Leitsatz
1. Das für eine Außenprüfung nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO erforderliche Aufklärungsbedürfnis liegt jedenfalls dann vor, wenn dem Steuerpflichtigen im Prüfungszeitraum aufgrund außerordentlich hoher Einkünfte ("Einkunftsmillionär") erhebliche Beträge zu Anlagezwecken zur Verfügung standen und der Steuerpflichtige nur Kapitaleinkünfte in geringer Höhe erklärt sowie keine substanziierten und nachprüfbaren Angaben zur Verwendung der verfügbaren Geldmittel gemacht hat.
2. Die Entscheidung des FA über die Zweckmäßigkeit einer Außenprüfung nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO ist ermessensfehlerfrei, wenn eine Vielzahl von Belegen zu überprüfen und insoweit mit zahlreichen Rückfragen zu rechnen ist.
3. Die Außenprüfung nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO kann auch in den Räumen des FA durchgeführt werden. Sie ist insoweit von einer Prüfung an Amtsstelle durch Maßnahmen der Einzelermittlung i.S.d. §§ 88 ff. AO zu unterscheiden.
4. Die Entscheidung des FA, die Außenprüfung in den eigenen Amtsräumen durchzuführen, ist ermessensfehlerfrei, wenn der Steuerpflichtige weder über Geschäftsräume noch über einen inländischen Wohnsitz verfügt. Eine Wohnung des Steuerpflichtigen im Ausland kann das FA bei der Festlegung des Prüfungsorts unberücksichtigt lassen.
Normenkette
§ 193 Abs. 2 Nr. 2, § 200 Abs. 2 Satz 1 AO
Sachverhalt
Der Kläger wohnte in den Jahren 1998 bis 2000 im Inland und erzielte dort als angestellter Geschäftsführer einen Bruttoarbeitslohn i.H.v. rd. 1,3 Mio. DM (1998), rd. 870.000 DM (1999) und rd. 1,8 Mio. DM (2000).
Das FA ordnete 2001 bei dem inzwischen in die USA verzogenen Kläger eine Außenprüfung für die ESt 1998 bis 2000 (Prüfungszeitraum) an, die mangels inländischen Wohnsitzes des Klägers in den Amtsräumen des FA stattfinden sollte. Die auf § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO gestützte Prüfungsanordnung begründete das FA damit, dass der Kläger aufgrund der in 1998 erzielten Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit als sog. "Einkunftsmillionär" einzustufen sei.
Der gegen die Prüfungsanordnung gerichtete Einspruch des Klägers blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung führte das FA aus, dass angesichts der außerordentlich hohen Mittel, die dem Kläger zur freien Verfügung gestanden hätten, und der im Vergleich hierzu relativ geringen Kapitaleinkünfte Ermittlungen über die Mittelverwendung erforderlich seien. Eine Außenprüfung sei zweckmäßig, weil eine Vielzahl von Unterlagen zu überprüfen und insoweit mit wiederholten Rückfragen zu rechnen sei.
Die gegen die Prüfungsanordnung und die Festlegung des Prüfungsorts erhobene Klage blieb ohne Erfolg (EFG 2005, 922).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des Klägers zurück.
Das FG habe in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die steuerlichen Verhältnisse des Klägers im Streitfall der Aufklärung bedurften. Das FG habe sich der Begründung des FA angeschlossen und das Aufklärungsbedürfnis daraus abgeleitet, dass dem Kläger im Prüfungszeitraum aufgrund seiner außerordentlich hohen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit auch unter Zugrundelegung eines gehobenen Lebensstandards erhebliche Beträge zu Anlagezwecken zur Verfügung gestanden hätten. Vom Kläger und seiner Ehefrau seien jedoch nur Kapitaleinkünfte in geringer Höhe erklärt und keine substanziierten und nachprüfbaren Angaben zur Verwendung der verfügbaren Geldmittel gemacht worden.
Die Prüfungsanordnung sei auch nicht "ins Blaue hinein" erfolgt, sondern aufgrund der Unklarheiten bei der Mittelverwendung durch den Kläger, die hinreichende Anhaltspunkte dafür boten, dass der Kläger seine Steuererklärung unvollständig oder mit unrichtigem Inhalt abgegeben habe. Im Streitfall bestehe nicht nur ein (abstraktes) Aufklärungsbedürfnis.
Die Einspruchsentscheidung des FA enthalte auch ausreichende Ermessenserwägungen dazu, dass sich nach Art und Umfang des zu prüfenden Sachverhalts die Außenprüfung gegenüber der Einzelermittlung als die zweckmäßigere Maßnahme erweise.
Das FA habe hinreichend dargetan, dass bei der Prüfung der Mittelverwendung durch den Kläger eine Vielzahl von Belegen zu überprüfen und insoweit mit zahlreichen Rückfragen zu rechnen sei.
Dem Kläger sei schließlich nicht darin zu folgen, dass die Prüfungsanordnung rechtswidrig sei, da hinsichtlich des Prüfungszeitraums Festsetzungsverjährung bei der ESt eingetreten sein könne. Ein (nach Auffassung des Klägers vorliegender) Eintritt der Festsetzungsverjährung erst nach Abschluss des Einspruchsverfahrens führe jedenfalls nicht zur Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung.
Das FA habe auch als Prüfungsort ermessensfehlerfrei die eigenen Amtsräume festgelegt, da der Kläger weder über Geschäftsräume noch über einen inländischen Wohnsitz verfügte. Das FA durfte die Wohnung des Klägers in den USA als Prüfungsort außer Betracht lassen, da eine Außenprüfung auf fremdem Hoheitsgebiet nur in Ausnahmefällen mit Zustimmung des betroffenen Staats zulässig sei.
Hinweis
1. Die mit äußerst aussagekräftigen Leitsätzen versehene Besprechungsentscheidung enthält nahezu eine Chec...