Leitsatz
Der gewinnabhängige Tantiemeanspruch eines leitenden Angestellten ist keine Gewinnbeteiligung i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG.
Normenkette
§ 24 Nr. 1 Buchst. a und b EStG , § 34 Abs. 2 EStG
Sachverhalt
Der Kläger war seit 1973 als Geschäftsführer bei der Z-GmbH beschäftigt. Der Anstellungsvertrag enthielt neben der Regelung der Bezüge (Festgehalt und Tantieme) die Zusage einer weiteren Tantieme für den Fall des Todes des Z. Nachdem die Gesellschafter den Kläger im Jahr 1990 davon unterrichtet hatten, dass im Hinblick auf die finanzielle Situation des Unternehmens der aufschiebend bedingte Tantiemeanspruch nicht mehr aufrechterhalten werden könne, verzichtete der Kläger auf diesen gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 10 Mio. DM.
Das FA lehnte eine tarifbegünstigte Versteuerung der Abfindung ab. Das FG wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück.
Eine Entschädigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG liege nicht vor, da das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst worden sei. Vielmehr sei im Rahmen des bisherigen Rechtsverhältnisses ein bestehender Anspruch durch den Vertragspartner abgegolten worden.
Auch eine Entschädigung für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung nach § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG sei nicht gegeben. Der zugesagte Tantiemeanspruch sei Teil des Arbeitslohns.
Hinweis
1. Die Beurteilung einer Abfindung eines Arbeitnehmers als Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst.a EStG setzt voraus, dass das Arbeitsverhältnis beendet wird. Die Vorschrift dient der Abgeltung und Abwicklung von Interessen aus einem bisherigen Rechtsverhältnis. Eine ihre Anwendung rechtfertigende neue Rechtsgrundlage ist nach der Rechtsprechung des BFH nicht gegeben, wenn unter Fortsetzung des bisherigen Rechtsverhältnisses ein bestehender Anspruch durch den Vertragspartner abgegolten wird.
Im Streitfall ist die Abfindung als Gegenleistung für den Verzicht auf die aufschiebend bedingten Tantiemeansprüche gezahlt worden – bei ansonsten unverändert fortgeführtem Arbeitsverhältnis. Es handelt sich insoweit um eine bloße Vertragsänderung, die zu keiner Einschränkung bestehender Ansprüche geführt hat, sondern lediglich zu deren Kapitalisierung.
2. Obwohl die zukünftige Tantieme gewinnabhängig sein sollte – also eine nach § 86 AktG zu berechnende Beteiligung an dem von der Gesellschaft erzielten Gewinn beinhaltete –, stellt die zu ihrer Abgeltung gezahlte Abfindung keine Entschädigung für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung nach § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG dar.
Denn unter Gewinnbeteiligung i.S. dieser Vorschrift versteht der BFH lediglich gesellschaftsrechtliche Beteiligungen. Dazu gehört in erster Linie eine Beteiligung als Mitunternehmer. Aber auch eine Beteiligung als stiller Gesellschafter ist ausreichend. So hat der BFH bereits mehrfach entschieden, dass eine Entschädigung für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung dann vorliegen kann, wenn eine den Betrag der Vermögenseinlage übersteigende Abfindung anlässlich der vorzeitigen Auflösung einer stillen Gesellschaft gezahlt wird.
Im Streitfall sind hingegen keine gesellschaftsrechtlichen Ansprüche abgefunden worden. Der im Anstellungsvertrag zugesagte Tantiemeanspruch sollte lediglich ein zusätzliches Entgelt für die zu erbringende nichtselbstständige Arbeitsleistung sein. Er war damit Teil des Arbeitslohns. Dass dieser Teil nach dem erwirtschafteten Gewinn des Unternehmens zu bemessen war, bedeutet lediglich einen Anreiz für besonderen Arbeitseinsatz (ähnlich einer Umsatzprovision); die Tantiemezahlungen werden deshalb aber nicht aufgrund einer Gewinnbeteiligung gezahlt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 10.10.2001, XI R 50/99