OFD Magdeburg, Verfügung v. 28.5.2014, S 2331 - 25 - St 226/S 7104 - 49 - St 243/S 7104 - 49 - St 241

 

1. Rechtslage vor dem 1.1.2005

Nach den in diesem Zeitraum geltenden Rechtsvorschriften (z.B. § 4 Abs. 2 und 3 Fleischbeschaugesetz oder § 22a Abs. 2 Fleischhygienegesetz – FlHG) sind für die Fleischuntersuchung Beamte oder haupt- oder nebenberufliche Angestellte einzusetzen.

Aufgrund der ab 1.1.1969 geltenden Neufassung des § 4 des Fleischbeschaugesetzes traten in den alten Bundesländern mit Wirkung ab 1.4.1969 Tarifverträge in Kraft, die die Rechtsverhältnisse der

  • nicht vollbeschäftigten Fleischbeschautierärzte, Fleischbeschauer und Trichinenschauer in öffentlichen Schlachthöfen und der
  • Fleischbeschautierärzte, Fleischbeschauer und Trichinenschauer außerhalb öffentlicher Schlachthöfe

regeln.

Da diese Tarifverträge im Wesentlichen Merkmale aufweisen, die für die Annahme einer unselbständigen Tätigkeit sprechen, haben die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder entschieden, dass bei Arbeitsverträgen, die auf der Grundlage der Tarifverträge abgeschlossen sind, davon ausgegangen werden kann, dass die vorgenannten Personen hinsichtlich dieser Tätigkeit nicht Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 UStG sind (BMF-Schreiben vom 11.5.1970, UR 1970 S. 155). Die Vergütung unterliegt in diesen Fällen nicht der Umsatzsteuer.

In den neuen Bundesländern sind die Tarifverträge für diese Berufsgruppen am 1.1.1995 in Kraft getreten (z.B. Tarifvertrag über die Regelung der Rechtsverhältnisse der amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure außerhalb öffentlicher Schlachthöfe – TV Ang-O aöS). Erst ab diesem Zeitpunkt kann daher für Sachsen-Anhalt „voll inhaltlich” auf die Regelungen des BMF-Schreibens zurückgegriffen werden.

Sind die Vereinbarungen nicht auf der Grundlage von Tarifverträgen getroffen worden, ist für die Beurteilung, ob die Tätigkeit selbständig oder unselbständig ausgeübt wird, nach BFH-Rechtsprechung das Gesamtbild der Berufsstellung einer natürlichen Person maßgebend.

 

2. Rechtslage nach dem 31.12.2004

Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat am 22.12.2004 das Gesetz zur Ausführung fleisch- und geflügelfleischhygienerechtlicher Vorschriften (FI/GFIH-AG, GVBl. LSA S. 866) beschlossen. Damit wurde eine gesetzliche Grundlage geschaffen, die es den Landkreisen und kreisfreien Städten durch eine Satzung ermöglicht, diese Aufgaben (s. Tz. 1) im Wege der Beleihung zu übertragen.

Wird von der Beleihung Gebrauch gemacht, geht dies in der Regel einher mit der Selbständigkeit der beliehenen Person.

Die Praxis belegt, dass einzelne Landkreise bzw. kreisfreien Städte die ambulanten Schlachttier- und Fleischuntersuchungen (Hausbeschauen) auch ohne satzungsgemäße Regelung von privaten Dritten im Wege der Beleihung durchführen lassen (faktische Beleihung).

Für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung ist stets die tatsächliche Durchführung entscheidend, sodass das Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein einer satzungsgemäßen Regelung unbeachtlich ist.

Die Frage der Selbstständigkeit natürlicher Personen (Handeln auf eigene Rechnung und Verantwortung, Abschnitt 2.2 Abs. 1 UStAE) ist für die Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer nach denselben Grundsätzen zu beurteilen (Abschnitt 2.2 Abs. 2 Satz 1 UStAE). Dabei ist stets das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse entscheidend (Abschnitt 2.2 Abs. 1 Satz 5 UStAE).

Vorstehend beschriebene faktische Beleihung begründet im Regelfall die Selbstständigkeit der mit der Hausbeschau beauftragten Person. Dafür sprechen u.a. folgende Aspekte:

  • Es werden leistungsabhängige Vergütungen (Honorare) entsprechend der Tiergattung und Anzahl der beschauten Tiere vereinbart und gezahlt.
  • Die Vergütungen werden nicht der Lohnsteuer und der Gesamtsozialversicherung unterworfen.
  • Der Honorarvertag enthält keine Regelungen hinsichtlich Urlaubsanspruch oder Probezeit.
  • Zuweisung eines eigenverantwortlich zu bewirtschaftenden Beschaubezirkes (keine weiteren Beschränkungen/keine darüberhinausgehende Weisungsgebundenheit),
  • Erstellung von Abrechnungen über die erfolgten Hausbeschauen (i.d.R. monatliche Abrechnungen).

Hinsichtlich dem Nebeneinander von Tätigkeiten verweise ich auf die Kommentierung von Korn in Bunjes UStG 12. Auflage zu § 2 UStG, Rz. 101 und Stadie in Rau/Dürrwächter zu § 2 UStG, Rzn. 166 und 167.

 

Normenkette

EStG § 19

UStG § 2 Abs. 1

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