Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Das Finanzgericht Hamburg hat entschieden, dass Arbeiter des Gesamthafenbetriebs Hamburg mit ihren Einsätzen auf dem Hafengelände in einem "weiträumigen Tätigkeitsgebiet" tätig sind, sodass sie ihre Pendelfahrten zwischen Wohnung und dem nächstgelegenen Hafenzugang nur mit der Entfernungspauschale abziehen können (statt Reisekostenabzug).
Sachverhalt
Der klagende Arbeitnehmer war seit 2010 für den Gesamthafenbetrieb Hamburg als sogenannter Gesamthafenarbeiter im Bereich der Logistik tätig. Sein Lohn wurde ihm von der Gesamthafenbetriebs-Gesellschaft (GHBG) ausgezahlt, die auch bestimmte, an welchen Tagen sich der Arbeitnehmer bei welchem Hafeneinzelbetrieb einzufinden hatte. Aufgrund dieser arbeitstäglichen Zuordnung war der Arbeitnehmer im Jahr 2014 bei fünf verschiedenen Hafeneinzelbetrieben tätig, die allesamt im Gebiet des Hamburger Hafens ansässig waren. Die arbeitstäglichen Pendelfahrten zwischen Wohnung und dem jeweiligen Einzelbetrieb rechnete der Arbeitnehmer in seiner Einkommensteuererklärung 2014 nach Reisekostengrundsätzen ab (mit den tatsächlichen Fahrtkosten), da er davon ausging, dass die aufgesuchten Einzelbetriebe stätig wechselnde auswärtige Tätigkeitsstätten waren. Das Finanzamt hingegen stufte den Hamburger Hafen als "weiträumiges Tätigkeitsgebiet" im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4aS. 3 EStG ein - mit der Folge, dass es die Pendelfahrten zum Hafengebiet nur mit der ungünstigeren Entfernungspauschale berücksichtigte.
Entscheidung
Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt für die Fahrten zu Recht nur die Entfernungspauschale gewährt hatte. Zwar war der Hamburger Hafen nicht als erste Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 EStG zu werten, weil der Arbeitnehmer dort nicht dauerhaft einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten zugeordnet war. Allerdings war der Hamburger Hafen ein "weiträumiges Tätigkeitsgebiet" im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG, sodass für die arbeitstäglichen Fahrten zum Hafengelände nur die Entfernungspauschale zu gewähren war. Nach Gerichtsmeinung ist das Hafengebiet mit einer Fläche von 74 Quadratkilometern ausreichend groß um als "weiträumiges Arbeitsgebiet" zu gelten. Zugleich ist es nicht zu groß, um als ein solches Gebiet auszuscheiden. Letzteres käme nur in Betracht, wenn der Hafen aufgrund seiner Größe nicht mehr typischerweise arbeitstäglich aufgesucht werden könnte.
Hinweis
Zu beachten ist, dass durch die Einordnung eines Einsatzortes als weiträumiges Tätigkeitsgebiet nur der steuerliche Kostenabzug für die Fahrten zwischen Wohnung und nächstgelegenem Zugang zum Gebiet beschränkt wird. Die Fahrten innerhalb des Tätigkeitsgebiets (z. B. vom Hafenzugang zum Einzelbetrieb) sind hingegen weiterhin nach Reisekostengrundsätzen (mit tatsächlichen Kosten oder 30 Cent pro gefahrenem Kilometer) abziehbar (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 4 EStG). Gleiches gilt für die zusätzlichen Kilometer, die für die Fahrt zu einem weiter entfernt liegenden Zugang anfallen.
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, sodass das letzte Wort nun beim Bundesfinanzhof liegt (Az beim BFH VI R 36/16).
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Urteil vom 30.08.2016, 2 K 218/15