben steuermindernd geltend. In diesem Betrag ist eine Zahlung i. H. v. 9.148,97 EUR einschließlich Umsatzsteuer enthalten, die an das Anwaltsbüro Dr. B in E geleistet wurde.
In der Einkommensteuererklärung 2005 machten die Kläger außerdem Steuerberatungskosten i. H. v. 44.750,95 EUR als Sonderausgaben steuermindernd geltend.
Die geltend gemachten Betriebsausgaben und Sonderausgaben resultieren aus zwei Rechnungen des Rechtsanwaltes B.:
I. Rechnung vom 19.12.2005 des Rechtsanwaltsbüro B.
Zwischenrechnung 11.12.02 bis 15.12.2005
Rechnungsempfänger: (Kläger)
Kläger ./. FA |
Einkommensteuer 1991-2001 |
Honorar |
33.330,00 |
Fotokopien Nr. 7000 Nr. 1 VV-RVG (825 Seiten) |
141,25 |
Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder |
1.640,75 |
Zwischensumme |
35.112,00 |
Umsatzsteuer (MWSt), Nr. 7008 VV-RVG (16 %) |
5.617,92 |
Endsumme |
40.729,92 |
Abzüglich Zahlungseingänge |
10.030,00 |
Zu zahlender Betrag |
30.699,92 |
II. Rechnung vom 27.12.2005 des Rechtsanwaltsbüro B
Rechnungsempfänger: (Kläger) |
|
(Kläger ./. FA |
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Honorar |
20.000,00 |
Umsatzsteuer (MWSt), Nr. 7008 VV (16 %) |
3.200,00 |
Endsumme |
23.200,00 |
Den Gesamtbetrag beider Rechnungen teilte der Kläger im Verhältnis 30: 70 als Betriebsausgaben bzw. Sonderausgaben auf. Die so aufgeteilten Beträge machte er wie folgt steuerlich geltend:
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Betriebsausgaben § 18 EStG netto |
Vorsteuern |
Sonderausgaben |
Gesamtsumme pro Jahr |
Jahr 2002 |
646,55 |
103,45 |
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750,00 |
Jahr 2003 |
4.000,00 |
640,00 |
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4.640,00 |
Jahr 2004 |
4.000,00 |
640,00 |
|
4.640,00 |
Jahr 2005 |
7.887,05 |
1.261,93 |
44.750,94 |
53.899,92 |
SUMME |
16.533,60 |
2.645,38 |
44.750,94 |
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Das beklagte Finanzamt erkannte die geltend gemachten Beträge im Steuerbescheid vom 06.06.2008 weder als Sonderausgaben noch als Betriebsausgaben bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Tätigkeit an. Es vertrat insoweit die Auffassung, bei den Rechtsanwaltskosten des Herrn Dr. B handele es sich um Strafverteidigungskosten, die steuerlich nicht abzugsfähig seien. Zur Begründung bezog das beklagte Finanzamt sich dabei auf den Erlass des Finanzministeriums vom 28.09.2001 (S2221-402-V B 3; EStG-Kartei NW § 10 EStG Fach 5 Nr. 3). Danach könnten Steuerberatungskosten, die nach der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens entstanden seien, nicht bei den Sonderausgaben als abzugsfähige Steuerberatungskosten berücksichtigt werden, selbst wenn die Aufwendungen zugleich auch der Ermittlung des objektiven Steuerstraftatbestandes gedient hätten.
Gegen den Steuerbescheid vom 06.06.2008 erhoben die Kläger am 18.06.2008 beim Finanzgericht Münster Sprungklage. Der Beklagte stimmte der Erhebung der Sprungklage nicht zu.
Im Einspruchsverfahren trugen die Kläger sinngemäß vor, bei den A...