Leitsatz
1. Die für die Nutzungsüberlassung eines partiarischen Darlehens gezahlte erfolgsabhängige Vergütung kann gewinn-, aber auch umsatzabhängig sein.
2. Diese Vergütung unterfällt dem Begriff "Zinsen" i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG und damit auch der Kapitalertragsteuer (Bestätigung des Senatsurteils vom 25.3.1992, I R 41/91, BFHE 168, 239, BStBl II 1992, 889).
3. Gibt der Steuerpflichtige keine Anmeldung zur Kapitalertragsteuer ab, kann das Finanzamt anstelle eines Haftungsbescheids einen Nachforderungsbescheid gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 erlassen. Das ändert aber nichts daran, dass es sich materiell um die Geltendmachung eines Haftungsanspruchs handelt, so dass die Voraussetzungen gemäß § 44 Abs. 5 EStG erfüllt sein müssen (Abgrenzung vom Senatsurteil vom 24.3.1998, I R 120/97, BFHE 186, 98, BStBl II 1999, 3).
Normenkette
§ 20 Abs. 1 Nrn. 4 und 7, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2, § 44 Abs. 1 und 5 EStG , § 155, § 167 Abs. 1 Satz 1, § 191 AO
Sachverhalt
Der Klägerin war durch einen in der Schweiz Ansässigen ein Darlehen zum Kauf einer Maschine gewährt worden, für das neben einem Festzins eine tonnageabhängige Vergütung vereinbart wurde. KapESt wurde nicht einbehalten, weswegen das FA die Klägerin für 1991 bis 1995 gemäß § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG mittels Nachforderungsbescheiden (§ 155 i.V.m. § 167 Abs. 1 Satz 1 AO 1977) in Anspruch nahm. Die Steuernachforderungen berechneten sich nach § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG mit 331/3 v.H. der – gesamten (= Zins zuzüglich Tonnagezins) – Kapitalerträge. Die Klage blieb erfolglos.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Klägerin in der Sache zurück. Um ein partiarisches Darlehen handele es sich nicht nur bei Vereinbarung einer gewinn-, vielmehr auch einer umsatz- oder – wie im Streitfall – tonnageabhängigen Vergütung. Solche Vergütungsbestandteile seien ebenso wie ein gleichzeitig vereinbarter Festzins auch KapESt-pflichtig. Und es sei auch nicht zu beanstanden, dass das FA keinen Haftungsbescheid, sondern einen Nachforderungsbescheid gem. § 167 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 erlassen habe; das FA habe insoweit eine Art Wahlrecht, wobei sich der Haftungsbescheid an den Vergütungsschuldner in seiner Funktion als Haftungsschuldner und der Nachforderungsbescheid in dessen Funktion als Entrichtungssteuerschuldner richte. Beide Bescheide unterschieden sich insofern, als der Haftungsbescheid eine Ermessensentscheidung voraussetze, der Nachforderungsbescheid hingegen nicht. Auch Letzterer unterliege allerdings den materiellen Haftungsvoraussetzungen, insbesondere vom VZ 1993 dem möglichen Nachweis fehlenden Verschuldens gem. § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG an (sog. Exkulpationsnachweis). Die Sache wurde deswegen z.T. an das FG zurückverwiesen, um die Verschuldensfrage zu klären.
Hinweis
Mit diesem Urteil schafft der BFH gleich in mehrfacher Hinsicht Klarheit gegenüber seiner bisherigen Rspr.:
Zum Ersten macht er deutlich, dass zwingendes Kennzeichen eines partiarischen Darlehens zwar eine erfolgsabhängige Vergütung ist, die sich ihrerseits jedoch gleichermaßen am Gewinn wie am Umsatz ausrichten kann. Noch im Urteil vom 25.3.1992, I R 41/91 (BStBl II 1992, 889) las sich dies anders: dort wurde die Gewinnabhängigkeit zum Postulat erhoben.
Zum Zweiten bestätigt der BFH, dass solche erfolgsabhängigen Vergütungen der KapESt unterliegen, auch wenn in § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG strenggenommen nur von "Zinsen" die Rede ist. Damit wird das Urteil in BStBl II 1992, 889 in diesem Punkt bestätigt und im Schrifttum daran geäußerte Kritik verworfen.
Und zum Dritten erkennt der BFH (entgegen Niedersächsisches FG, Urteil vom 29.6.1999, EFG 2000, 468) an, dass das FA den Vergütungsschuldner alternativ mittels Haftungs- wie mittels Nachforderungsbescheid in Anspruch nehmen kann, und zwar gleichviel, ob (1.) die Abzugssteuer dem Grund nach ordnungsgemäß angemeldet worden ist und es nur der Höhe nach zu sachverhaltsbezogenen Nachforderungen kommt, oder ob (2.) die Anmeldung vollständig unterblieben ist. Das ist der für Sie in der Praxis wichtigste Aspekt des Urteils. Ihr Mandant kann sich also nicht darauf zurückziehen, dass das FA das sog. Entschließungs- oder das sog. Auswahlermessen bei der Haftungsinanspruchnahme fehlerhaft ausgeübt habe, wenn ein Nachforderungsbescheid ergeht. Ermessen gibt es hier nicht. Es laufen insoweit auch eigene, von jenen der Haftungsschuld unabhängige Festsetzungsfristen (vgl. dazu im Übrigen auch in BFH – PR 2001, 30 das Urteil vom 9.8.2000, I R 95/99). Sie sollten aber darauf achten, dass die materiellen Erfordernisse der Haftungsschuld nach Ansicht des BFH dennoch erhalten bleiben. Das gilt vor allem hinsichtlich des etwaigen Einwands fehlenden Verschuldens. Mit dieser Einschränkung korrigiert der BFH ausdrücklich seine entgegenstehende Erkenntnis aus dem Urteil vom 24.3.1998, I R 120/97 (BStBl II 1999, 3), die immerhin auch von Tipke/Kruse (AO/FGO, § 167 AO Tz. 5) und Drenseck (in Schmidt, EStG, 19. Aufl., § 41a Rz. 6) vertreten wird. Es bleibt also festzuhalten: Formell w...