Prof. Dr. Michael Preißer
Rz. 1746
Mit dem Steuersenkungsgesetz (StSenkG v. 23.10.2000, BGBl 2000 I S. 1433) wurde das seit 1977 gültige körperschaftsteuerliche (Voll-)Anrechnungsverfahren mit Wirkung zum 1.1.2001 durch das sog. Halbeinkünfteverfahren ersetzt. Ab dem VZ 2009 wurde das Halbeinkünfteverfahren zu einem Teileinkünfteverfahren modifiziert sowie die sog. Abgeltungsteuer eingeführt.
1.5.1 Abgeltungssteuer
Rz. 1747
Im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 ist die Einführung einer sog. Abgeltungsteuer ab dem Veranlagungszeitraum 2009 beschlossen worden. Damit ist zukünftig für die Besteuerung auf Anteilseignerebene danach zu unterscheiden, ob die Gesellschafts-Anteile im steuerlichen Privatvermögen oder im Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens bzw. einer Personengesellschaft gehalten werden.
Rz. 1748
Sind die GmbH-Geschäftsanteile dem Privatvermögen zuzuordnen, findet grds., d. h. ohne die Anwendung des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG, die Abgeltungsteuer (§ 32d EStG) Anwendung, wonach die gesamten ausgekehrten Gewinne grundsätzlich pauschal mit 25 % an der Quelle besteuert werden. Die Besteuerung entfaltet Abgeltungswirkung, sodass die Einkünfte nicht mehr im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen sind. Auf Antrag können die Einkünfte jedoch in die Veranlagung einbezogen werden, um so von einem niedrigeren individuellen persönlichen Einkommensteuersatz profitieren zu können (sog. Günstigerprüfung, § 32d Abs. 6 EStG). Tatsächlich angefallene Werbungskosten sind in beiden Fällen vom Abzug ausgeschlossen (§ 20 Abs. 9 EStG).
Berechnungsbeispiel für Beteiligung im Privatvermögen (ohne GewSt und ohne Soli):
I) Ebene der KapG:
Gewinn vor Steuern: |
100 TEUR |
./. KSt (15 %) |
./.15 TEUR |
Ausschüttungsfähiger Gewinn |
85 TEUR |
II) Ebene des Gesellschafters
Ausschüttung (Dividende) |
85 TEUR |
./.Abgeltungsteuer (25 % gem. § 32d Abs. 1 S. 1 EStG) (Abgeltung durch Einbehalt der KapG) |
./. 21,25 TEUR |
Nettoausschüttung |
63,75 TEUR |
Betriebsvermögen
Werden die Anteile hingegen im Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft gehalten, an der natürliche Personen beteiligt sind, wird das Halbeinkünfteverfahren durch das Teileinkünfteverfahren ersetzt. Beim Gesellschafter (natürliche Person) sind die ausgekehrten Gewinne der Kapitalgesellschaft zur Abmilderung der Doppelbesteuerung zu 60 % (§ 3 Nr. 40 EStG) steuerpflichtig. Aufwendungen können im Gegenzug ebenfalls zu 60 % steuerlich geltend gemacht werden (§ 3c Abs. 2 EStG).
1.5.2 Funktions- und Wirkungsweise des Teileinkünfteverfahrens
Rz. 1749
Mit dem Steuersenkungsgesetz wurde das seit 1977 gültige körperschaftsteuerliche (Voll-) Anrechnungsverfahren mit Wirkung zum 1.1.2001 durch das sog. Halbeinkünfteverfahren (eigentlich: Halbeinnahmen- und -ausgabenverfahren) ersetzt. Im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 ist die Ersetzung des Halbeinkünfteverfahrens durch ein Teileinkünfteverfahren ab dem Veranlagungszeitraum 2009 beschlossen worden. Das Teileinkünfteverfahren ist durch eine strikte Trennung der Besteuerung der Kapitalgesellschaft als Gesellschaft und der Besteuerung ihrer Anteilseigner (Gesellschafter) gekennzeichnet. Es handelt sich dabei um ein sog. klassisches Körperschaftsteuersystem, bei dem eine voneinander unabhängige Besteuerung auf Gesellschafts- und Gesellschafterebene durchgeführt wird. Dies führt im Grundsatz dazu, dass – insbesondere bei mehreren Beteiligungsstufen – hinsichtlich der Steuerbelastung "Kumulationswirkungen" eintreten. Um die steuerliche Gesamtbelastung durch die doppelte Besteuerung der Gewinne einer Kapitalgesellschaft einmal auf Ebene der Gesellschaft und anschließend beim Gesellschafter (z. B. in Form von Dividenden) abzumildern, erfolgt die Besteuerung bei der Kapitalgesellschaft mit einem – im Vergleich zum Anrechnungsverfahren – abgesenkten und einheitlichen Körperschaftsteuersatz von 15 % (in den Veranlagungszeiträumen 2001 bis 2007: 25 %).
Rz. 1750
Beim Gesellschafter sind die ausgekehrten Gewinne zur Abmilderung der Doppelbesteuerung – abhängig von der Rechtsform des Gesellschafters – entweder:
- in voller Höhe nicht steuerpflichtig (so bei Kapitalgesellschaften), wobei 5 % der Auskehrung als nicht abziehbare Betriebsausgaben – und damit als steuerpflichtig – behandelt werden, § 8b KStG oder
- nur zu 60 % (natürliche Person, § 3 Nr. 40 EStG) steuerpflichtig; im Gegenzug können Aufwendungen auch nur zu 60 % steuerlich geltend gemacht werden, § 3c Abs. 2 EStG.
Rz. 1751
Nach der Vorstellung des Gesetzgebers wird so insgesamt eine einmalige "Vollbesteuerung" der Gewinne einer Kapitalgesellschaft gewährleistet: Selbstverständlich tritt die Idealvorstellung einer einmaligen "Vollbesteuerung" zumeist nur für den dargestellten Grundfall ein.
Rz. 1752
Die steuerlichen Belastungswirkungen im Veranlagungszeitraum 2019 zeigt die folgende Übersicht, wobei die Gewerbesteuer und der Solidaritätszuschlag aus Vereinfachungsgründen außer Betracht bleiben:
Ebene der GmbH:
Gewinn vor Steuern |
100,00 |
./. KSt (15 %) |
./. 15,00 |
Gewinn nach KSt |
85,00 |
./. KapSt (25 %) |
./. 21,25 |
Auszahlung an den Anteilseigner |
63,75 |
Ebene des Ant...