Entscheidungsstichwort (Thema)
Reisekosten der Großeltern zur Pflege des Kontakts zu dem bei seiner Mutter im Ausland lebenden Enkelkind keine außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (amtlich)
Reisekosten zur Wahrnehmung eines gerichtlich erstrittenen Umgangsrechts mit einem Enkelkind erwachsen den Großeltern auch dann nicht zwangsläufig im Sinne des § 33 Abs. 2 EStG, wenn ihr Sohn und Kindesvater während des Scheidungsverfahrens verstirbt und die Kindesmutter zur Verhinderung des Kindesumgangs in das Ausland verzieht.
Normenkette
EStG § 33; BGB § 1685 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung von Reisekosten zur Wahrnehmung des familienrechtlichen Umgangsrechts im Ausland als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG).
Die Kläger sind die Großeltern der im Juli 1998 geborenen A. Der Kindesvater und Sohn der Kläger ist im Januar 2000 im Laufe des Scheidungsverfahrens durch Unfalltod verstorben. Die Kindesmutter wehrt sich gegen Besuchskontakte der Großeltern. Die Kläger haben daraufhin die Wahrnehmung des Umgangsrechts mit A (§ 1685 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB) gerichtlich durchgesetzt. Nach den Feststellungen der angerufenen Familiengerichte hätten die Kläger ständigen Kontakt mit A gepflegt, auf welchen das Kind positiv reagiere. Die Aufrechterhaltung des Kontakts zum väterlichen Zweig entspreche deshalb dem Kindeswohl. Nachdem die Kindesmutter ins Ausland verzog, haben die Kläger erneut familienrechtliche Auseinandersetzungen geführt und das Kind im Streitjahr insgesamt acht mal in Spanien besucht. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten familiengerichtlichen Beschlüsse und psychologischen Gutachten sowie die Reisekostenaufstellung der Kläger verwiesen.
In ihrer Einkommensteuer (ESt-)Erklärung 2003 machten die Kläger außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 20.154,93 € geltend. Davon entfiel ein Betrag in Höhe von 5.905,61 € auf Anwaltskosten zur Durchsetzung des Umgangsrechts und ein Betrag in Höhe von 8.184,31 € auf Reisekosten. Der Beklagte - das Finanzamt (FA) - lehnte die Anerkennung der Reisekosten mit ESt-Bescheid 2003 vom 10. März 2005 unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. März 1996 III R 208/94, BStBl II 1997, 54, ab. Hiergegen erhoben die Kläger am 17. März 2005 Einspruch, welchen das FA mit Einspruchsentscheidung vom 29. August 2005 zurückwies: Eine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG sei nicht gegeben. Bei den Kosten für die Besuchsreisen der Großeltern handele es sich um typische Aufwendungen der Lebensführung, welche bereits durch die Regelungen über den Kinderlastenausgleich (Kindergeld/ Kinderfreibetrag) steuerlich abgegolten seien. Der Kindesmutter stehe eine dem Kindergeld vergleichbare Leistung in Spanien zu. Auch der Gesetzeszweck des § 33 EStG gebiete es nicht, im Falle von Spannungen zwischen Großeltern und Eltern Aufwendungen für Besuchsfahrten der Großeltern abzugsfähig zu machen. Allein die Höhe der Aufwendungen rechtfertige keine andere Entscheidung.
Mit der am 7. September 2005 erhobenen Klage machen die Kläger im Wesentlichen geltend:
Das FA verkenne die Besonderheiten des Falles. Der Sohn sei just zu einem Zeitpunkt verstorben, als das Scheidungsverfahren mit dessen Ehefrau anhängig gewesen sei. Er sei ebenso wie die Kläger mit dem Kind besonders eng verbunden gewesen. Den Klägern sei es deshalb ein besonderes Anliegen gewesen, die soziale Einbindung des Kindes in der Familie aufrecht zu erhalten. Dass dies für die Entwicklung des Kindes zwangsnotwendig sei, sei von den Gerichten in Deutschland und Spanien ausnahmslos bestätigt worden. Durch die vorgelegten psychologischen Gutachten sei zudem der Nachweis geführt, dass es der ureigenste Wunsch des Kindes sei, Kontakt zu den Großeltern zu haben. Die Kindesmutter habe von Anfang an beharrlich versucht, Besuchskontakte zu vereiteln. Es sei für die berufstätigen Kläger äußerst schwierig gewesen, die Besuche unter diesen Bedingungen durchzusetzen und auch noch in Spanien ausüben zu können. Bei den Spanienreisen habe es sich nicht um Urlaubsreisen, sondern um psychisch und physisch äußerst belastende Reisen gehandelt. Das Finanzgericht Köln habe denn auch mit Urteil vom 23. Juni 2005 10 K 1163/02 entschieden, dass Fahrtkosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts von dauernd getrennt lebenden Eltern außergewöhnliche Belastungen sein können, wenn der Steuerpflichtige - wie hier - vom Bezug des Kindergeldes ausgeschlossen sei.
Die Kläger beantragen,
- die Reisekosten in Höhe von 8.184,31 € als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen und die ESt 2003 unter Änderung des ESt-Bescheides 2003 vom 10. März 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. August 2005 entsprechend niedriger festzusetzen.
Das FA beantragt,
Es nimmt Bezug auf die Gründe der Einspruchsentscheidung und führt er...