Leitsatz
Die Herstellung von Fruchtjoghurt unter händischer Beimischung zugekaufter Fruchtmischungen ist eine Verarbeitungstätigkeit eines Milchbauern, so dass die Lieferung des Fruchtjoghurts der Durchschnittsbesteuerung nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG unterliegt.
Normenkette
§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG, Art. 295 Abs. 2 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)
Sachverhalt
Die Klägerin ist Landwirtin. Mit ihren Milchkühen produzierte sie ca. 650.000 Liter Milch, von denen sie ca. 10.000 Liter für ihre Joghurtproduktion verwendete. Dabei stellte sie in den Streitjahren 2008 und 2009 auch Fruchtjoghurt her, indem sie den von ihr hergestellten Joghurt mit zugekauften Fruchtmischungen vermischte. Der so hergestellte Fruchtjoghurt verfügte über einen Fruchtanteil von 14 %. Die Klägerin sah in dem von ihr hergestellten Fruchtjoghurt ein landwirtschaftliches Erzeugnis, dessen Lieferung sie nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG versteuerte. Demgegenüber ging das FA davon aus, dass der Fruchtjoghurt als Erzeugnis einer sog. zweiten Verarbeitungsstufe anzusehen sei und daher kein landwirtschaftliches Erzeugnis vorliege. Das FG gab ihrer Klage statt (Niedersächsisches FG, Urteil vom 18.5.2017, 5 K 160/15, Haufe-Index 9534796, EFG 2017, 1483).
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Das FG habe zutreffend entschieden, dass die Klägerin zur Anwendung von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG auf den von ihr gelieferten Fruchtjoghurt berechtigt sei.
Hinweis
1. Der BFH legt in ständiger Rechtsprechung § 24 Abs. 1 UStG richtlinienkonform entsprechend Art. 295 ff. MwStSystRL aus. Für die Frage, ob die Lieferung verarbeiteter Gegenstände der Sonderregelung unterliegt, ist Art. 295 Abs. 2 MwStSystRL zu berücksichtigen. Den landwirtschaftlichen Erzeugnissen sind danach die Erzeugnisse gleichgestellt, die aus Verarbeitungstätigkeiten stammen, die der Landwirt bei im Wesentlichen aus seiner landwirtschaftlichen Produktion stammenden Erzeugnissen mit Mitteln ausübt, die normalerweise in land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden.
2. Der BFH bejaht eine derartige Verarbeitungstätigkeit für die Herstellung von Fruchtjoghurt. Neben der Herstellung von Joghurt aus Milch ist auch die Beimischung eines Fruchtzusatzes eine Verarbeitungstätigkeit. Die Beimischung eines zugekauften Fruchtzusatzes ist ohne Bedeutung, da für die Verarbeitung nur im Wesentlichen aus seiner landwirtschaftlichen Produktion stammende Erzeugnisse zu verwenden sind. Erfolgt die Beimischung händisch und nicht unter Einsatz industrieller und landwirtschaftsuntypischer Maschinen, wird der Landwirt auch mit seinen normalen Betriebsmitteln tätig.
3. Die Finanzverwaltung unterscheidet in Abschn. 24.2 Abs. 2 UStAE zwischen einer ersten und einer zweiten Verarbeitungsstufe. Dem misst der BFH keine eigenständige Bedeutung zu, sondern sieht hierin nur eine begriffliche Umschreibung der nach Art. 295 Abs. 2 MwStSystRL zulässigen und unzulässigen Verarbeitungstätigkeiten.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 27.9.2018 – V R 28/17