Zusammenfassung
Aufgrund moralischer und wirtschaftlicher Überlegungen, teilweise auch aufgrund politischer Sanktionen, ist die Aufgabe von Beteiligungen an russischen (Tochter-)Unternehmen häufig alternativlos. Es stellt sich jedoch die Frage, wie dies in der Buchhaltung und beim Abschluss zu erfassen ist.
1 Einleitung
International agierende Unternehmen geraten durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine in ein enormes moralisches Dilemma – einerseits wird die Forderung nach einem möglichst sofortigen Rückzug aller Aktivitäten aus Russland gefordert, andererseits müssen die daraus resultierenden Folgen für die dortigen Mitarbeiter und Kunden bedacht werden.
2 Aufgrund von Sanktionen besteht für Unternehmen eine Handlungsnotwendigkeit
In dieser hochproblematischen Gemengelage schafft die staatliche Regulierung in Form von Sanktionen jedoch zunehmend Fakten, an denen die betroffenen Unternehmen nicht mehr vorbeikommen. Dies führt ggf. dazu, dass die Verbindung zu dem russischen Tochterunternehmen bzw. einer russischen Beteiligung gekappt werden muss – notfalls indem die Anteile verschenkt werden müssen.
Für die Rechnungslegung ist zu unterscheiden, ob die Beteiligung bereits formal abgegeben wurde oder ob die Anteile ggf. aufgrund der ausstehenden formalen Umsetzung der Übertragung noch gehalten werden.
3 So wird die Ausbuchung von Anteilen gebucht
Ist die Übertragung der Anteile auf andere Eigentümer, ggf. das bisherige Management, erfolgt, so ist eine Ausbuchung analog zu anderen Abgängen mit dem vereinbarten Verkaufspreis sowie einem erfolgswirksamen Ausgleich der Differenz von Buchwert und Veräußerungswert in der GuV vorzunehmen. Sollte der Verkaufspreis aus der Not heraus tatsächlich Null sein, da die Anteile verschenkt werden mussten, dann wäre der gesamte Betrag erfolgswirksam zu erfassen.
Strittig ist, wo ein derartiger Abgangsverlust erfasst werden muss. Die herrschende Meinung fordert einen Ausweis unter den sonstigen betrieblichen Aufwendungen (z. B. Wobbe in Haufe HGB Bilanzkommentar, 12. Aufl., § 275 HGB, Rz. 173). Eine Mindermeinung hält aber durch den stärkeren Bezug zu dem Finanzergebnis auch eine Erfassung in diesem Bereich der GuV für sinnvoll (z. B. Kirsch/Ewelt-Knauer in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrechtkommentar, § 275 HGB, Rz. 225 Stand 12/2015), wobei die vorgegebenen Positionen eigentlich keinen Raum dafür lassen. Die Erträge aus Beteiligungen von verbundenen Unternehmen sind aufgrund des Saldierungsverbots stets als Bruttowerte darzustellen, weshalb dort keine Aufwendungen verrechnet werden dürfen. Um Zinsen und ähnliche Aufwendungen handelt es sich auch nicht, ebenso wenig um Abschreibungen aus Finanzanlagen, weshalb dann schon eine gesonderte Position dafür in die GuV aufgenommen werden müsste. Somit ergibt sich bei einem angenommenen Restbuchwert von 100.000 EUR für die Anteile folgender Buchungssatz, wenn die Anteile tatsächlich verschenkt werden mussten:
Konto SKR 03/04 Soll |
Kontenbezeichnung |
Betrag |
Konto SKR 03/04 Haben |
Kontenbezeichnung |
Betrag |
2312/6897 |
Sonstiger betrieblicher Aufwand, Anlagenabgänge Finanzanlagen (Restbuchwert bei Buchverlust) |
100.000 |
0500/0800 |
Anteile an verbundenen Unternehmen |
100.000 |
Bezüglich des Zeitpunkts, zu dem die Buchung vorgenommen werden muss, ist auf den Übergang des Eigentums der Anteile aus dem Vertrag abzustellen.
Sollte ein Verkaufspreis, z. B. 20.000 EUR, vereinbart worden sein, so würde der Buchungssatz wie folgt aussehen:
Konto SKR 03/04 Soll |
Kontenbezeichnung |
Betrag |
Konto SKR 03/04 Haben |
Kontenbezeichnung |
Betrag |
2312/6897 |
Sonstiger betrieblicher Aufwand, Anlagenabgänge Finanzanlagen (Restbuchwert bei Buchverlust) |
80.000 |
0500/0800 |
Anteile an verbundenen Unternehmen |
100.000 |
1200/1800 |
Bank |
20.000 |
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4 So werden noch gehaltene Anteile als Wertpapiere bewertet und ausgewiesen
Liegt zum Stichtag der Bilanz noch keine Übertragung der Anteile vor, so besteht nach dem HGB keine Möglichkeit, auf den Ausweis Einfluss zu nehmen. Auch bei einem beabsichtigten Verkauf bleibt der Ausweis zwingend im Anlagevermögen. Besteht jedoch keine Beteiligungsabsicht mehr, was in den Fällen eines beabsichtigten Verkaufs stets anzunehmen ist, so hat eine Umbuchung zur Position Wertpapiere des Anlagevermögens zu erfolgen.
Konto SKR 03/04 Soll |
Kontenbezeichnung |
Betrag |
Konto SKR 03/04 Haben |
Kontenbezeichnung |
Betrag |
0525/0900 |
Wertpapiere des Anlagevermögens |
100.000 |
0500/0800 |
Anteile an verbundenen Unternehmen |
100.000 |
In der aktuell bestehenden Konstellation ist jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit eine Abschreibung der Bilanzposition vorzunehmen. Dabei ist nach dem Fachlichen Hinweis des IDW zu den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Rechnungslegung und deren Prüfung (2. Update, April 2022, S. 16) bei der Bewertung der Anteile der objektivierte Unternehmenswert zugrunde zu legen. Falls ein verbindliches Angebot für den Erwerb solcher Unternehmensanteile vorliegt, ist auf dieses anstelle des objektivierten Unternehmenswerts abzustellen (Vgl. IDW RS HFA 10, Tz. 11 ff.). Bei Veräußerungsabsicht dient ein etwaig vorhandener Börsenkurs für die Bewertung solcher Unternehmensanteile somit lediglich der Plausibilisierung. Lediglich wenn solche Unternehmensanteile über die Börse veräußert werde...