Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung des Einbringungsgewinns beim Formwechsel der übernehmenden Gesellschaft nach einem qualifizierten Anteilstausch
Leitsatz (redaktionell)
- Soweit nach § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG im Rahmen einer Sacheinlage (§ 20 Abs. 1) oder eines Anteilstausches (§ 21 Abs. 1) unter dem gemeinen Wert eingebrachte Anteile innerhalb eines Zeitraums von 7 Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt durch die übernehmende Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar veräußert werden und soweit beim Einbringenden der Gewinn aus der Veräußerung dieser Anteile im Einbringungszeitpunkt nicht nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei gewesen wäre, ist der Gewinn aus der Einbringung im Wirtschaftsjahr der Einbringung rückwirkend als Gewinn des Einbringenden aus der Veräußerung von Anteilen zu versteuern; § 16 Abs. 4 und § 34 EStG sind nicht anzuwenden.
- Der Veräußerungsbegriff im Sinne des § 22 UmwStG umfasst jede Übertragung gegen Entgelt, auch Umwandlungen wie z.B. Verschmelzungen, Auf- oder Abspaltungen, Formwechsel und Einbringungen.
- Verschmelzungen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten stellen tauschähnliche Vorgänge dar, die als rechtsgeschäftliche Veräußerung zu beurteilen sind.
- Auch eine Umwandlung, die steuerlich zum Buchwert abgewickelt wird, erfolgt nicht unentgeltlich, so dass grundsätzlich Umwandlungen zum Buchwert nach § 3 ff. UmwStG zu einem schädlichen Anteilsübergang führen können.
- Hat eine GmbH als übertragender Rechtsträger Vermögen einschließlich sperrfristbehafteter Anteile an einer anderen GmbH auf eine aufnehmende OHG übertragen und dafür Gesellschaftsrechte am aufnehmenden Rechtsträger (OHG) erhalten, liegt ein tauschähnlicher Vorgang vor, bei dem die Mitunternehmeranteile an die Stelle der durch die Einbringung erhaltenen Anteile an der Kapitalgesellschaft treten. Da die Mitunternehmeranteile steuerlich völlig anders zu behandeln sind als die vorherigen sperrfristbehafteten Kapitalgesellschaftsanteile liegt in einem solchen Fall ein Veräußerungsvorgang vor, auch wenn dieser unter bestimmten Voraussetzungen erfolgsneutral zu Buchwerten erfolgen kann.
Normenkette
UmwStG §§ 21, 22 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 S. 1; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Streitjahr(e)
2007
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin, Frau A, war alleinige Gesellschafterin einer deutschen GmbH (B GmbH). Herr C war ursprünglich alleiniger Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft spanischen Rechts (D SLU).
Da die spanische Kapitalgesellschaft Inhaberin diverser Rechte war, die für den Betrieb der deutschen GmbH von Bedeutung sind, erschien es den Gesellschaftern sinnvoll, ihre Beteiligungen in einer gemeinsamen Holdinggesellschaft zusammenzuführen. Hierzu wurden sämtliche Geschäftsanteile an der deutschen GmbH durch die Klägerin und sämtliche Anteile an der spanischen Kapitalgesellschaft durch Herrn C jeweils gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die E GmbH eingebracht. Die Einbringung erfolgte jeweils am xx. September 2007. Steuerlich wurden die Anteile unter dem gemeinen Wert (zu Buchwerten bzw. zu Zwischenwerten) nach § 21 des Umwandlungssteuergesetzes eingebracht (qualifizierter Anteilstausch). Entsprechende Anträge nach § 21 Abs. 1 S. 2 des Umwandlungssteuergesetzes wurden gestellt. Damit wurde – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – eine Sperrfrist nach § 22 Abs. 2 des Umwandlungssteuergesetzes in Gang gesetzt.
Zum xx. August 2008 wurde die E GmbH nach § 190 des Umwandlungsgesetzes in eine (gewerblich im Sinn von § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes tätige) OHG formgewechselt. Die Eintragung des Formwechsels in das Handelsregister erfolgte am xx. September 2008. Steuerlich wurde der Formwechsel gemäß § 9 i. V. m. § 3 ff. des Umwandlungssteuergesetzes zu Buchwerten vollzogen.
Der beurkundende Notar hat dem zuständigen Finanzamt den Formwechsel gemäß § 54 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung angezeigt.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung hat der Prüfer in diesem Formwechsel eine schädliche Veräußerung der Anteile an der B GmbH durch die E GmbH gesehen und daher angenommen, dass ein Einbringungsgewinn II im Sinn von § 22 Abs. 2 des Umwandlungssteuergesetzes durch die Klägerin zu versteuern sei. Der Beklagte hat auf dieser Basis einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2007 unter Berücksichtigung des Einbringungsgewinns II am 18. Juli 2014 ergehen lassen, wobei der vorangegangene Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 16. April 2010 weder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 der Abgabenordnung) stand noch insoweit vorläufig gemäß § 165 der Abgabenordnung war. Verfahrensrechtlich ist der Bescheid vom 18. Juli 2014 auf die Korrekturvorschrift des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung gestützt worden. Hiergegen hat die Klägerin Einspruch eingelegt und zudem in einem weiteren Schriftsatz einen Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung im Einzelfall gestellt. Der Beklagte hat den Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung mit Bescheid vom 23. Februar 2015 abgelehnt, worauf...