Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigen eines Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften i.R.d. Verkaufs eines Gartengrundstücksteils
Leitsatz (redaktionell)
Der Verkauf eines Gartengrundstücksteils ist bei weiterhin bestehender Wohnnutzung im Übrigen nicht von der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft ausgenommen.
Normenkette
EStG § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 Alt. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung eines Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften.
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer des Streitjahres 2019 veranlagt wurden. Der Kläger erzielte als Angestellter und die Klägerin als Beamtin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 28. März 2014 erwarben die Kläger zu je ½ das bebaute in X-Dorf gelegene Grundstück Y-Straße 1 zur Größe von 3.863 m² (Gemarkung X-Dorf Flur xx Flurstück zz), bezeichnet als „Gebäude- und Freifläche, Landwirtschaftsfläche” zum Kaufpreis von 123.000 €. Ein weiterer im Vertrag vereinbarter Betrag i.H.v. 7.000 € entfiel auf das mitveräußerte Zubehör. Nachfolgend sanierten die Kläger das Gebäude umfassend und bezogen es in 2015 zusammen mit ihrem Sohn. Die Außenflächen des gesamten Grundstücks nutzten die Kläger als Garten.
Als im Jahre 2018 in der Nachbarschaft der Kläger gebaut wurde, erkannten die Kläger, dass auch auf ihrem Grundstück noch ein weiteres Gebäude errichtet werden könnte. Auf Grund einer von ihnen gestellten Bauvoranfrage erteilte der zuständige Landkreis im Oktober 2018 einen Bauvorbescheid für die Bebaubarkeit mit einem Einfamilienhaus auf dem in dem sog. Dorfgebiet gelegenen Flurstück zz. Die Kläger veranlassten die Teilung des Flurstücks in zeitlichem Zusammenhang mit Verkaufsgesprächen. Im Mai 2019 erfolgte die Bekanntgabe im Liegenschaftskataster, wonach die Flurstücke zz/1 und zz/2 entstanden waren. Das neue Flurstück zz/2 war 1.000 m² groß, erhielt die Hausnummer 5 der Y-Straße und lag vom Wohnhaus der Kläger betrachtet als Streifen am Ende des insgesamt rechteckig geschnittenen Grundstücks. Das neue Flurstück zz/1 umfasste das bestehende Wohngebäude nebst den restlichen Freiflächen des Grundstücks Y-Straße 1.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 21. Juni 2019 veräußerten die Kläger das Flurstück zz/2 zu einem Kaufpreis von 90.000 €. In ihrer Einkommensteuererklärung 2019 erklärten sie hieraus keine Einkünfte. Auf Nachfrage des beklagten Finanzamtes (FA) erläuterten sie, dass sie lediglich einen Teil ihres Gartens des von ihnen selbst genutzten Grundstücks veräußert hätten. Das von ihnen in 2014 angeschaffte Grundstück zur Größe von 3.863 m² sei von ortsüblicher Größe gewesen. X-Dorf sei ein kleines Dorf in der Nähe von A-Stadt, in dem nur etwa 900 Menschen lebten. Die dortige Umgebung bestehe ausschließlich aus Bauernhöfen oder ehemaligen Hofanlagen, so dass die ortsübliche Grundstücksgröße erheblich sei. Erst im Jahre 2018 sei der später veräußerte Grundstücksteil zu Bauland erklärt worden. Ab diesem Zeitpunkt sei überhaupt erst eine andere Nutzung möglich gewesen.
Das FA war unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) der Auffassung, dass ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft i.S.v. §§ 22, 23 EStG auch dann vorliege, wenn ein unbebautes Grundstück parzelliert, eine Parzelle innerhalb der Veräußerungsfrist veräußert und das Grundstück im Übrigen weiterhin zu eigenen Wohnzwecken genutzt werde. Das erworbene Grundstück Y-Straße 1 erfülle entgegen der Auffassung der Kläger nicht die Voraussetzungen von Tz. 17 des Schreibens des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 5. Oktober 2000 (Bundessteuerblatt -BStBl- I 2000, 1383). Danach umfasse der Grund und Boden eines zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäudes nur die für die entsprechende Gebäudenutzung erforderlichen und üblichen Flächen. Das von den Klägern erworbene Grundstück sei jedoch überdurchschnittlich und nicht ortsüblich groß gewesen.
Das FA ermittelte aus der Grundstücksteilveräußerung einen Veräußerungsgewinn i.S.v. § 23 EStG i.H.v. 66.400 € (Veräußerungserlös: 90.000 € abzüglich Anschaffungskosten 23.600 € (Bodenrichtwert von 23,60 €/m²)). Es errechnete den Bodenrichtwert auf Grundlage der Bodenrichtwertkarte Bauland zum 31. Dezember 2014 für das Grundstück Y-Straße 1. Es legte dabei einen Bodenrichtwert i.H.v. 40 €/m² für ein baureifes und erschließungsgebührenfreies Grundstück, das im Dorfgebiet liegt und eine Fläche von 1.200 m² aufweist, zugrunde und wandte hierauf einen Umrechnungskoeffizienten von 59/100 wegen der abweichenden Grundstücksfläche an. Wegen der Einzelheiten wird auf den Auszug aus der Bodenrichtwertkarte sowie auf die Umrechnungskoeffizienten für Bodenrichtwerte nebst Berechnungen Bezug genommen (Bl. 26 f d. Einkommensteuerakte).
Diesen Gewinn rechnete es den Klägern in dem Einkommensteuerbescheid 2019 vom 12. Januar 2021 hälftig als sonstige Einkünfte i.S.v. §§ 22, 23 EStG zu. Hiergegen legten die Kläger Einspruch ...