Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Leitsatz
Die Übereignung eines Grundstücks zwecks Erfüllung eines Zugewinnausgleichsanspruchs stellt ein entgeltliches Geschäft dar und ist bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen nach dem EigZulG begünstigt.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtige ist Eigentümerin eines Wohnhauses, das ursprünglich ihrem im Januar 1999 verstorbenen Ehemann gehörte. Dieser hatte testamentarisch verfügt, dass seine Mutter seinen gesamten Grundbesitz, der sein wesentliches Vermögen darstellte, erhalten sollte. Diese übertrug als Erbin das streitgegenständliche Grundstück gemeinsam mit anderen Grundstücken auf die Steuerpflichtige als Alleineigentümerin durch notariellen Vertrag vom 9.12.1999. Hierdurch wurden die Pflichtteilsansprüche der Steuerpflichtigen und ihrer vier Kinder sowie Ansprüche der Steuerpflichtigen auf Zugewinnausgleich gegen ihren verstorbenen Ehemann abgegolten. Für das Wohnhaus hatte der verstorbene Ehemann ab 1996 die Eigenheimzulage in Anspruch genommen. Der Pflichtteilsanspruch der Klägerin beläuft sich auf 225.000 DM, der Anspruch auf Zugewinnausgleich auf 790.000 DM. Die Pflichtteilsansprüche ihrer Kinder betragen insgesamt 675.000 DM. Mit dem streitgegenständlichen Grundstück übernahm die Klägerin keinerlei Belastungen. Die von ihr getragenen Nachlassverbindlichkeiten betrugen 25.214,28 DM. Infolge der Grundbesitzübertragung nach dem Tod ihres Ehemannes beantragte die Klägerin für das auf dem Grundstück gelegene Wohnhaus ab 1999 (bis 2006) die Festsetzung der Eigenheimzulage. Das Finanzamt lehnte die Festsetzung der Eigenheimzulage ab, weil das Wohnhaus seiner Auffassung nach unentgeltlich erworben wurde.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG hat die Steuerpflichtige einen Anspruch auf Festsetzung der Eigenheimzulage (§ 1 EigZulG), da die entsprechenden Voraussetzungen, insbesondere die Anschaffung eines Hauses in Form eines entgeltlichen Erwerbs, erfüllt sind. Die Eigenheimzulage ist zu gewähren, wenn ein unbeschränkt Steuerpflichtiger eine Wohnung in einem im Inland belegenen eigenen Haus oder eine im Inland belegene eigene Eigentumswohnung herstellt oder anschafft (§ 1 EigZulG und § 2 Abs. 1 S. 1 EigZulG). Die Übertragung des Grundstücks auf die Steuerpflichtige durch die Erbin stellt eine "Anschaffung" dar (§ 2 Abs. 1 S. 1 EigZulG). Unter "Anschaffung" ist danach der auch im Rahmen des EigZulG maßgeblichen Rechtsprechung des BFH zu § 10e EStG nur der entgeltliche Erwerb zu verstehen. Die Übereignung des Grundstücks zwecks Erfüllung des Zugewinnausgleichsanspruchs der Steuerpflichtigen stellt ein solches entgeltliches Geschäft dar. Nach der BFH-Rechtsprechung stellt die Übereignung eines Wirtschaftsgutes oder eines Vermögenswertes an einen Ehegatten, dem infolge der scheidungsbedingten Auflösung der Zugewinngemeinschaft ein Ausgleichsanspruch zusteht, einen entgeltlichen Vorgang dar (BFH, Urteil v. 31.07.2002, X R 48/99, BStBl 2003 II S. 282 und vom 15.02.1977, VIII R 175/74, BStBl 1977 II S. 389). Im Rahmen der Zugewinngemeinschaft wird das Vermögen der beiden Ehegatten nicht gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten (§ 1363 Abs. 2 BGB). Ihnen steht bei Auflösung des Güterstandes eine Ausgleichsforderung zu (§ 1378 BGB). Diese Ausgleichsforderung ist nach einhelliger Rechtsansicht eine Geldforderung, und zwar eine Geldsummenforderung und keine Geldwertforderung. Die Vermögensübertragung innerhalb eines Zugewinnausgleichs dient damit der Erfüllung des entsprechenden Ausgleichsanspruchs und hat Entgeltcharakter (BFH, Urt. v. 31.07.2002, X R 48/99, BStBl 2003 II S. 282). Diese Rechtsgrundsätze gelten nach Auffassung des FG nicht nur für den Fall der Ehescheidung, sondern auch für den Fall, dass die Ehe - wie im Urteilsfall - durch den Tod eines Ehegatten beendet wurde und der überlebende Ehegatte seinen Anspruch auf Zugewinnausgleich gegen den Erben geltend macht. Das FG Köln hat die Revision zugelassen
Hinweis
Die Abgeltung eines Pflichtteilsanspruchs durch Übertragung eines Nachlassgrundstücks dagegen wurde in einer früheren Entscheidung des FG Köln als unentgeltlicher Anschaffungsvorgang angesehen (FG Köln, Urteil v. 27.5.1993, 10 K 4218/87, EFG 1004, S. 94).
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 30.04.2003, 7 K 6553/01