rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerschuldnerschaft nach § 14 Abs. 2 und 3 UStG nur bei Abrechnungspapieren mit allen für den Vorsteuerabzug erforderlichen Angaben
Leitsatz (redaktionell)
Wer unberechtigt Umsatzsteuer in Rechnung gestellt oder einen höheren als den gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuerbetrag in einem Abrechnungspapier ausgewiesen hat, schuldet diese unberechtigt oder zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer nur dann nach § 14 Abs. 2 bzw. § 14 Abs. 3 UStG 1993, wenn das Abrechnungspapier nach seinem Inhalt zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG geeignet ist, d. h. alle insoweit erforderlichen Angaben enthält. Das ist nicht der Fall, wenn das Abrechnungspapier keine Angaben zum Zeitpunkt der abgerechneten Lieferung bzw. sonstigen Leistung enthält.
Normenkette
UStG 1993 § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4, Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1, Abs. 4, § 15 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Der Umsatzsteuerbescheid 1996 vom 12.9.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.4.2005 wird dahingehend abgeändert, dass die Umsatzsteuer 1996 auf 32.112,07 DM festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Verfahrens haben der Kläger 10 % und der Beklagte 90 % zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger die in einer von ihm erstellten und als „Rechnung” bezeichneten Aufstellung offen ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 2 UStG a.F. schuldet.
Der Kläger wendet sich gegen den Umsatzsteuerbescheid 1996 vom 12.9.2003 (Bl. 7 f. der Rechtsbehelfsakte) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.4.2005 (Bl. 69 ff. der Rechtsbehelfsakte), mit dem der Beklagte die Umsatzsteuer wegen unrichtiger Rechnungen i.S.d. nach § 14 Abs. 2 UStG a.F. erhöht hat.
Der Kläger führte im Streitjahr ein Einzelunternehmen als Heizungsbauer, Gas- und Wasserinstallateur. Mit Umsatzsteuererklärung 1996 (Bl. 2 der Umsatzsteuerakten), eingegangen am 16.3.1998, hatte der Kläger eine Umsatzsteuer von 30.480,10 DM berechnet. Der Beklagte hat dieser Umsatzsteuererklärung am 30.3.1998 zugestimmt (Bl. 5 der Umsatzsteuerakten).
Am 18.6.2003 hat das Finanzamt C. gegen den Kläger ein Strafverfahren eingeleitet, weil u.a. der Verdacht bestehe, dass dieser im Jahr 1996 die Rechnung vom 17.12.1996 (Bl. 6 der Strafakte) über einen Betrag von 90.900,05 DM (netto) nicht erklärt und dadurch Umsatzsteuer verkürzt habe. Wegen der Einzelheiten wird auf den Einleitungsvermerk vom 18.6.2003 (Bl. 29 der Strafakten) verwiesen. Hintergrund des Strafverfahrens war folgender Sachverhalt: Der Kläger und dessen Vater hatten im Jahr 1996 Bauleistungen an dem im Eigentum von Frau A. Q., der früheren Ehefrau des Klägers und Anzeigeerstatterin, stehenden Grundstück G 2 in L.-O. durchgeführt. Dafür hatte er zunächst sieben Rechnungen vom 6.7.1996 bis zum 25.11.1996 (Bl. 23 ff. d.A.) über insgesamt 72.853,13 DM netto (= 83.781,08 brutto) sowie die Rechnung Nr. 320.96 über eine Solaranlage gelegt, die er ordnungsgemäß verbuchte und versteuerte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Rechnungen verwiesen. Am 2.3.1997 fertigte er mit dem Computerprogramm, das er zur Rechnungserstellung nutzte, für seine damals bei ihm im Unternehmen angestellte Ehefrau zwei weitere Aufstellungen über durchgeführte Leistungen an dem Gebäude G 2. Die Aufstellungen trugen zunächst das Datum 2.3.1997. Der Kläger übergab die Aufstellungen Frau A. Q., die das Datum 17.12.1996 auf den ersten Seiten der Aufstellungen aufstempelte sowie handschriftlich die Rechnungsnummern 312.96 und 323.96 hinzufügte, die bereits anderen zutreffenden Rechnungen des Jahres 1996 (Bl. 26 und 32 d.A.) vergeben waren. Die Aufstellungen vom 2.3.1997 waren mit „Rechnung” überschrieben und an Frau A. Q. gerichtet. Sie enthielten die Leistungsbeschreibungen Trockenbau sowie Dachklempnerarbeiten, Heizung – Solar und Sanitärinstallation und keinen Leistungszeitraum. Der Rechnungsbetrag belief sich auf 45.004,35 DM zuzüglich 6.750,65 DM Mehrwertsteuer bzw. 90.900,05 DM zuzüglich 13.635,01 DM Mehrwertsteuer. Wegen der Einzelheiten wird auf die „Rechnungen vom 17.12.1996” (Bl. 137 ff. der Rechtsbehelfsakten) verwiesen. Diese „Rechnungen” wurden weder verbucht noch versteuert. Das Strafverfahren wurde – auch wegen weiterer hier nicht streitiger Vorwürfe – nach § 153 a StPO nach Zahlung einer Geldauflage eingestellt.
Der Beklagte ist mit dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 1996 vom 12.9.2003 den Feststellungen des Finanzamtes C gefolgt und hat die Umsatzsteuer um 20.385,– DM (= 10.422,63 EUR) erhöht auf insgesamt 50.865,– DM festgesetzt. Den Einspruch des Klägers vom 13.10.2003 hat der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 15.4.2005 (Bl. 69 ff. der Rechtsbehelfsakten)...