Entscheidungsstichwort (Thema)

Aktive Einkünfte aus der Vermietung von Grundstücken in der Schweiz i.S. des § 8 AStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Im Falle einer Veräußerung zu entrichtende Grundstücksgewinnsteuern sind in die Ertragsbelastung von Vermietungseinkünften in der Schweiz i.S. des § 8 Abs. 3 AStG nicht einzubeziehen.

2) Übt eine ausländische Gesellschaft mehrere Tätigkeiten aus, sind die Tätigkeiten einheitlich unter die Aktivitätstatbestände des § 8 Abs. 1 AStG zu subsumieren (sog. funktionale Betrachtungsweise). Dabei ist die Tätigkeit maßgebend, auf der nach allgemeiner Verkehrsauffassung das wirtschaftliche Schwergewicht liegt.

3) Für die Abgrenzung einer unternehmerischen Tätigkeit von der privaten Vermögensverwaltung kann auf die zu § 15 EStG entwickelten Kriterien zum gewerblichen Grundstückshandel zurückgegriffen werden.

4) §§ 7 ff. AStG in der in den Streitjahren 2005 bis 2007 geltenden Fassung stimmen im Wesentlichen mit den §§ 7 ff. AStG in der am 31.12.1993 geltenden Fassung überein, so dass für sie die Fortbestandsgarantie des EuGH gilt; ungeachtet dessen wäre ein Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit gerechtfertigt.

 

Normenkette

AStG § 18; EStG § 15; AEUV Art. 63-64; AStG § 8

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 30.09.2020; Aktenzeichen I R 12/19 (I R 78/14))

BFH (Beschluss vom 30.09.2020; Aktenzeichen I R 12/19)

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit von Bescheiden über die gesonderte Feststellung nach § 18 des Außensteuergesetzes (AStG) für die Feststellungsjahre 2005 bis 2007 (Wirtschaftsjahre 2004 bis 2006).

Der Kläger war in den Streitjahren Alleingesellschafter der am 07.02.2003 gegründeten K GmbH mit Sitz in F, Schweiz (im Folgenden: K). Er war zudem Alleingesellschafter und Geschäftsführer der T GmbH mit Sitz in I, Deutschland. Darüber hinaus war er für die K und die T AG, eine Tochtergesellschaft der T GmbH mit Sitz in F, nichtselbständig tätig.

Der Kläger unterhielt in den Streitjahren durchgängig einen Wohnsitz in I, Deutschland und einen Wohnsitz in F, Schweiz. Die Ehefrau und die Kinder des Klägers lebten zunächst überwiegend in F. Im September 2005 verlegten der Kläger und seine Familie ihren Lebensmittelpunkt nach I. Der Kläger hielt sich aufgrund seiner Verpflichtungen als Gesellschafter und Geschäftsführer der T GmbH auch vor der Verlegung des Familienwohnsitzes nach Deutschland regelmäßig an seinem Wohnsitz in I auf. In der Einkommensteuererklärung für 2002 gab er an, die dortige Wohnung an durchschnittlich zwei Tagen in der Woche zu nutzen. Der Kläger und seine Ehefrau wurden in den Streitjahren vom Finanzamt X als unbeschränkt Steuerpflichtige zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Die K und die T AG waren in den Streitjahren Eigentümerinnen nebeneinander liegender Grundstücke in F mit einer Gesamtfläche von 24.342 Quadratmetern. Diese Grundstücke befinden sich in einer Gewerbe- und Industriezone. 2008 stellten die K und die T AG gemeinsam den Antrag, das Areal in eine Wohn- und Gewerbezone umzuwandeln. Über dieses sog. Umzonungsgesuch wird voraussichtlich am 30.11.2014 durch Volksabstimmung entschieden. Die K ordnete die Grundstücke in ihren Bilanzen jeweils dem Anlagevermögen zu.

In den Wirtschaftsjahren 2004 bis 2006 erzielte die K durch die Vermietung der Grundstücke Einnahmen, die sie in der Schweiz versteuerte. Die Gesamtbelastung der durch die Vermietung erzielten Einkünfte mit schweizer Ertragsteuern (Ertragsteuerbelastung) lag in den Streitjahren unstreitig unter 25 %.

Der Kläger gab für die Feststellungsjahre 2005 bis 2007 – anders als für das Vorjahr – keine Erklärung zur gesonderten Feststellung von Hinzurechnungsbeträgen der K nach § 18 AStG ab, da er der Auffassung war, dass die Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung europarechtswidrig seien. Der Beklagte, der im … für Feststellungen nach § 18 AStG zentral zuständig ist, teilte diese Ansicht nicht und erließ – auf der Grundlage von Unterlagen, die der Kläger trotz Nichtabgabe (formaler) Steuererklärungen zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen vorgelegt hatte – für die Streitjahre am 19.03.2007 (Feststellungsjahr 2005), am 04.04.2008 (Feststellungsjahr 2006) und am 22.12.2007 (Feststellungsjahr 2007) Bescheide über die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG, in denen er dem Kläger aufgrund seiner Beteiligung an der K Hinzurechnungsbeträge in Höhe von 11.825 € (2005), 13.380 € (2006) und 8.441 € (2007) zurechnete. Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere zur Ermittlung der Hinzurechnungsbeträge, über deren Höhe kein Streit besteht, wird auf die genannten Bescheide Bezug genommen.

Der Kläger legte gegen die Feststellungsbescheide für die Jahre 2005 bis 2007 jeweils Einspruch ein. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, die K habe in den Streitjahren keine Einkünfte aus passiver Vermietungstätigkeit i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. b AStG erzielt, sondern einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben. Die K und die T AG hätten sich 2004/2005 entschlossen, auf eine bauplanungsrechtliche Änderung (sog. Umz...

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