Entscheidungsstichwort (Thema)
HV B - unzulässige rechtsmissbräuchliche Klage?
Leitsatz (amtlich)
Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten bzw. die Verfolgung eigensüchtiger Absichten eines Aktionärs ist für jeden Einzelfall festzustellen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 06.08.2009; Aktenzeichen 91 O 116/08) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufungen der Kläger wird das am 6.8.2009 verkündete Urteil des LG Berlin - 91 O 116/08 - abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der Jahresabschluss der Beklagten zum 31.12.1997 nichtig ist.
Der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 27.10.2008 zum TOP 2 "Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns" wird für nichtig erklärt.
Die Beschlussfassungen zu TOP 5.1 bis 5.4 "Beschlussfassung über Änderung der Satzung" der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 27.10.2008 werden für nichtig erklärt.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz zu tragen, jedoch mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Nebenintervenienten, die dieser selbst trägt.
Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz hat der Kläger zu 4) 1/11 der außergerichtlichen Kosten der Beklagten, 1/6 der Gerichtskosten und ½ der eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen. Die übrigen Kosten hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zzgl. 10 % leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger zu 4) ist der Berufung verlustig, soweit er sie zurückgenommen hat.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beschlüssen der Beklagten sowie die Wirksamkeit der Feststellung des Jahresabschlusses der Beklagten zum 31.12.2007. Die Kläger machen zur Begründung ihrer Klagen vor allem geltend, dass es an ordnungsgemäßen Beschlussvorschlägen des Vorstandes, aber auch des am 31.3.2008 nicht ordentlich bestellten Aufsichtsrats fehle. Der Vorstand der Beklagten habe satzungswidrig nicht aus zwei Personen bestanden. Der Jahresabschluss 2007 sei somit bereits deshalb nichtig, weil er durch einen nicht ordnungsgemäß besetzten Vorstand aufgestellt worden sei. Zu den Tagesordnungspunkten (TOP) 2 und 5 habe es keine Beschlussvorschläge des Vorstandes und auch keine des Aufsichtsrates gegeben.
Das LG hat die Klagen jeweils bereits als unzulässig abgewiesen. Den Klägern fehle das Rechtschutzbedürfnis. Die Kläger seien wirtschaftlich verflochten (die Kläger zu 2., 3. und 4. sind Gesellschafter der Klägerin zu 1.). Eine mehrfache Klagerhebung sei vor diesem Hintergrund sinnlos. Die Anfechtungsgründe seien ferner formeller Natur. Die Kläger hielten weiter jeweils im Verhältnis zu den Anteilen eine eher geringfügige Beteiligung (die Klägerin zu 1) mit 90 Aktien 0,005 % des Grundkapitals, der Kläger zu 2) mit jedenfalls 907 Aktien 0,045 % des Grundkapitals, die Kläger zu 3) und 4) mit jeweils 20 Aktien 0,001 % des Grundkapitals der Beklagten). Weiter führten die Kläger eine Vielzahl von aktienrechtlichen Verfahren; der Kläger zu 2) und die Klägerin zu 1) gehörten zu den zehn Aktionären, die am häufigsten in Deutschland Anfechtungsklagen erheben. Die Kläger zeigten schließlich zumindest in der Vergangenheit die Bereitschaft zum schnellen Vergleichsabschluss. Auf dieses Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO wegen der weiteren Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung und der tatsächlichen Feststellungen verwiesen.
Gegen das ihr am 10.8.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin zu 1) am 24.8.2009 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12.11.2009 mit am 4.11.2009 eingegangenem Schriftsatz begründet. Gegen das ihm am 12.8.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger zu 2) am 12.8.2009 Berufung eingelegt und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 2.11.2009 mit am 2.11.2009 eingegangenem Schriftsatz begründet. Gegen das ihm am 10.8.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger zu 3) am 25.8.2009 Berufung eingelegt und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12.11.2009 mit am 12.11.2009 eingegangenem Schriftsatz begründet. Gegen das ihm am 11.8.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger zu 4) am 12.8.2009 Berufung eingelegt und mit am 21.8.2009 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Kläger rügen, dass das Urteil ihnen ein Rechtsschutzbedürfnis abspreche. Ein Rechtsmissbrauch liege nicht vor.
Der Kläger zu 4) hat auf Hinweis des Senats seine Berufung gegen die Tagesordnungspunkte zu 3) und 4) zurückgenommen.
Die Kläger beantragen, das am 6.8.2009 verkündete Urteil des LG Berlin - 91 O 116/08 - abzuändern und die Beschlüsse der ordentlichen Hauptversammlung vom 27.10.2008 zu den Tagesordnungspunkten 2 "Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns" und 5 "Beschlussfassung über Änderung der Satzung" für nichti...