Dr. Hubertus Gschwendtner
Leitsatz
Wechselt der Komplementär während des Wirtschaftsjahrs in die Rechtsstellung eines Kommanditisten, so ist die Verlustverwertungsbeschränkung des § 15a EStG für das gesamte Wirtschaftsjahr und damit für den dem Gesellschafter insgesamt zuzurechnenden Anteil am Gewinn der KG zu beachten.
Normenkette
§ 15a EStG
Sachverhalt
Der bisherige persönlich haftende Gesellschafter Sch der Klägerin – einer KG – vereinbarte mit dem bisherigen Kommanditisten und dem neu eingetretenen persönlich haftenden Gesellschafter, dass er künftig als Kommanditist beteiligt sein solle. Die Umwandlung der Gesellschafterstellung wurde am 1.3.1995 in das Handelsregister eingetragen.
Die KG hatte in den Wirtschaftsjahren 1994 bis 1996 hohe Verluste erwirtschaftet, die das FA als lediglich verrechenbar i.S.v. § 15a EStG behandelte. Sch vertrat die Ansicht, dass sein Anteil an den Verlusten der Jahre 1994 und 1995 ausgleichsfähig sei. Das FG war unter Hinweis auf die nach § 160 Abs. 3 HGB fortbestehende Haftung des Kommanditisten der Ansicht, dass die Verluste 1994 in vollem Umfang und die Verluste 1995 für die Monate Januar und Februar ausgleichsfähig seien (EFG 2003, 36).
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil des FG insoweit auf, als es die im Jahr 1995 bis zur Statusänderung angefallenen Verluste als ausgleichsfähig beurteilt hat. § 15a EStG stelle auf das Stichtagsprinzip ab; das ergebe sich sowohl aus der für die Haftung mit der Einlage (§ 15a Abs. 1 Satz 1 EStG) als auch für die Außenhaftung (§ 15a Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG) getroffenen Regelungen und der diesen Regelungen zugrunde liegenden Typisierung, die unerwünschte Gestaltungsmöglichkeiten vermeiden und der einfachen Handhabung der Vorschrift dienen solle.
Hinweis
§ 15a EStG enthält keine ausdrückliche Regelung der Frage, auf welchen Zeitpunkt das die Verlustverwertungsbeschränkung auslösende negative Kapitalkonto eines Kommanditisten – oder eines vergleichbaren Mitunternehmers (§ 15 Abs. 5 EStG) – zu bestimmen ist, wenn dieser während des Jahres seinen gesellschaftsrechtlichen Status ändert, sei es vom Komplementär zum Kommanditisten (Streitfall) oder vom Kommanditisten zum Komplementär (vgl. dazu auch BFH, Urteil vom 14.10.2003, VIII R 38/02, in diesem Heft auf Seite 55).
Geregelt ist nur, dass die Entstehung oder Erhöhung des negativen Kapitalkontos durch einen Vergleich der Kapitalkontenstände am Anfang und am Ende des Jahres zu ermitteln ist. Die Entscheidung, welche Bedeutung der unterjährige Statuswechsel hat, hängt deshalb davon ab, ob man auf die gesellschaftsrechtliche Veränderung der an diesen Status geknüpften Haftungsverhältnisse oder darauf abstellt, welche Haftungsverhältnisse am Schluss des jeweiligen Wirtschaftsjahrs vorliegen (Stichtagsprinzip).
Stellt man auf das Stichtagsprinzip ab, ist der Statuswechsel während des Jahres ohne Bedeutung: Da der Kommanditist am Schluss des Wirtschaftsjahrs beschränkt haftet, ist § 15a EStG auf ihn ohne Aufteilung pro rata temporis anzuwenden. Weitere Folge dieser Typisierung ist, dass sich die Höhe des nach § 15a EStG lediglich verrechenbaren Verlusts ebenfalls ungeachtet dessen nach dem Kapitalkontenvergleich bestimmt, da der Kommanditist am Anfang des Jahres noch unbeschränkt persönlich haftender Gesellschafter und deshalb vom Regelungsbereich des § 15a EStG noch nicht erfasst war. Das gilt sowohl für den Fall, dass eine OHG in eine KG umgewandelt wird, als auch für den Fall, dass der Komplementär einer KG der Gesellschaft künftig nur noch als Kommanditist angehört.
Der BFH hat sich in der bisher noch ungeklärten Frage für das Stichtagsprinzip entschieden. Offen – und vom BFH im Streitfall nicht entschieden – ist hier nur noch, ob am Bilanzstichtag nicht nur der Gesellschaftsvertrag geändert, sondern auch die Haftungsbeschränkung im Handelsregister eingetragen sein muss. Die formalisierte Regelung in § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG (Maßgeblichkeit der Registereintragung für den "erweiterten Verlustausgleich") spricht für Letzteres.
Das hat u.a. auch zur Folge, dass die – unbeschränkte – sog. Nachhaftung des Kommanditisten für vor der Beteiligungsumwandlung begründete Gesellschaftsverbindlichkeiten (§ 160 Abs. 3 HGB) schon deshalb nicht zu einem "erweiterten Verlustausgleich" führt, weil diese Haftungsfolge in § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG nicht genannt ist (keine Erstreckung der Rechtsfolgen des § 15a EStG auf andere Haftungstatbestände als § 171 Abs. 1 HGB, vgl. u.a. BFH, Urteil vom 14.12.1999, IX R 7/95, BStBl II 2000, 265). Liegt also die "Gestaltungs-Lösung" in einem Ausscheiden des Gesellschafters als Komplementär und einem späteren Wiedereintritt als Kommanditist?
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 14.10.2003, VIII R 81/02