Leitsatz
Erhält ein in den USA ansässiger Gesellschafter einer deutschen Personengesellschaft Zinsen für ein von ihm der Gesellschaft gewährtes Darlehen, so dürfen diese Zinsen nach dem DBA-USA 1989 in Deutschland nicht besteuert werden.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, Art. 7 Abs. 1 und 2, Art. 11 Abs. 1 und 3 DBA-USA 1989
Sachverhalt
Klägerin war eine KG, deren einzige Komplementärin im Streitjahr (1991) die X-GmbH war. Kommanditisten der Klägerin waren u.a. A und B, die in den USA, sowie E und M, die in der Schweiz wohnten.
Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin enthält folgende Vereinbarungen zur Gewinnverteilung: Die X-GmbH erhält eine jährliche Ausschüttung i.H.v. 10 % ihres Gesellschaftskapitals. Der übrige Gewinn wird nach Maßgabe der Haftsummen der Gesellschafter verteilt, die den Kapitalanteilen entsprechen, und nach dieser Maßgabe zu 80 % dem jeweiligen Darlehenskonto I und zu 20 % dem Darlehenskonto II gutgeschrieben. Die Darlehenskonten sind verzinslich; Entnahmen sind vom Darlehenskonto I jederzeit möglich, während Entnahmen aus dem Darlehenskonto II einer Kündigung bedürfen, die nur mit einer Frist von einem Jahr zum Jahresende und nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung möglich ist.
Das FA stellte die Einkünfte der Klägerin gesondert und einheitlich fest. Dabei ging es zunächst davon aus, dass die auf A und B entfallenden Anteile an den Zinsen auf die Gesellschafterdarlehen nach DBA-USA 1989 nicht der deutschen Besteuerung unterliegen. Später behandelte das FA demgegenüber die aus den Darlehenskonten I und II herrührenden Zinsen auch insoweit, als sie den in den USA wohnhaften Kommanditisten A und B zuzurechnen waren, als der deutschen Besteuerung unterliegende Sondervergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Die Klage gegen den Feststellungsbescheid hatte keinen Erfolg (EFG 2006, 677).
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und gab der Klage statt:
Die Zinsen dürften nach dem DBA-USA 1989 nur in den USA besteuert werden und blieben daher in Deutschland steuerfrei.
Hinweis
Ein altes und leidiges und überaus kontroverses wie schwieriges Thema des Internationalen Steuerrechts ist jenes der abkommensrechtlichen Behandlung von Sondervergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
1. Es gilt im Grundsatz zu unterscheiden, und zwar gleich in mehrfacher Hinsicht: zum einen zwischen nationalem Recht und Abkommensrecht und zum anderen zwischen einfließenden ("Inbound") und abfließenden ("Outbound") Sondervergütungen.
a) Nationale Rechtslage
Nach der deutschen nationalen Rechtslage gilt das Sonderrecht des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, das Sondervergütungen ungeachtet ihrer schuldrechtlichen Grundlegung in den gewerblichen Bereich hineinzieht. Es findet eine rechtliche, keine tatsächliche Zuordnung statt. Das gilt sowohl für den inländischen Gesellschafter einer ausländischen Personengesellschaft als auch in dem umgekehrten Fall des ausländischen Gesellschafters einer inländischen Personengesellschaft (vgl. dort i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG).
b) DBA-Lage
Auf Abkommensebene wird die Situation komplizierter und sie ist -- vor allem -- deutlich umstrittener.
Art. 7 OECD-MA, der die Unternehmensgewinne betrifft, enthält keine explizite Sonderregelung zur abkommensrechtlichen Behandlung von Sondervergütungen.
2. Die Position des BFH:
Vor diesem Hintergrund subsumiert der BFH die Vergütungen -- losgelöst von dem Gewinnanteil der Personengesellschaft -- unter die jeweils einschlägigen DBA-Einkunftsarten, denen die Vergütungen ihrer Natur nach zugehören, sozusagen nach Maßgabe einer spezifischen abkommensrechtlichen isolierenden Betrachtungsweise. Es gilt danach autonomes Abkommensrecht. Sondervergütungen bleiben folglich schuldrechtlich veranlasste Zahlungen der Gesellschaft an die Gesellschafter und sind als solche unter die jeweiligen einschlägigen Abkommensbestimmungen (Art. 6 bis 21 OECD-MA) zu subsumieren, z.B. gem. Art. 11 OECD-MA (Dividenden) oder (so im Besprechungsurteil) Art. 10 (Zinsen).
Das bedeutet, dass aufgrund der Abkommenslage entweder unmittelbar auf die besonderen abkommensrechtlichen Einkunftsarten zurückzugreifen ist. Oder aber es handelt sich auch bei den Sondervergütungen an sich um Unternehmensgewinne i.S.d. Art 7 Abs. 1 OECD-MA und sie werden lediglich aufgrund der Spezialitätenregelung in Art. 7 Abs. 7 OECD-MA als eine der vorrangigen anderweitigen Einkunftsarten erfasst. So oder so bleibt das Ergebnis allerdings weitgehend gleich: Es finden die Rechtsfolgen der Art. 10 ff. OECD-MA Anwendung, nicht jene des Art. 7 OECD-MA.
Allerdings: Greifen die Ausnahmen des Betriebsstättenvorbehalts in Art. 10 Abs. 4, Art. 11 Abs. 4, Art. 12 Abs. 3 und Art. 21 Abs. 2 OECD-MA, wird abermals auf Art. 7 OECD-MA zurückverwiesen, was erfordert, dass die die betreffenden Einkünfte generierenden Rechte und Vermögenswerte "tatsächlich", also funktional oder nach ihrem tatsächlichen Funktionszusammenhang (vgl. auch § 8 Abs. 2 AStG) zu der aktiven Tätigkeit der Betriebsst...