Leitsatz
1. Der Begriff des Leistungsaustauschs setzt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der erbrachten Leistung und dem enthaltenen Entgelt voraus.
2. Zahlungen, durch die lediglich eine aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen erwünschte Tätigkeit des Zahlungsempfängers gefördert werden soll, sind kein Entgelt für eine steuerbare Leistung.
3. Werden Gesellschafterbeiträge geleistet, die nicht als Entgelt für steuerbare Leistungen angesehen werden können, lässt dies nicht ohne weiteres den Schluss auf eine bezuschusste, nichtunternehmerische Tätigkeit zu.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 , Art. 11 und 19 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH mit der Aufgabe, den Fremdenverkehr zu fördern. Gesellschafter der Klägerin sind Landkreise, Städte und Verbandsgemeinden.
Zur Finanzierung ihrer Aufgaben erhebt die Klägerin Entgelte von denjenigen, für die sie unmittelbar Leistungen erbringt.
Außerdem finanziert sie sich aus Beiträgen ihrer Gesellschafter (Gesellschafterzuschüsse).
In der Vergangenheit behandelte das Finanzamt "zur Vermeidung schwieriger Einzelermittlungen" 25 % der als "Zuschüsse" bezeichneten Zahlungen als umsatzsteuerpflichtiges Leistungsentgelt und gewährte den vollen Vorsteuerabzug.
Während die Klägerin nach wie vor der Auffassung ist, dass ihre gesamte Tätigkeit als unternehmerische Tätigkeit anzusehen ist, sah das FG in den "Zuschüssen" zwar kein Entgelt für steuerpflichtige Leistungen der Klägerin; es sah aber die "bezuschusste Tätigkeit" als nichtunternehmerisch an und kürzte entsprechend den Vorsteuerabzug.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH führen die Gesellschafterleistungen zu einem echten, nicht steuerbaren Zuschuss. Allerdings wird hierdurch nicht automatisch die Annahme einer nichtunternehmerischen Tätigkeit der Klägerin gerechtfertigt.
Der in Deutschland übliche Begriff der Zuschüsse (vgl. Abschn. 150 EStR) werde von dem gemeinschaftsrechtlichen Begriff der Subventionen (Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a und Art. 19 Abs. 1 2. Gedankenstrich Satz 2 der 6. EG-RL) umfasst.
Da Deutschland von der genannten Ermächtigung in Art. 19 der 6. EG-RL keinen Gebrauch gemacht habe, beschränkten die dort genannten Subventionen deshalb in Deutschland den Vorsteuerabzug grundsätzlich nicht.
Hinweis
Bereits in der Vergangenheit hatte der BFH mehrfach Gelegenheit, sich zu der Abgrenzung eines echten, nicht steuerbaren von einem unechten, steuerbaren Zuschusses zu äußern. Mit dem vorliegenden Urteil bestätigt der BFH seine Abgrenzungsgrundsätze vor allem unter Bezugnahme auf die neue EuGH-Rechtsprechung. Danach liegt nur dann ein unechter, also steuerbarer Zuschuss vor, wenn die Dienstleistung an einen identifizierbaren Verbraucher erbracht wird oder einem Beteiligten am Wirtschaftsleben einen Vorteil verschafft, der einen Kostenfaktor in dessen Tätigkeit bildet und in einem notwendigen Zusammenhang zum Entgelt steht.
Wird eine Zahlung dagegen nur geleistet zur Förderung einer lediglich aus allgemeinpolitischen oder sonstigen Gründen erwünschten Tätigkeit, so fehlt es an dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung. Es kommt also stets darauf an, ob die konkrete Zahlung Entgelt für eine hierdurch entlohnte Leistung ist. Zwischen Leistung und Entgelt muss ein konkreter Zusammenhang bestehen, den der BFH unter Bezugnahme auf die Ausführungen des FG im vorliegenden Fall verneint hat.
Zu Recht hat der BFH aber klargestellt, dass allein die Nichtsteuerbarkeit des Zuschusses keine Aussage zum Vorsteuerabzugsrecht begründet. Entscheidend bleibt, ob und wenn ja welche Ausgangsumsätze der Zuschussempfänger mit dem erhaltenen Zuschuss ausführt. Nur für den Fall, dass der Zuschussempfänger ausschließlich nichtunternehmerische Tätigkeiten mit dem empfangenen Zuschuss ausführt, ist der Vorsteuerabzug insgesamt zu versagen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 26.10.2000, V R 12/00