Entscheidungsstichwort (Thema)
Inländische Besteuerung von Zahlungen des Auswärtigen Amtes an Teilnehmer der EULEX-Mission im Kosovo. Rückausnahme von der Kassenstaatsklausel greift bereits, wenn andere Beweggründe als die Aufnahme einer nichtselbstständigen Tätigkeit für die Ansässigkeit im Kosovo mitursächlich waren
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Besteuerung von Vergütungen, die ein Teilnehmer der EULEX-Mission im Kosovo vom Auswärtigen Amt in Deutschland für seine insoweit ausgeübte unselbständige Arbeit erhalten hat, kann nach Art. 16 Abs. 3 DBA Jugoslawien nur in Deutschland erfolgen, wenn nach Wertung der Gesamtumstände zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass die Ansässigkeit im Kosovo nur begründet wurde, um die unselbstständige Arbeit auszuüben.
2. Das Gericht folgt nicht der Ansicht, die Rückausnahme des Art. 16 Abs. 3 S. 2 DBA Jugoslawien setze nach ihrem Sinn und Zweck voraus, dass für das Eingreifen dieser Ausnahmeregelung in erster Linie oder überwiegend andere Beweggründe als die Aufnahme einer nichtselbstständigen Tätigkeit für die Ansässigkeit (hier) im Kosovo vorliegen müssten, dass also eine bloße Mitursächlichkeit solcher anderer Beweggründe nicht ausreichend sei.
3. Inländische Einkünfte i. S. d. beschränkten Einkommensteuerpflicht sind auch solche aus nichtselbstständiger Arbeit, die aus inländischen öffentlichen Kassen mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis gewährt werden, ohne dass ein Zahlungsanspruch gegenüber der inländischen öffentlichen Kasse bestehen muss.
4. Die Steuerbefreiung für Diplomaten nach den Art. 23 und 34 des Wiener Übereinkommens vom 18.4.1961 über diplomatische Beziehungen gilt nur im Empfangsstaat (hier Kosovo). Die Besteuerung im Entsendestaat Deutschland bleibt davon unberührt.
Normenkette
EStG § 1 Abs. 4, § 49 Abs. 1 Nr. 4b; DBA YUG Art. 4 Abs. 2, Art. 16 Abs. 1, 3; WÜD Art. 34
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob und inwieweit die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 47.917 EUR aus Zahlungen des Auswärtigen Amtes für seine Tätigkeit als Sekundierter bzw. Mitarbeiter der EULEX-Mission der deutschen Steuerpflicht unterliegen, insbesondere, ob für den vom Auswärtigen Amt gezahlten pauschalierten Aufwendungsersatz die Kassenstaatsklausel des Art. 16 Abs. 3 des DBA-Jugoslawien anwendbar ist und damit für diese Einkünfte das Besteuerungsrecht Deutschland zusteht. Insbesondere ist streitig, ob der Kläger nicht ausschließlich deshalb im Kosovo ansässig geworden ist, um die unselbständige Arbeit auszuüben und somit die Rückausnahme des Art. 16 Abs. 3 Satz 2 DBA-Jugoslawien greift. Insoweit trägt der Kläger vor, dass die Beziehung zwischen ihm und seiner jetzigen Ehefrau bereits in der Zeit vor dem April 2008 gepflegt und intensiviert worden sei.
Der Kläger erzielte im Streitjahr zunächst als Richter Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Er war ab April 2008 für das Auswärtige Amt als „Criminal Judge” im Rahmen des Projektes „EULEX Kosovo” tätig. Es handelt sich dabei um die Rechtsstaatlichkeitsmission der Europäischen Union im Kosovo, in deren Rahmen Polizisten, Richter, Gefängnisaufseher und Zollbeamte in den Kosovo als Verwaltungshelfer entsandt wurden. Die Tätigkeit war ursprünglich zunächst bis 31.12.2008 befristet und wurde seitdem verlängert. Für die Teilnahme an der Rechtsstaatsmission „EU-LEX Kosovo” wurde der Kläger von seinem bisherigen Arbeitgeber freigestellt.
Der Kläger erhielt für seine Tätigkeit als „Criminal Judge” im Rahmen der EULEX-Mission im Streitjahr vom Auswärtigen Amt einen pauschalierten Aufwendungsersatz i.H.v. 5.875 EUR monatlich (= 48.958 EUR vom 21.04. – 31.12.2008) und darüber hinaus von der Europäischen Union ein Tagegeld i.H.v. insgesamt 25.755 EUR. Nach § 2 Abs. 1 der Vereinbarung zwischen dem Auswärtigem Amt und dem Kläger als Experten wird das Tagegeld nicht auf den vereinbarten Aufwendungsersatz angerechnet. Nach § 2 Abs. 4 dieser Vereinbarung ist der Experte selbst für die ordnungsgemäße Versteuerung aller Geldleistungen verantwortlich. Weiterhin ist geregelt, dass der Kläger den Weisungen des Leiters von EULEX Kosovo unterliegt. Es gelten dort die von der Europäischen Union vorgegebenen allgemeinen bzw. die für Missionsarbeiter speziellen Regelungen. Nach Artikel 8 Abs. 1 Nr. 1.5 des Kosovarischen Einkommensteuergesetzes sind die Löhne der EULEX-Mitarbeiter ausdrücklich von der dortigen persönlichen Einkommensteuer befreit.
Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr trug der Kläger vor, er habe mit der Aufnahme der Tätigkeit im Kosovo seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt. Er hielt sich im Streitjahr länger als 183 Tage im Kosovo auf. Im Kosovo übernachtete der Kläger zunächst in Hotels, ab 01.08.2008 mietete er sich eine Wohnung. Seine Wohnung habe er im Wesentlichen nur noch als Postadresse bzw. bei kurzzeitigen Aufenthalten in Deutschland (alle 6 – 8 Woch...