3.5.1 Erstellung durch den Vorstand (und den Aufsichtsrat)
Rz. 27
Die durch das BilMoG 2009 eingeführte Erklärung zur Unternehmensführung wurde seither um die sog. Diversitätsberichterstattung in § 289f HGB erweitert. Neben Unternehmensführungspraktiken, die über die gesetzlichen Anforderungen hinaus gemacht werden, und einer Darlegung der Zusammensetzung und Arbeitsweise von Vorstand und Aufsichtsrat sowie der eingerichteten Ausschüsse dieser Gremien zählt die Diversität auf Ebene von Vorstand und Aufsichtsrat zu den elementaren Inhalten der Erklärung zur Unternehmensführung. Neben dem Start der zwingenden Diversitätsberichterstattung durch das FüPoG I wurde mit dem CSR-RUG eine Berichtspflicht eingeführt, welche das Diversitätskonzept im Hinblick auf die Zusammensetzung von Vorstand und Aufsichtsrat einschl. der Ziele des Konzepts, der Art und Weise seiner Umsetzung und die im Geschäftsjahr erreichten Ergebnisse adressiert. Auch bei der Erklärung zur Unternehmensführung ist die Pflichtprüfung durch den Abschlussprüfer auf formelle Aspekte begrenzt (§ 317 Abs. 2 S. 4 HGB).
Rz. 28
Die Neufassung der EU-Aktionärsrechte-Richtlinie 2017/828 beinhaltete u. a. die EU-weite Einführung eines Vergütungsberichts. Der Vergütungsbericht bildet die dritte Teilmenge der nichtfinanziellen Berichterstattung neben Erklärung zur Unternehmensführung und nichtfinanzieller Erklärung; dieser kann nicht mit der bestehenden Erklärung zur Unternehmensführung vernetzt werden. Lediglich ein Verweis auf die Internethomepage, auf der sich der Vergütungsbericht befindet, wird in der Erklärung zur Unternehmensführung aufgenommen (§ 289f Abs. 2 Nr. 1a HGB). Durch die Einbeziehung nichtfinanzieller Leistungsindikatoren nach dem ARUG II stellt der Vergütungsbericht nach § 162 AktG auch eine gewichtige Komponente der ESG-Berichterstattung bei PIEs dar. Abweichend zu den anderen Erklärungen muss nach § 162 AktG ausdrücklich eine gemeinsame Erstellung des Vergütungsberichts durch Vorstand und Aufsichtsrat erfolgen.
3.5.2 Prüfung durch den Aufsichtsrat
Rz. 29
In § 171 AktG ist keine explizite Prüfungspflicht des Aufsichtsrats bezogen auf die Erklärung zur Unternehmensführung, anders als bei der nichtfinanziellen Erklärung, kodifiziert. Strittig ist daher, inwiefern der Aufsichtsrat die Erklärung zur Unternehmensführung überhaupt nach § 171 AktG prüfen muss. Nach Maßgabe der allgemeinen Überwachungsnorm des § 111 Abs. 1 AktG unterstellt Mock eine materielle Prüfungspflicht der Erklärung zur Unternehmensführung durch den Aufsichtsrat. Hennrichs/Pöschke verneinen dagegen eine Prüfungspflicht des Aufsichtsrats gem. § 171 Abs. 1 AktG mit Verweis auf das Ausweiswahlrecht des Vorstands. In Übereinstimmung zur nichtfinanziellen Erklärung hat der Aufsichtsrat jedoch wiederum die Möglichkeit, einen freiwilligen Prüfungsauftrag zur inhaltlichen Begutachtung der Erklärung zu erteilen.
Rz. 30
Infolge der zunehmenden Vernetzung der Nachhaltigkeits- und Corporate-Governance-Informationen (ESG-Bericht), die auch durch die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (§ 9 Rz 55 ff.) vorangetrieben wird, empfiehlt sich eine inhaltliche Prüfung der Erklärung der Unternehmensführung durch eine unternehmensexterne Partei, um die Verlässlichkeitslücke zu überwinden und die Vertrauenswürdigkeit der Corporate-Governance-Berichterstattung gegenüber Kapitalgebern und anderen Stakeholder-Gruppen zu steigern.