Leitsatz
Die Regelung in § 18 Abs. 2 UmwStG 2002, wonach ein Übernahmegewinn oder -verlust gewerbesteuerlich nicht zu erfassen ist, ist mit dem GG vereinbar.
Normenkette
§ 4 Abs. 3, § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG, § 7 Satz 1 GewStG, § 4 Abs. 1, Abs. 4, Abs. 6, § 9 Abs. 1, § 18 Abs. 1, Abs. 2 UmwStG 2002 (= UmwStG 1995 i.d.F. des StSenkG 2001/2002), § 242 Abs. 1 HGB, § 5 Abs. 1 Nr. 6, § 17 Abs. 2 Satz 1 UmwG, Art. 3 Abs. 1 GG
Sachverhalt
Der Kläger betrieb 2005 ein gewerbliches Einzelunternehmen, dessen beim FA eingereichte Einnahmenüberschussrechnung vom 19.5.2006 einen Gewinn von 546 EUR auswies. Ende Juni 2006 legte er dem FA eine berichtigte Einnahmenüberschussrechnung mit einem Verlust von 77.452 EUR vor und erläuterte, er habe zum 1.1.2003 alle Anteile an einer GmbH für 77.999 EUR erworben. Der Wert der zum notwendigen Betriebsvermögen gehörenden Beteiligung habe zum 31.12.2005 nur noch 1 EUR betragen, weil die GmbH von 2003 bis 2005 Verluste von 184.676 EUR erwirtschaftet habe und eine wesentliche Änderung der Ertragslage nicht zu erwarten gewesen sei.
Die GmbH wurde mit Vertrag vom 10.7.2006 auf das Einzelunternehmen des Klägers verschmolzen und die Verschmelzung am 9.8.2006 ins Handelsregister eingetragen. Die Eröffnungsbilanz des dadurch entstandenen Einzelunternehmens zum 1.1.2006 wies einen Übernahmeverlust aus der Verschmelzung in Höhe von 131.864 EUR aus, der sich aus einem negativen Wert des Betriebsvermögens der GmbH (Schlussbilanz zum 31.12.2005) und der mit 1 EUR angesetzten GmbH-Beteiligung ergab.
Nach einer Betriebsprüfung wurde die für 2005 vorgenommene Teilwertabschreibung auf die GmbH-Beteiligung versagt. Das FA änderte den Gewerbesteuermessbetrag 2005 auf 0 EUR sowie den vortragsfähigen Gewebeverlust auf den 31.12.2005 auf 2.641 EUR und auf den 31.12.2006 auf 0 EUR. Einsprüche und Klage blieben erfolglos (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 26.7.2011, 2 K 124/10, Haufe-Index 3699256).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück.
Hinweis
Es handelt sich um den Parallelfall des zur Einkommensteuer ergangenen Urteils III R 13/13 (BFH/NV 2016, 841, BFH/PR 2016, 214). Sachverhalt und Entscheidungsgründe sind weithin identisch; das vorliegende Urteil behandelt zusätzlich § 18 Abs. 2 UmwStG 2002.
1. Der Kläger hatte, wie in der Besprechung des Urteils III R 13/13 (BFH/NV 2016, 841) dargelegt, für 2005 sein Gewinnermittlungswahlrecht zugunsten der Einnahmenüberschussrechnung ausgeübt; ein Wechsel zum Bestandsvergleich war ausgeschlossen. Daher konnte er keine Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 EStG auf seine wertlos gewordene GmbH-Beteiligung vornehmen. Bei Verschmelzung einer (bestehenden) GmbH ist der Beteiligungsaufwand auch nicht bereits vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag endgültig verloren; die beim übernehmenden Einzelunternehmer eintretenden Besteuerungsfolgen ergeben sich aus § 4 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 2002.
2. Nach § 18 Abs. 2 UmwStG 2002 ist ein Übernahmeverlust für gewerbesteuerrechtliche Zwecke nicht zu erfassen, sodass die für die Beteiligung aufgewendeten Mittel im Streitfall im Ergebnis unberücksichtigt bleiben. § 18 Abs. 2 UmwStG 2002 durchbricht damit das objektive Nettoprinzip, das (mit Einschränkungen aufgrund des Objektsteuercharakters) auch für die Gewerbesteuer gilt. Dieser Verstoß fügt sich nahtlos in das Verlustabzugssystem des Gewerbesteuerrechts ein, wonach ein Verlustabzug gemäß § 10a GewStG voraussetzt, dass sowohl die sog. Unternehmensidentität als auch die sog. Unternehmeridentität besteht. Denn bei der Verschmelzung auf einen übernehmenden Rechtsträger erlischt die Kapitalgesellschaft und es kommt zu einem Unternehmerwechsel; der übernehmende Rechtsträger soll die von der Kapitalgesellschaft erwirtschafteten Verluste gewerbesteuerrechtlich nicht nutzen können. Die Regelung ist daher sachlich gerechtfertigt und verfassungsrechtlich unbedenklich.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 5.11.2015 – III R 12/13