Leitsatz
Bei der Verschmelzung einer Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen an der übernehmenden Gesellschaft handelt es sich auch nach Maßgabe des § 20 UmwStG 1995 um einen tauschähnlichen und damit entgeltlichen Vorgang. Bei der Einbringung anfallende Grunderwerbsteuer gehört bei der übernehmenden Gesellschaft deshalb zu den aktivierungspflichtigen Anschaffungsnebenkosten (Fortführung des Senatsurteils vom 15.10.1997, I R 22/96, BStBl II 1998, 168; Bestätigung des BMF-Schreibens vom 25.3.1998, BStBl I 1998, 268 Tz. 20.01).
Normenkette
§ 20 UmwStG , § 22 Abs. 3 UmwStG , § 255 Abs. 1 HGB
Sachverhalt
Klägerin des Urteilsfalls war eine GmbH, die bis zum 31.12.1995 als Komplementärin einer GmbH & Co. KG fungierte. Deren Vermögen, an dem die Klägerin nicht beteiligt war, wurde mit Verschmelzungsvertrag vom 27.8.1996 gegen Gewährung neuer Anteile und unter Vornahme einer Kapitalerhöhung gem. § 2 Nr. 1 UmwG rückwirkend zum 1.1.1996 auf die Klägerin übertragen. Diese hatte das übernommene Vermögen (u.a. Grundbesitz) mit Zwischenwerten angesetzt.
Das FA behandelte die anlässlich der Verschmelzung angefallene und der Klägerin gegenüber durch (bestandskräftigen) Bescheid festgesetzte Grunderwerbsteuer abweichend von der Klägerin nur in Höhe der anteiligen AfA als abzugsfähige BA, im Übrigen aber als zu aktivierende Anschaffungsnebenkosten.
Die dagegen gerichtete Klage war erfolgreich (EFG 2003, 339).
Entscheidung
Der BFH gab hingegen dem FA Recht. Er bestätigte das BMF-Schreiben vom 25.3.1998 (BStBl I 1998, 268 Tz. 20.01) und sah mit diesem in der Verschmelzung einen im UmwStG sondergesetzlich geregelten Anschaffungsvorgang. Die angefallene Grunderwerbsteuer sei deswegen zu aktivieren.
Hinweis
1. Zum alten (§ 20) UmwStG 1977 hat der BFH wiederholt entschieden, dass er in der Verschmelzung von einer Personen- auf eine Kapitalgesellschaft (und auch umgekehrt) einen tauschähnlichen Vorgang sieht, der als Anschaffung zu werten sei (BFH, Urteil vom 15.10.1997, I R 22/96, BStBl II 1998, 168; vom 5.6.2002, I R 6/01, BFH/NV 2003, 88; vom 19.10.1998, VIII R 69/95, BStBl II 2000, 230). Mit dem nunmehrigen Urteil steht fest, dass Nämliches auch für das neue UmwStG 1995 gilt:
Die Neuregelungen geben dem BFH keine Veranlassung, die Rechtslage abweichend einzuschätzen. Es macht für ihn keinen Unterschied, ob sich die Einbringung im Weg der Einzelrechtsnachfolge durch Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter oder aber der Gesamtrechtsnachfolge nach Maßgabe des UmwG vollzieht. In dem einen wie in dem anderen Fall würden Rechte und Pflichten gegen Gewährung neuer Anteile übertragen.
2. Folge: Nach wie vor führen objektbezogene Kosten, welche erst anlässlich der Verschmelzung und durch diese ausgelöst – ausschließlich – in der Person des Übernehmenden entstehen, namentlich also die Grunderwerbsteuer für mitübertragenen Grundbesitz, zu zusätzlichen Anschaffungskosten, die als solche zu aktivieren sind.
3. Der vom BFH vollzogene Schritt war vielleicht zu erwarten, so gänzlich über jeglichen Zweifel erhaben war er indes sicher nicht. Denn mit der Neuschaffung des UmwStG 1995 wurde der noch im alten UmwStG 1977 enthaltene § 5 Abs. 2, der eine explizite Anschaffungsfiktion enthielt, ersatzlos gestrichen, und zwar nach Meinung der amtlichen Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 12/6885), weil sich die Annahme eines Anschaffungsvorgangs nicht mit der Anordnung der Gesamtrechtsnachfolge in § 22 Abs. 3 UmwStG 1995 vertrage.
Der BFH sieht dies (wohl zu Recht) anders: Das (zivilrechtliche) Rechtsinstitut der (sachlich-rechtlichen) Gesamtrechtsnachfolge schließt einen zugrunde liegenden (obligationsrechtlichen) Anschaffungsvorgang keineswegs aus. Beides steht im Ansatz unverbunden nebeneinander.
4. Im Mittelpunkt der geltend gemachten Gegeneinwände steht vor allem der Anschaffungskostenbegriff des § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB: Ein entgeltlicher Erwerb liegt dann vor, wenn der Veräußerer Vermögen überträgt und der Erwerber für die dadurch erlangten Vorteile eine Gegenleistung erbringt. Bei der Sacheinlage von Vermögen in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erlangt die Gesellschaft aus der Begründung der Gesellschaftsrechte eine Einlageforderung und weist in entsprechender Höhe einen Eigenkapitalzugang aus. Erbringt der Gesellschafter im Anschluss daran eine Sacheinlage, so tauscht die Gesellschaft die Einlageforderung gegen die Sachleistung des Gesellschafters ein.
Infolgedessen entstehen auf Gesellschaftsebene Anschaffungskosten in Höhe der aufgewandten Einlageforderung, die wertmäßig dem gemeinen Wert bzw. dem Teilwert des einzubringenden Vermögens entspricht.
5. Es fällt auf, dass die Finanzverwaltung bei der Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft von den von ihr ansonsten mitgetragenen Grundsätzen der Rechtsprechung abweicht und die Grunderwerbsteuer dort als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben behandeln will (BMF, Schreiben in BStBl I 1998, 268 Tz. 04.43)...