Inna Disser, Dr. Gebhard Zemke
Rz. 7
Der wesentliche Normzweck der SFDR besteht darin, eine Harmonisierung der Angaben zu nachhaltigen Investitionen zu erreichen und diese für private Anleger attraktiver zu machen. Dadurch soll eine Regulierung der europäischen Finanzmittelflüsse zur Erreichung der Ziele des Übereinkommens von Paris ermöglicht werden. Die Offenlegungspflichten sollen nicht nur Greenwashing verhindern und so die Integrität der Produkte stärken; durch gleichmäßige Wettbewerbsbedingungen soll der Anleger Finanzprodukte auch besser vergleichen können. Man hofft, durch die neu geschaffene Transparenz das Marktbewusstsein für den bisherigen Nischenmarkt nachhaltiger Anlageprodukte zu erhöhen.
Die 3 Hauptziele der SFDR sind im "Aktionsplan: Finanzierung nachhaltigen Wachstums" der EU-Kommission final festgelegt. Neben der Neuausrichtung der Kapitalflüsse zur Erreichung eines nachhaltigen und integrativen Wachstums (1) und der Förderung von Transparenz und Langfristigkeit in der Finanz- und Wirtschaftstätigkeit (2) wurde die Einbettung der Nachhaltigkeit in das Risikomanagement bei Finanzentscheidungen (3) als konstitutiv für die SFDR gesetzt.
Im Zentrum der Verordnung steht daher die Einführung von Transparenzregelungen im Hinblick auf die ökologischen und/oder sozialen Merkmale bzw. nachhaltige Investitionen der am Markt angebotenen Finanzprodukte.
Rz. 8
Die SFDR gilt für alle Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater, die in der EU tätig sind. Nicht-EU-Unternehmen sind indirekt durch ihre EU-Tochtergesellschaften, die Erbringung von Dienstleistungen in der EU und den zunehmenden Marktdruck betroffen.
Gem. Art. 2 Nr. 1 SFDR umschließt der Begriff "Finanzmarktteilnehmer" Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, die Portfolioverwaltung erbringen, Verwalter von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) und alternativer Investmentfonds (AIFs) inkl. Verwalter von europäischen langfristigen Investmentfonds (ELTIF), Verwalter qualifizierter Risikokapitalfonds (EuVECA) und Verwalter qualifizierter Fonds für soziales Unternehmertum (EuSEF).
Im Versicherungsbereich richtet sich die Verordnung v. a. an Versicherungsunternehmen, die Versicherungsanlageprodukte (Insurance-based Investment Products – IBIP) anbieten, an Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) sowie Hersteller von Altersvorsorgeprodukten. Auch Lebensversicherungen und Anbieter von Paneuropäischen Privaten Pensionsprodukten (Pan-European Personal Pension Product – PEPP) sind betroffen.
Unter den Begriff "Finanzberater" gem. Art. 2 Nr. 11 der SFDR fallen Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, OGAW- und AIF-Verwaltungsgesellschaften, die Anlageberatung nach WpHG bzw. nach KAGB erbringen. Die Definition des Finanzberaters gem. der SFDR umfasst auch Finanzberater, die ausschl. Anlageberatung über Finanzprodukte ausüben, die nicht von der SFDR erfasst sind (z. B. Aktien börsennotierter Unternehmen, Unternehmensanleihen etc.). Die betroffenen Finanzberater in der Assekuranz sind Versicherungsberater und Versicherungsunternehmen, die jeweils Versicherungsberatung für IBIPs anbieten. Vom Anwendungsbereich der SFDR sollen gem. Art. 17 Abs. 1 SFDR lediglich "kleine" Versicherungsvermittler und Anlageberater ausgeschlossen sein, die weniger als 3 Personen beschäftigen.
Rz. 9
Vom Begriff des Finanzprodukts sind nach Art. 2 Nr. 12 der SFDR insbes. Produkte umfasst, die Kapital von Investoren einsammeln und das entsprechende Kapital für Investitionszwecke verwenden. Dazu zählen v. a. die sog. segregated accounts nach WpHG und Investmentvermögen in Form von OGAWs bzw. AIFs. Das verfügbare Kapital wird insbes. mithilfe der zuletzt genannten Investmentvermögen in weitere unternehmerische Beteiligungen, auch Private-Equity- oder Venture-Capital-Beteiligungen z. T. über komplexe Akquisitions- und Holdingstrukturen investiert. Damit haben die Verwalter dieser Fonds zukünftig verstärkt Veröffentlichungen zu Nachhaltigkeitsrisiken und deren Auswirkungen auf das Fondsvermögen vorzunehmen. Im Versicherungsbereich sind vom Begriff "Finanzprodukt" IBIPs, Altersvorsorgeprodukte, Altersversorgungssysteme und Paneuropäische Private Pensionsprodukte abgedeckt.