Leitsatz

1. Überlassen in Gütergemeinschaft lebende Ehegatten zum Gesamtgut gehörende wesentliche Betriebsgrundlagen an eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter einer der Ehegatten ist, liegen die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung vor, wenn die Gesellschaftsbeteiligung ebenfalls zum Gesamtgut gehört.

2. Die Beteiligung an einer GmbH ist nicht dem Sondergut zuzurechnen, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag eine Übertragung von Gesellschaftsanteilen zwar nur mit Genehmigung aller Gesellschafter möglich ist, die Übertragung an einen Ehegatten aber keiner Beschränkung unterliegt.

3. Die GewSt-Befreiung der Betriebskapitalgesellschaft nach § 3 Nr. 6 GewStG erstreckt sich auch auf das Besitzunternehmen (Anschluss an BFH-Urteil vom 29.3.2006, X R 59/00, BStBl II 2006, 661, BFH-PR 2006, 304).

 

Normenkette

§ 15 Abs. 2 EStG, § 2 Abs. 1, § 3 Nr. 6 GewStG, § 1416, § 1417 BGB

 

Sachverhalt

In Gütergemeinschaft lebende Ehegatten hatten auf einem eigenen Grundstück ein Altenheim errichtet. Das Altenheim wurde an eine gemeinnützige GmbH verpachtet, deren alleiniger Gesellschafter bei Aufnahme des Betriebs im Jahr 1986 der Ehemann war. Im Jahr 1988 verkaufte der Ehemann seine GmbH-Anteile. Mit einem weiteren Vertrag vom selben Tag verkauften die Ehegatten das mit dem Altenheim bebaute Grundstück.

Das FA war der Meinung, es liege eine Betriebsaufspaltung zwischen der Gütergemeinschaft und der GmbH vor; die von der Gütergemeinschaft bezogenen Einkünfte unterlägen der GewSt. Die Veräußerung der GmbH-Anteile sah das FA als Betriebsveräußerung an, die Veräußerung des Grundstücks als Betriebsaufgabe.

Die gegen die entsprechend ergangenen Gewinnfeststellungsbescheide und GewSt-Messbescheide erhobenen Einsprüche und Klagen hatten weitgehend keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH teilte die Auffassung von FA und FG, dass die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erfüllt seien. Die Einkünfte der Gütergemeinschaft unterlägen jedoch nicht der GewSt.

 

Hinweis

1. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten und leider bis heute nicht vom Gesetzgeber bestätigten Grundsätzen der Betriebsaufspaltung kann Träger des Besitzunternehmens eine Einzelperson, eine Personengesellschaft, aber auch eine sonstige Personengemeinschaft sein, wie etwa die Gütergemeinschaft zwischen Ehegatten. Voraussetzung dafür ist – wie immer – eine sachliche und personelle Verflechtung.

Für die Beurteilung der personellen Verflechtung ist bei einer Gütergemeinschaft zu beachten, dass Wirtschaftsgüter, die zum Gesamtgut gehören, den Ehegatten je zur Hälfte zuzurechnen sind. Sind also das überlassene Wirtschaftsgut und eine 100%ige Beteiligung an der Betriebsgesellschaft Bestandteil des Gesamtguts, liegt eine personelle Verflechtung unabhängig davon vor, wer von den Ehegatten nach außen als Eigentümer in Erscheinung tritt. Zum Gesamtgut gehören nämlich grundsätzlich alle Wirtschaftsgüter, die einer der Ehegatten während des Bestehens der Gütergemeinschaft erwirbt.

So hatte im Besprechungsfall der Ehemann während des Bestehens der Gütergemeinschaft die GmbH-Anteile erworben. Es stellte sich allerdings hier die Frage, ob die Beteiligung an der Betriebs-GmbH nicht deshalb allein dem Ehemann zuzurechnen war, weil sie zu seinem Sondergut gehörte. Sondergut sind nach § 1417 Abs. 2 BGB die Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können. Damit sind jedenfalls alle gesetzlichen Übertragungsverbote gemeint. Streitig ist bislang, ob auch rechtsgeschäftliche Übertragungsverbote ausreichen. Dann wäre es leicht möglich, eine Beteiligung dem Gesamtgut zu entziehen, wenn nämlich im Gesellschaftsvertrag die Übertragbarkeit der Beteiligung ausgeschlossen wird.

Der BFH musste diese zivilrechtliche Streitfrage hier nicht entscheiden. Denn es war zwar gesellschaftsvertraglich ein Übertragungsverbot vereinbart worden. Dieses betraf aber ausdrücklich nicht den Ehegatten. Wenn der Gesellschafter an den Ehegatten übertragen kann, gibt es keinen Grund, die Beteiligung nicht dem Gesamtgut zuzuordnen. Denn die übrigen Gesellschafter haben sich damit einverstanden erklärt, dass der Ehegatte Mitgesellschafter werden kann.

2. Mit Urteil vom 29.3.2006, X R 59/00, BFH-PR 2006, 304 hat der BFH seine langjährige Rechtsprechung zur sogenannten Merkmalsübertragung geändert. Danach gilt jetzt eine Steuerbefreiung der Betriebsgesellschaft auch zugunsten des Besitzunternehmens. In dem damals entschiedenen Fall war es um die Steuerbefreiung für nicht gemeinnützige Alten- und Pflegeheime nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG gegangen. Im hiesigen Fall war das Betriebsunternehmen ein nach § 3 Nr. 6 GewStG gemeinnütziges und deshalb gewerbesteuerbefreites Altenheim, für das nicht anders entschieden werden konnte. Der Grundsatz, dass die GewSt-Befreiung auch auf das Besitzunternehmen durchschlägt, gilt aber auch für alle anderen Befreiungstatbestände des § 3 GewStG.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.10.2006, IV R 22/02

Dieser Inhalt ist unter anderem im Finance Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge