Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
1. Aufwendungen für einen separat angemieteten Pkw-Stellplatz können im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten zu berücksichtigen sein.
2. Die Abgeltungswirkung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG und der (allgemeinen) in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG geregelten Entfernungspauschale stehen dem Werbungskostenabzug insoweit nicht entgegen.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Nr. 5, § 12 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Arbeitnehmer K machte mit seiner ESt-Erklärung für 2008 bei den Kosten der doppelten Haushaltsführung auch Aufwendungen für seine Unterkunft sowie für einen Pkw-Stellplatz am Arbeitsort geltend. Der Mietvertrag über den Garagenstellplatz besagte, dass weder ein wirtschaftlicher noch ein rechtlicher Zusammenhang zwischen diesem Stellplatzmietvertrag und dem Wohnraummietverhältnis bestand. Das FA berücksichtigte zwar die Mietkosten für die angemietete Wohnung, aber nicht die Kosten für den Pkw-Stellplatz. Die Klage dagegen war erfolglos (Hessisches FG, Urteil vom 6.6.2011, 1 K 2222/10, Haufe-Index 2800119, EFG 2012, 243). Stellplatzkosten stellten keine notwendigen Kosten im Rahmen der doppelten Haushaltführung dar, seien insbesondere keine Wohnkosten, sondern wie alle Pkw-Kosten mit der Entfernungspauschale für Familienheimfahrten abgegolten.
Entscheidung
Der BFH folgte aus den unter den Praxis-Hinweisen dargelegten Erwägungen nicht der Auffassung des FG, hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache dorthin zur Nachholung weiterer Feststellungen zurück.
Hinweis
Das Besprechungsurteil handelt von der Frage, ob im Rahmen der doppelten Haushaltsführung auch Aufwendungen für einen Stellplatz zum Werbungskostenabzug berechtigen. Der BFH schließt das nicht grundsätzlich aus. Allerdings geht der Gesetzgeber ab 2014 im Rahmen der Neuregelung des steuerlichen Reisekostenrechts jedenfalls ausweislich der Gesetzesbegründung davon aus, dass auch die Kosten für Stellplatz und Garagen von dem neuen Höchstbetrag für Unterkunftskosten erfasst sein werden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG n.F.; dazu BT-Drucks. 17/10774, 4, 13). Die hier entschiedene Frage wird sich dann so nicht mehr stellen.
1. Zu den notwendigen Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG) zählen u.a. – der Höhe nach begrenzt auf den durchschnittlichen Mietzins einer 60-qm-Wohnung – auch die Kosten der Unterkunft am Beschäftigungsort. Dazu gehören aber auch andere notwendige Mehraufwendungen, etwa – soweit angemessen – Anschaffungskosten für die erforderliche Wohnungseinrichtung. Der BFH wollte es nicht ausschließen, dass auch Kosten für einen Stellplatz oder eine Garage zu den notwendigen Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung gehören, und hat diese Kosten insbesondere (noch) nicht den Unterkunftskosten zugerechnet.
2. Auf dieser Grundlage wird das FG nun feststellen müssen, ob die Anmietung eines Stellplatzes durch den Arbeitnehmer notwendig war. Dabei kommt es nicht darauf an, dass das Vorhalten eines Kfz am Beschäftigungsort beruflich erforderlich ist. Denn § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG lässt bekanntlich mit den Wohnkosten allgemeine Lebenshaltungskosten zum Werbungskostenabzug zu. Also kommt es letztlich auch hier nur darauf an, ob die Aufwendungen für einen (separat angemieteten) Pkw-Stellplatz beispielsweise zum Schutz des Fahrzeugs oder aufgrund der angespannten Parkplatzsituation am Beschäftigungsort erforderlich sind. Trifft das zu, steht einem Werbungskostenabzug weder die Abgeltungswirkung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG noch die Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG) entgegen. Denn hier geht es nicht um beschränkt abzugsfähige berufliche Mobilitätskosten, sondern um sonstige Kosten einer doppelten Haushaltsführung.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.11.2012 – VI R 50/11