Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Überträgt ein Erbe als Abfindung für einen bestehenden Pflichtteilsanspruch Betriebsvermögen an den Pflichtteilsberechtigten, unterliegt das übertragene Betriebsvermögen nicht der Begünstigung nach § 13a ErbStG.
Sachverhalt
Die Klägerin erhielt von ihrer Mutter als Abfindung für den Verzicht auf den ihr zustehenden Pflichtteilsanspruch (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG) einen ruhenden Gewerbebetrieb, der dem Grunde nach unter die Begünstigung des § 13a ErbStG (in der 2008 geltenden Fassung) fiel. Da der unstreitige Wert des Betriebsvermögens den Pflichtteilsanspruch überstieg, verpflichtete sich die Tochter gegenüber der Mutter, eine Rente zu zahlen.
Das Finanzamt unterwarf die Zuwendung der Erbschaftsteuer, gewährte aber die Begünstigung nach § 13a ErbStG nicht, da nach Auffassung der Verwaltung die Klägerin das Betriebsvermögen nicht aufgrund einer Zuweisung durch den Erblasser, sondern aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung mit der Erbin erhalten habe. Die Klägerin begehrte die Steuerbegünstigung, da sie die Auffassung vertrat, dass auch für einen Erwerb gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG die Steuerbefreiung gemäß § 13a ErbStG zu gewähren sei, da es sich aufgrund der gesetzlichen Fiktion ebenfalls um einen Erwerb von Todes wegen handele.
Entscheidung
Das Gericht hat die Klage insoweit als unbegründet zurückgewiesen, wie die Begünstigung nach § 13a ErbStG begehrt wurde. Das Gericht sah aber die der Mutter übernommene Verpflichtung zur Zahlung der Rente als eine abzugsfähige Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG an, da sie der Erlangung des Erwerbs dient.
Obwohl in der Kommentierung die Begünstigung des Betriebsvermögens in den Fällen einer Abfindung für einen Pflichtteilsanspruch kontrovers diskutiert wird, sah das Gericht im vorliegenden Fall keine Begünstigung des Betriebsvermögens nach § 13a ErbStG.
Tragender Grund ist für das Gericht, dass § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG für die Abfindung für den Verzicht auf einen Pflichtteilsanspruch nur einen Erwerb von Todes wegen fingiert, tatsächlich es sich zivilrechtlich um ein Geschäft unter Lebenden ohne Einbeziehung des Erblasserwillens handelt. Unter Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers (vgl. auch FG Nürnberg, Urteil v. 7.12.2006, IV 240/2004, DStRE 2007, S. 1029) beruht die Gewährung der Vergünstigung des § 13a ErbStG auf einer Zuweisung des Vermögens durch den Unternehmer an seinen Nachfolger. Da dies im vorliegenden Fall nicht vorliegen würde, kann die Begünstigung nach § 13a ErbStG nicht in Betracht kommen.
Hinweis
Für Erwerbe bis zum 31.12.2008 war nach § 13a Abs. 1 Nr. 2 ErbStG a.F. u.a. die Übertragung eines ganzen Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs, eines Anteils an einer Gesellschaft nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG sowie eines Anteils an einer Gesellschaft nach § 18 Abs. 4 EStG begünstigt. Für ab dem 1.1.2009 ausgeführte Zuwendungen (Schenkungen unter Lebenden und Erwerbe von Todes wegen) gilt nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG für die Begünstigung des Betriebsvermögens dem Grunde nach vergleichbares.
Ob die Regelungen zur Begünstigung des Betriebsvermögens nach den seit 1.1.2009 geltenden Regelungen mit der Verfassung zu vereinbaren sind, ist zweifelhaft. Der BFH hat mit Beschluss v. 27.9.2012 (II R 9/11) dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 19 Abs. 1 i.V.m. § 13a und § 13b ErbStG wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verfassungswidrig ist.
Grundsätzlich sieht das Finanzgericht Münster eine Begünstigung von Betriebsvermögen nur in den Fällen des § 3 Abs. 1 ErbStG, in denen das dem Grunde nach begünstigte Betriebsvermögen von dem Erblasser an den Erwerber übertragen wurde. Da dies in der Kommentierung umstritten ist, hat das Finanzgericht zur Fortbildung des Rechts Revision beim BFH zugelassen.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 21.06.2012, 3 K 2039/10 Erb