Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung von Aussetzungszinsen
Leitsatz (redaktionell)
Zur Berechnung von Aussetzungszinsen bei Ergehen eines Änderungsbescheides und Aussetzung sowohl des ursprünglichen Bescheides als auch der Differenz des Änderungsbescheides zum ursprünglichen Bescheid.
Normenkette
AO § 237 Abs. 1, § 239 Abs. 1, 1 S. 2 Nr. 5
Nachgehend
Tatbestand
Mit Bescheid vom 29.06.2005 setzte der Beklagte Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1980 i.H.v. 1.611.653 € fest. Die Zinsberechnung bezog sich auf die AdV – Verfügungen vom 23.01.1989 bezüglich 1. 602.597,40 € und vom 05.09.1990 bezüglich 1.622.023,90 €.
Das Finanzamt hatte mit Bescheid vom 09.09.1988 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 08.08.1990 die Einkommensteuer 1980 auf 7.440.379 DM festgesetzt. Hiergegen hatten die Kläger am 04.10.1988 Einspruch und am 16.08.1990 Klage erhoben (V 155/90).
Mit einem Änderungsbescheid nach § 174 Abs. 4 AO vom 10.09.1992 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 1980 auf 8.261.294 DM fest. Gegen die Einspruchsentscheidung vom 14.08.1998 haben die Kläger am 10.09.1998 Klage erhoben (V 317/98). Der Beklagte setzte die weitergehende Einkommensteuer von 820.915 DM mit Bescheid vom 29.09.1992 und 19.10.1998 von der Vollziehung aus.
Das Klageverfahren V 155/90 wurde mit Beschluss des Finanzgerichts Nürnberg vom 14.06.1993 nach § 74 FGO ausgesetzt.
Mit Urteil vom 26.06.2001 im Verfahren V 317/98 wurde die Klage abgewiesen. Die von den Klägern erhobene Nichtzulassungsbeschwerde hat der BFH mit Beschluss vom 18.03.2002 (Az.: I B 89/01) als unbegründet zurückgewiesen. Mit Verfügung vom 24.07.2001 beendete das Finanzamt die Aussetzung der Vollziehung über 820.915 DM.
Die Verfassungsbeschwerde der Kläger vom 10.07.2002 gegen den Beschluss des BFH vom 18.03.2002 nahm das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 14.02.2005 nicht zur Entscheidung an.
Die Kläger nahmen mit Schriftsatz vom 09.05.2005 die unter Aktenzeichen V 155/90 anhängige Klage zurück.
Am 27.05.2005 beendete das Finanzamt die Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuer 1980 i.H.v. 1.622.023,90 € (AdV vom 05.09.1990 i.H.v. 3.172.403 DM) und setzte am 29.06.2005 entsprechende Aussetzungszinsen fest. Der Einspruch der Kläger vom 04.07.2005 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 29.05.2006 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit ihrer Klage vom 01.06.2006 machen die Kläger geltend:Für die Festsetzung von Aussetzungszinsen sei seit Ende 2003 die Festsetzungsfrist nach § 239 Abs. 1 S. 1 AO abgelaufen. Eine durch einen Steuerbescheid festgesetzte Steuer sei so lange für die Bestimmung der Zinsen maßgebend, wie der Steuerbetrag nicht geändert wird. Im vorliegenden Fall sei die Zinsberechnung auf der Grundlage des Klageverfahrens V 155/90 falsch, weil Aussetzungszinsen allein nach dem Änderungsbescheid festgesetzt werden müssten. Alleinige Rechtsgrundlage für die Einkommensteuerfestsetzung 1980 sei der Einkommensteueränderungsbescheid vom 10.09.1992 (V 317/98). Der ursprüngliche Bescheid vom 09.09.1988 habe keine Rechtswirkung mehr, da der Änderungsbescheid die Wirkung des Erstbescheids mit vollem Inhalt in sich aufgenommen habe. Solange ein Änderungsbescheid Bestand habe, entfalte der ursprüngliche Bescheid keine Wirkung. Da ein suspendierter Verwaltungsakt nicht Gegenstand einer Aussetzung sein könne, könnten daraus auch keine AdV-Zinsen entstehen. Das Rechtsbehelfsverfahren gegen den Einkommen-Steuerbescheid 1980 hätte endgültig keinen Erfolg gehabt mit Rechtskraft des Urteils im Verfahren V 317/98 am 26.06.2001 i.H.v. 3.993.318 DM.
Die Kläger beantragen, den Bescheid vom 29.06.2005 über Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1980 über 1.611.653 € sowie die Einspruchsentscheidung vom 29.05.2006 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.
Beide Beteiligte beantragen für den Fall des Unterliegens die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Das Finanzamt geht davon aus, dass das Rechtsbehelfsverfahren wegen Einkommensteuer 1980 erst im Mai 2005 durch Wiederaufnahme des Verfahrens V 155/90 und Rücknahme der Klage endgültig erledigt gewesen sei. Das Verfahren V 155/90 müsse unabhängig vom zweiten Finanzgerichtsverfahren V 317/98 gesehen werden. Durch Erledigung des zweiten Verfahrens komme es nicht automatisch zu einer Erledigung auch des ersten Verfahrens, da der Änderungsbescheid durch den Kläger nach damaliger Rechtslage eben nicht gemäß § 68 FGO in der damals gültigen Fassung zum Gegenstand des Rechtsbehelfsverfahrens geworden sei. Wenn eine Einbeziehung nach § 68 FGO nicht beantragt werde, bleibe es bei zwei bestehenden und zu entscheidenden Klageverfahren. Die Aussetzung nach § 74 FGO bewirke nur einen vorübergehenden Stillstand des Verfahrens, nicht aber dessen endgültige Erfolglosigkeit. Die Festsetzung der AdV-Zinsen am 29.06.2005 sei unmittelbar nach Beendigung der AdV und innerhalb der einjährigen Festsetzungsfrist erfolgt.
Die Ve...