Leitsatz
1. Gewinne stammen nur dann "aus dem Betrieb von Seeschiffen im internationalen Verkehr" i.S.d. Art. 8 Abs. 1 DBA Schweiz, wenn es zumindest zeitweise zum Betrieb des Schiffs gekommen ist.
2. Ist es nicht zum Betrieb des Seeschiffs gekommen und handelt es sich bei den erzielten Gewinnen um solche aus Währungsschwankungen und Schadenersatzleistungen, so liegt keine aktive Tätigkeit i.S.d. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA Schweiz vor.
Normenkette
Art. 8 Abs. 1 und 5 DBA Schweiz , Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 DBA-Schweiz
Sachverhalt
Die Beteiligten stritten darüber, ob Gewinne aus der Vorbereitung einer später nicht betriebenen Seeschifffahrt von Art. 8 Abs. 1 und 5 DBA Schweiz erfasst werden.
Die Kläger gründeten im Jahr 1989 eine Reederei über ein noch zu erstellendes, in das Schifffahrtsregister einzutragendes Schiff. Zeitgleich bestellten sie eine liberianische Kapitalgesellschaft zur Korrespondentreederin. Diese hatte das Schiff bereits zuvor bei einer polnischen Werft in Auftrag gegeben.
Die Werft geriet vor Fertigstellung des Schiffs in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Nach Abschluss eines Schiedsverfahrens hatte sie die geleisteten Anzahlungen zurückzuerstatten sowie Schadenersatz zu leisten. Zur abschließenden Fertigstellung des Schiffs kam es nicht.
In den Jahren 1993 und 1994 erzielten die Kläger – überwiegend in Form von Währungsgewinnen – positive Einkünfte aus dem Schiffbauvertrag. In ihren Steuererklärungen behandelten sie diese als in Deutschland steuerbefreite und nur dem Progressionsvorbehalt unterliegende Einkünfte. Ebenso verfuhren sie mit den in 1995 erzielten Gewinnen aus der Vertragsauflösung.
Das FA erfasste die Einkünfte als nicht steuerbefreiten, aber steuerbegünstigten Aufgabegewinn. Das FG gab der Klägerin Recht (EFG 2003, 375).
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil auf und verwies die Sache zurück. Vorbereitungshandlungen zum Betrieb eines Seeschiffs unterfielen nicht Art. 8 DBA Schweiz, wenn das Schiff tatsächlich nicht in Betrieb genommen werde. Zugleich fehle es dann auch an einer aktiven Tätigkeit i.S.d. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA Schweiz.
Möglicherweise könne aber eine Anrechnung der Schweizer Steuern nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA Schweiz in Betracht kommen. Das setze neben Schweizer Steuern aber voraus, dass die Einkünfte überhaupt aus der Schweiz stammten. Das müsse weiter aufgeklärt werden.
Hinweis
Der Urteilsfall findet in der täglichen Beratung sicher keine raumgreifende Anwendung. Er betrifft Gewinne aus der Vorbereitung einer später nicht betriebenen Seeschifffahrt und hierbei konkret die Frage, ob diese Gewinne Art. 8 Abs. 1 und 5 DBA Schweiz unterfallen, was – bejahendenfalls – wiederum zur Folge haben kann, dass das Besteuerungsrecht für solche Gewinne nicht Deutschland zugeordnet wird. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Reeder des betreffenden Seeschiffs in der Schweiz residiert. (Gleiches gilt naturgemäß für jeden anderen Vertragsstaat eines DBA.)
Aufgabe des BFH war es, Art. 8 Abs. 1 DBA Schweiz auszulegen und zu prüfen, ob solche Vorbereitungskosten der Vorschrift unterfallen können. Er hat dies verneint: Erforderlich sei hiernach nämlich der Betrieb des Seeschiffs im internationalen Verkehr, woran es fehle, wenn das Schiff zu keinem Zeitpunkt zum Einsatz komme. Zugleich liegt solchen Gewinnen keine aktive (Transport-)Tätigkeit zugrunde, was wiederum zur Konsequenz hat, dass auch von daher keine Freistellung nach dem sog. Methodenartikel des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. Art. 7 Abs. 1 DBA Schweiz in Betracht kommen kann.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 1.4.2003, I R 31/02