Leitsatz
1. Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen für seinen bedürftigen ausländischen Lebenspartner können nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein, wenn der Partner bei Inanspruchnahme von Sozialhilfe damit rechnen müsste, keine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten und ausgewiesen zu werden.
2. Prozesskosten, die durch ein verwaltungsgerichtliches Verfahren zur Erlangung eines dauerhaften Aufenthaltsrechts des ausländischen Partners entstanden sind, sind nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar.
Normenkette
§ 33a EStG
Sachverhalt
Der Kläger lebte seit 1992 in häuslicher Gemeinschaft mit seinem aus Brasilien stammenden Lebensgefährten. Erst als beide in 2001 eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründet hatten, wurde ihm eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Das FA lehnte für das Streitjahr 1999 die Berücksichtigung der Aufwendungen des Klägers für den Prozess um das Aufenthaltsrecht seines Lebensgefährten sowie für dessen Unterhalt ab.
Entscheidung
Der BFH entschied, nur die Prozesskosten seien nicht abziehbar. Für die Unterhaltsaufwendungen bejahte er die Berücksichtigung in den Grenzen des § 33a Abs. 1 EStG. Die Sache wurde an das FG zurückverwiesen, um die Einkünfte des Lebensgefährten festzustellen.
Hinweis
Die Entscheidung ist zu zwei Problembereichen ergangen:
1. Prozesskosten sind regelmäßig nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Es spricht sogar grundsätzlich eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit, da der Steuerpflichtige die Risiken der Prozessführung bewusst auf sich nimmt.
Die Kosten eines Zivilprozesses oder auch eines Verwaltungsgerichtsprozesses entstehen ausnahmsweise nur dann zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige, ohne sich auf den Rechtsstreit trotz unsicheren Ausgangs einzulassen, Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse im üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können oder wenn ein Kernbereich des menschlichen Lebens (z.B. das Umgangsrecht) betroffen ist.
Diese Voraussetzungen sind bei einem Prozess, der dazu dient, das Aufenthaltsrecht für den Lebensgefährten zu erstreiten, um mit diesem im Inland zusammenleben zu können, nicht gegeben. Die Prozesskosten gehören zur frei gestaltbaren Lebensführung und sind daher nicht zwangsläufig.
2. Der Schwerpunkt der Entscheidung betrifft die Problematik des Abzugs von Unterhaltsleistungen an den Partner einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft.
a) Seit 1996 sind grundsätzlich nur noch Unterhaltsleistungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen abziehbar (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG). Dazu gehört der gleichgeschlechtliche Lebensgefährte nur, wenn eine eingetragene Lebenspartnerschaft nach dem seit 2001 geltenden Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) besteht. Eingetragene Lebenspartner sind einander – vergleichbar mit Eheleuten – zum Unterhalt verpflichtet (§ 5 LPartG). Unterhaltsleistungen gegenüber dem nicht eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartner können daher nicht nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG berücksichtigt werden.
b) Nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG ist einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gleichgestellt eine Person, soweit bei ihr öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden. Darunter fielen nach bisheriger Rechtsprechung nur die Fälle, in denen gesetzlich vermutet wird, dass der Unterhalt durch eine andere Person sichergestellt ist, d.h. bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft (§ 122 BSHG) und bei Haushaltsgemeinschaft unter Verwandten oder Verschwägerten (§ 16 BSHG), jedoch nicht bei gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaft.
c) Ab 2005 wurde das BSHG durch das SGB XII abgelöst. Seither wird auch bei gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaft der Anspruch auf Sozialhilfe eines Partners wegen vermuteter Unterhaltsleistungen des anderen Partners gekürzt. Denn § 36 Satz 1 SGB XII stellt nur noch auf das gemeinsame Wohnen in einer Wohnung ab. Der gleichgeschlechtliche Lebenspartner ist damit einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person mit der Folge der Abziehbarkeit der Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG gleichgestellt. Eine Kürzung der Sozialhilfe unterbleibt nur dann, wenn der Hilfesuchende tatsächlich nicht unterstützt wird.
d) Für die Zeit bis 2004, d.h. bis zum Inkrafttreten des SGB XII, bejaht der BFH gleichwohl eine vergleichbare Zwangslage, wenn die Aufenthaltsberechtigung des Lebensgefährten von den Unterhaltsleistungen deshalb abhängig ist, weil der Lebensgefährte keine Aufenthaltsgenehmigung erhält, wenn er seinen Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten kann bzw. wenn sich der inländische Partner nicht gegenüber der Ausländerbehörde verpflichtet, die Kosten des Lebensunterhalts zu tragen. Wegen geänderter Rechtslage ab 2005 hat die Entscheidung für die Zukunft keine Bedeutung mehr.
e) Unterstützt der Steuerpflichtige eine Person, mit der er nicht in Haushaltsgemeinschaft lebt und der gegenüber er nicht gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist, z.B. Geschwist...