Leitsatz
Zahlt ein Arbeitgeber im Zeitpunkt der Entlassung eine Abfindung und in einem späteren Veranlagungszeitraum eine Jubiläumszuwendung, die dieser bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erhalten hätte, kann die Jubiläumszuwendung eine für die Tarifbegünstigung der Hauptentschädigung unschädliche Entschädigungszusatzleistung sein.
Normenkette
§ 24 Nr. 1 Buchst. a , § 34 EStG
Sachverhalt
Der Kläger war seit 1969 bei einer KG angestellt. Auf Veranlassung des Arbeitgebers wurde das Arbeitsverhältnis zum 31.12.1993 beendet. Der vertraglichen Vereinbarung entsprechend erhielt der Kläger noch im Jahr 1993 eine Abfindung in Höhe von 120.000 DM und zum 1.11.1994 die bei 25-jähriger Betriebszugehörigkeit übliche Jubiläumszuwendung in Höhe eines Monatsgehalts. In der Einkommensteuererklärung 1993 gab er an, dass er zum 31.12.1993 ausgeschieden sei und eine Entschädigung erhalten habe. In der Steuererklärung 1994 teilte er mit, dass er arbeitslos gewesen sei, und erklärte das "Jubiläumsgeld" als Arbeitslohn für mehrere Jahre. Beide Steuererklärungen mit den jeweiligen Lohnsteuerbescheinigungen reichte der Kläger gleichzeitig beim FA ein.
Nach einer Lohnsteueraußenprüfung bei der KG änderte das FA die bestandskräftige Veranlagung 1993, in der es die Abfindung tarifbegünstigt besteuert hatte, nach § 173 AO. Es ging davon aus, dass es wegen des 1994 gezahlten Jubiläumsgelds an einem zusammengeballten Zufluss der Entschädigung fehle.
Das FG gab der Klage mit der Begründung statt, dass das FA nach Treu und Glauben gehindert gewesen sei, den Bescheid 1993 zu ändern.
Entscheidung
Der BFH gab dem Kläger aus anderen Gründen Recht.
Die im Streitjahr 1993 gezahlte Abfindung sei trotz der Auszahlung der Jubiläumszuwendung in 1994 tarifbegünstigt, selbst wenn man die Jubiläumszuwendung als Teil der Entschädigungsleistung ansehe. Dieser Teil sei dann als Entschädigungszusatzleistung für die Tarifbegünstigung der Hauptentschädigung unschädlich. Auf das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Änderung nach § 173 AO komme es nicht mehr an.
Hinweis
1. Der BFH hat in nunmehr bereits ständiger Rechtsprechung entschieden, dass sog. Entschädigungszusatzleistungen, die ein Arbeitgeber aus Gründen der sozialen Fürsorge im Zusammenhang mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses gewährt, für die Tarifbegünstigung der Hauptentschädigung auch dann unschädlich sind, wenn sie in einem späteren Veranlagungszeitraum gezahlt werden (vgl. die Grundsatzentscheidung vom 14.8.2001, XI R 22/00, BFH-PR 2002, 121).
Als Entschädigungszusatzleistungen zur Erleichterung des Arbeitsplatz- oder Berufswechsels hat der BFH z.B. die weitere kostenlose Überlassung eines Firmen-Pkws für eine gewisse Übergangszeit anerkannt (vgl. BFH, Urteil vom 3.7.2002, XI R 80/00, BFH-PR 2003, 42).
Monatliche Zuzahlungen zum Arbeitslosengeld sieht der BFH ebenfalls als Entschädigungszusatzleistungen an, weil sie zur Anpassung an eine dauerhafte Berufsaufgabe oder Arbeitslosigkeit gewährt werden (vgl. BFH, Urteil vom 24.1.2002, XI R 43/99, BFH-PR 2002, 214).
2. Im Besprechungsfall legt der BFH dar, dass eine Jubiläumszuwendung, die trotz des zwischenzeitlichen Ausscheidens des Arbeitnehmers wegen erwiesener Betriebstreue gezahlt worden ist, ebenfalls als eine aus sozialer Fürsorge motivierte Entschädigungszusatzleistung des Arbeitgebers angesehen werden kann.
Aus der hier gegebenen besonderen Konstellation wird aber klar, dass diese Art von sozialer Fürsorgeleistung auf ähnliche Ausnahmefälle beschränkt bleiben dürfte. Hier hatte der Arbeitnehmer bereits 24 Dienstjahre hinter sich und hätte – wie alle anderen Arbeitnehmer – nach 25 Dienstjahren die Jubiläumszuwendung bekommen, wenn er nicht kurz vorher entlassen worden wäre.
3. Zu beachten ist, dass in allen Fällen die Entschädigungszusatzleistungen selbst nicht tarifbegünstigt sind (vgl. BFH, Urteil vom 6.3.2002, XI R 16/01, BFH-PR 2002, 442). Hier war das Jahr 1994, in dem das Jubiläumsgeld zugeflossen ist, aber nicht im Streit.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 14.5.2003, XI R 23/02