Leitsatz

Eine Abfindung, die ein angestellter Versicherungsvertreter von seinem Arbeitgeber für die Verkleinerung seines Bezirks erhält, kann eine Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG sein, die nach § 34 Abs. 1, 2 EStG tarifbegünstigt zu besteuern ist.

 

Normenkette

§ 24 Nr. 1, § 34 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger war seit 1991 Leiter der Geschäftsstelle A einer Versicherungs-AG (AG). Seine Vergütung setzte sich zusammen aus einem monatlichen Bruttogehalt, einer sog. Geschäftsbeteiligung sowie Barprovisionen und Reisekostenvergütungen.

Zum 1.1.1993 beschloss die AG aus dem vom Kläger betreuten Gebiet einen Organisationsbereich auszugliedern und eine neue Niederlassung zu gründen. Als Abgeltung für die künftig fortfallenden Einnahmen bot die AG dem Kläger die Zahlung von jährlichen Abfindungen auf die Dauer von 10 Jahren an. Auf Wunsch des Klägers wurden die Zahlungen kapitalisiert. Dementsprechend floss dem Kläger im Jahr 1993 eine Einmalzahlung in Höhe von 730 000 DM zu.

Das FA versagte eine Tarifbegünstigung der Abfindung mit der Begründung, dass aufgrund der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses lediglich ein bereits vertraglich bestehender Vergütungsanspruch teilweise abgelöst worden sei. Das FG gab der Klage statt (EFG 2000, 367).

 

Entscheidung

Der BFH hob auf die Revision des FA das Urteil des FG auf und verwies die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurück.

Anders als das FG sah der BFH für die Abfindungszahlung den Tatbestand des § 24 Nr. 1a EStG nicht als erfüllt an. Ob die Abfindung insgesamt eine Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1b EStG darstellt, konnte der BFH mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen durch das FG nicht entscheiden.

Das FG wird nun zu prüfen haben, in welchem Umfang die Abfindung für die Nichtausübung einer Tätigkeit gezahlt worden ist; denn nur insoweit kann die Zahlung steuerbegünstigt sein.

 

Hinweis

Das Urteil ist von besonderer Wichtigkeit, weil der BFH darin die Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen (§ 24 Nr. 1a EStG)abgrenzt von den Entschädigungen, die für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit (§ 24 Nr. 1b EStG) gewährt werden. Zwar liegen in beiden Fällen außerordentliche Einkünfte vor, die nach § 34 EStG grundsätzlich tarifbegünstigt sind. Gerade der Urteilsfall macht aber deutlich, wann und warum eine klare Abgrenzung für die Gewährung der Begünstigung entscheidend sein kann.

1. Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des BFH ist der Tatbestand des § 24 Nr. 1a EStG nur bei Beendigung des bestehenden Rechtsverhältnisses erfüllt. Wenn das Arbeitsverhältnis fortbesteht und der Arbeitnehmer wegen der quantitativen Einschränkung seiner Verdienstmöglichkeiten eine Abfindung für entgangene oder entgehende Einnahmen bekommt, so ist die Abfindung nicht tarifbegünstigt.

Da die quantitative Einschränkung der Arbeitnehmerleistung auch nicht mit der Veräußerung oder Aufgabe eines Teilbetriebs vergleichbar ist, könnte die Tarifbegünstigung auch nicht aus § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG abgeleitet werden.

2. Nachdem § 24 Nr. 1b EStG nur die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit verlangt, ein Rechtsverhältnis zwischen Entschädigendem und Entschädigtem demnach nicht bestanden haben muss, ist die Beendigung der Rechtsbeziehungen in diesem Fall nicht Voraussetzung für die Gewährung der Tarifbegünstigung.

Nach der räumlichen Einschränkung seines Versicherungsbezirks darf ein Versicherungsvertreter in dem ausgegliederten Bereich seine Tätigkeit nicht mehr ausüben. Eine als Folge der Einschränkung vom Arbeitgeber gezahlte Abfindung kann deshalb auch für die Nichtausübung einer Tätigkeit gezahlt worden und insoweit tarifbegünstigt sein.

3. Eine Begünstigung der Entschädigung nach § 24 Nr. 1c EStG scheidet aus, wenn ein Versicherungsvertreter kein selbstständiger Gewerbetreibender ist und ihm deshalb kein gesetzlicher Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB zusteht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.1.2001, XI R 7/00

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