Leitsatz
Wird der gegenüber einer Personengesellschaft bestehende Pensionsanspruch eines Gesellschafters anlässlich der Aufgabe des Betriebs der Gesellschaft abgefunden, so mindert sich hierdurch der Aufgabegewinn der Gesellschaft. Beim Gesellschafter stellt die Abfindung eine Sondervergütung dar, die seinen Anteil am Aufgabegewinn erhöht.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG , § 16 Abs. 2 EStG
Sachverhalt
Eine KG hatte im Zusammenhang mit ihrer Liquidation im Jahr 1997 Pensionsansprüche eines Gesellschafters abgefunden. Der betreffende Gesellschafter hatte seine Zustimmung zur Liquidation von der Abfindung abhängig gemacht. Weder vor noch nach Beginn der Pensionsleistungen im Jahr 1991 waren die Pensionsverpflichtungen von der KG bilanziert worden. Der Abfindungsbetrag wurde als Anteil des Gesellschafters am Aufgabegewinn behandelt.
Das FA war der Meinung, die Abfindungsverbindlichkeit hätte bilanziert werden müssen. Dies hatte zur Folge, dass der laufende Gewinn des letzten Wirtschaftsjahrs um den Abfindungsbetrag vermindert wurde. Gleichzeitig ergab sich für den Gesellschafter eine Sonderbetriebseinnahme. Im Ergebnis wurde dem Gesellschafter dadurch laufender Gewinn zugerechnet, während sich sein tarifbegünstigter Gewinnanteil minderte.
Außerdem bewirkte die Behandlung des Vorgangs durch die Finanzverwaltung, dass Nießbrauchberechtigte an Kommanditanteilen anderer Gesellschafter niedrigere Anteile am laufenden Gewinn zugewiesen erhielten, während sich die Aufgabegewinnanteile der nießbrauchsbelasteten Kommanditisten erhöhten.
Sowohl der abgefundene Gesellschafter als auch nießbrauchsbelastete Gesellschafter griffen den betreffenden Gewinnfeststellungsbescheid mit der Klage an, hatten aber beim FG zunächst keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BFH gab den Revisionen statt. Zwar sei der Abfindungsanspruch bei der KG zu passivieren. Die Ablösung der Verbindlichkeit führe aber zu Aufgabekosten und mindere deshalb den Aufgabegewinn. Der Abfindungsbetrag sei dem betreffenden Gesellschafter zuzurechnen.
Hinweis
1. Personengesellschaften haben Rückstellungen für Pensionszusagen an Gesellschafter nicht nur in ihrer Handelsbilanz, sondern auch in der Steuerbilanz zu bilden, wenn die Pensionsleistungen nach dem 31.12.1986 zugesagt worden sind. Die Zuführung zur Pensionsrückstellung mindert dann den Gewinn der Personengesellschaft, ist aber gleichzeitig Sonderbetriebseinnahme, und zwar m.E. des betreffenden Gesellschafters (streitig, denn z.T. wird vertreten, die Sonderbetriebseinnahme sei allen Gesellschaftern zuzurechnen). Im Ergebnis kommt es deshalb nicht zu einer steuerlichen Gewinnminderung. Im Besprechungsfall hatte die Gesellschaft allerdings zu Recht keine Pensionsrückstellung gebildet, denn die Pensionszusage war vor dem 1.1.1987 erteilt worden. Für solche vor In-Kraft-Treten des Bilanzrichtliniengesetzes gegebene sog. Altzusagen gilt nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 EGHGB ein Passivierungswahlrecht.
2. Pensionsrückstellungen bleiben dem Grund nach auch bestehen, wenn der Versorgungsfall eingetreten ist. Da die Versorgungsdauer nicht feststeht, handelt es sich auch im Stadium der Leistungserbringung um eine ungewisse Verbindlichkeit. Diesen Status hatte die Pensionsverpflichtung im Besprechungsfall aber dadurch verloren, dass an die Stelle weiterer Pensionszahlungen eine Abfindungsverpflichtung getreten war. Diese fiel nicht mehr unter das Passivierungswahlrecht für Altzusagen und musste als gewisse Verbindlichkeit bilanziert werden. Da zuvor keine Rückstellung gebildet worden war, bedeutete die Passivierung in voller Höhe eine Gewinnminderung der Gesellschaft und eine Sonderbetriebseinnahme des betreffenden Gesellschafters.
3. Streit bestand nun darüber, ob die Einbuchung der Verbindlichkeit den laufenden Gewinn oder den Aufgabegewinn mindert. Nachdem der BFH in seinem Urteil zur Behandlung einer Vorfälligkeitsentschädigung (BFH, Urteil vom 25.1.2000, VIII R 55/97, BStBl II 2000, 458) entschieden hatte, dass die Zugehörigkeit zu den Veräußerungskosten davon abhängt, ob die Kosten durch die Veräußerung veranlasst sind, musste auch im Besprechungsfall die Abfindung den Aufgabekosten zugeordnet werden, weil die Abfindung nur zur Ermöglichung einer Liquidation gezahlt worden war. Anders wäre nur dann zu entscheiden gewesen, wenn die Abfindung rückständige Pensionszahlungen beinhaltet hätte.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 20.1.2005, IV R 22/03