Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Anwendung der großen Übergangsregelung für die Nutzungswertbesteuerung von Wohnungen im Beitrittsgebiet. Gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 1991
Leitsatz (amtlich)
1. Eine analoge Anwendung der großen Übergangsregelung zur Nutzungswertbesteuerung gem. § 52 Abs. 21 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG 1990 auf Wohnungen im Betrittsgebiet setzt voraus, dass die Regelungen zur Nutzungswertbesteuerung nach DDR-Recht dem Recht der damaligen Bundesrepublik im Wesentlichen entsprochen haben (vgl. Rückverweisung im ersten Revisionsverfahren durch BFH v. 21.10.1997, IX R 29/95, BStBl 1998 II S. 142).
2. Eine Vergleichbarkeit der Regelungen zur Nutzungswertbesteuerung in beiden Rechtsystemen scheitert hier jedoch bereits daran, dass das Steuerrecht der DDR eine dem § 10d EStG 1986 entsprechende uneingeschränkte Verlustverrechnungsmöglichkeit mit den Optionen des Verlustrücktrags bzw. Verlustvortrags nicht kannte. Die Frage, ob die Vergleichbarkeit bereits dadurch ausgeschlossen wird, dass das DDR-Recht bei der Nutzungswertbesteuerung den wichtigen Anwendungsfall ausgrenzte, dass der Steuerpflichtige ausschließlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit bezog und im eigenen Einfamilienhaus wohnte, konnte deshalb unentschieden bleiben.
Normenkette
EStG 1990 § 21 Abs. 2 S. 1, § 52 Abs. 21, § 10d; EStG-DDR § 21 Abs. 2; EStG-DDR § 17 Abs. 2-3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Gegenstand des Rechtsstreits, über den der Senat im zweiten Rechtsgang zu entscheiden hat, ist die Frage, ob die Übergangsregelung des § 52 Abs. 21 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1990 auch im Beitrittsgebiet gilt.
Die Kläger sind Eigentümer zu je ¼ des Grundstücks Max-Voß-Str. 38 in Schwarzbach. Dieses Grundstück wird teils von den Klägern zu eigenen Wohnzwecken genutzt, teils vermietet. Der Beklagte, das Finanzamt (FA), stellte nach Abgabe der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf ./. 9.233 DM sowie die Steuerbegünstigung zur Förderung des Wohnungseigentums auf 1.054 DM fest. Hiergegen erhoben die Kläger mit der Begründung Einspruch, in den erklärten Mieteinnahmen seien die Nutzungswerte der von ihnen genutzten Wohnungen enthalten und die diesbezüglich angefallenen Werbungskosten müssten ebenfalls berücksichtigt werden. Der Einspruch blieb erfolglos.
Auch die Klage wurde durch Urteil des Thüringer Finanzgerichts (1139/94) vom 3. Mai 1995 abgewiesen. Das Gericht hatte, gestützt auf § 56 Nr. 2 EStG 1990, die Auffassung vertreten, dass § 52 Abs. 2 bis 33 und damit auch § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG, auf den die Kläger sich berufen, auf die Veranlagungszeiträume vor 1991 nicht anzuwenden sei, und aus dem Sinn und Zweck der zuletzt genannten Regelung weiterhin hergeleitet, dass die Vorschrift auch für die Zeit ab dem 1. Januar 1991 auf Grundstücke, die im Beitrittsgebiet belegen sind, nicht anzuwenden sei.
Auf die Revision der Kläger hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 21. Oktober 1997 (IX R 29/95 Bundessteuerblatt – BStBl – II 1998, 142 Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 184, 468) das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen. Er hat ausgeführt, zwar schließe der Wortlaut des § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG die Anwendung des § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG auf im Beitrittsgebiet belegene Wohnungen aus; jedoch könne der Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) dessen analoge Anwendung gebieten.
Dies sei der Fall, wenn sich für das Jahr 1986 in der ehemaligen DDR eine Nutzungswertbesteuerung selbstgenutzter Wohnungen feststellen lasse, die der Nutzungswertbesteuerung nach dem Recht der damaligen Bundesrepublik Deutschland im Wesentlichen entsprochen habe. Ob dies so sei, sei zunächst anhand der Rechtsvorschriften zur Nutzungswertbesteuerung und deren Auswirkungen im Rahmen der Einkommensermittlung, z. B. bezüglich des Verlustausgleichs, festzustellen, und sodann anhand der Besteuerungspraxis.
Im zweiten Rechtsgang vertreten die Kläger die Auffassung, dass die Regelungen des Rechts der ehemaligen DDR über die Nutzungswertbesteuerung und die über die Besteuerung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung denjenigen in der Bundesrepublik Deutschland entsprochen hätten. Zwar sei durch § 5 der Besteuerungsrichtlinie vom 24. August 1979 ein Verlustausgleich auf die gleiche Einkunftsart beschränkt gewesen. Aber § 20 Abs. 2 der Besteuerungsrichtlinie habe die Verteilung des Erhaltungsaufwandes auf fünf aufeinander folgende Jahre zugelassen. Damit sei eine indirekte Verrechnung von Aufwendungen, die, bezogen auf den jeweiligen Veranlagungszeitraum, zu einem Verlust geführt hätten, mit positiven Einkünften in d...