Leitsatz
Aufwendungen eines erbbauverpflichteten Grundstückseigentümers zur Ablösung des Erbbaurechts zählen zu den Herstellungskosten des anschließend auf dem Grundstück nach dem Abriss der vorhandenen Bebauung neu errichteten Gebäudes.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7, § 7 Abs. 1 EStG, § 255 HGB
Sachverhalt
Der Kläger wurde im Streitjahr mit seiner Ehefrau zusammen zur ESt veranlagt. Die Ehefrau war Eigentümerin von Grundstücken, auf denen sich u.a. ein teils gewerblich, teils zu Wohnzwecken genutztes Gebäude befand. Die angrenzenden Grundstücke waren mit Erbbaurechten belastet, die bis zum Jahr 2010 laufen sollten und aus denen die Ehefrau im Streitjahr Erbbauzinsen bezog. Im März 1997 erwarb die Ehefrau die Erbbaurechte mitsamt aufstehenden Gebäuden für insgesamt 853.706 DM. Die Erbbaurechtsbelastungen wurden im Grundbuch gelöscht.
Nach Abriss der auf den Erbbaurechts-Grundstücken stehenden Gebäude und Garagen errichtete die Ehefrau einen Neubau, der mit dem gewerblich genutzten Teil des Nachbargebäudes bautechnisch verbunden und nach seiner Fertigstellung zusammen mit diesem ab 1998 vermietet wurde.
In ihrer ESt-Erklärung für das Streitjahr machten die Eheleute diese Aufwendungen für den Erwerb der Erbbaurechte als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.
Das FA versagte diesen Werbungskostenabzug. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.
Entscheidung
Auch nach Auffassung des BFH hat das FG im Ergebnis zu Recht die Aufwendungen zur Ablösung der Erbbaurechte nicht Steuer mindernd berücksichtigt, weil nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) die streitigen Aufbauten auf den Erbbaurechtsgrundstücken unmittelbar nach Erwerb und Löschung der Erbbaurechte abgerissen und durch einen Neubau ersetzt wurden. Danach habe das FG ohne Rechtsverstoß annehmen dürfen, die Ablösung der Erbbaurechte und der Abriss der Gebäude sei (nur) mit Blick auf den Neubau erfolgt. Mithin könne es sich bei den strittigen Aufwendungen nur um Herstellungskosten des neu errichteten Gebäudes handeln. Ein sofortiger Abzug der Aufwendungen als Werbungskosten scheide damit im Streitjahr aus.
Hinweis
1. Nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Werbungskosten grundsätzlich alle durch diese Einkunftsart veranlassten Aufwendungen. Eine derartige Veranlassung liegt vor, wenn (objektiv) ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit besteht und (subjektiv) die Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden (BFH, Urteil vom 18.12.2001, IX R 24/98, BFH/NV 2002, 904, m.w.N.).
2. Handelt es sich dabei um Anschaffungs- oder Herstellungskosten, sind sie als Werbungskosten nur im Rahmen der AfA zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 EStG); maßgeblich für diese Zuordnung zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten ist auch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung § 255 HGB (vgl. BFH, Urteile vom 12.9.2001, IX R 39/97, BFH-PR 2002, 281 und IX R 52/00, BFH-PR 2002, 282).
3. Aufwendungen für den Abriss eines vorhandenen Gebäudes auf einem zum Zweck der Neubebauung erworbenen Grundstück rechnen zu den Herstellungskosten des Neubaus, wenn das neue Gebäude an der Stelle des abgerissenen Gebäudes errichtet und damit der Abriss des alten Gebäudes Voraussetzung für die Errichtung des neuen Wirtschaftsguts ist (vgl. BFH, Beschluss vom 4.7.1990, GrS 1/89, BStBl 1990 II, 830, m.w.N.). Entsprechend gehören die Aufwendungen für die Ablösung eines dinglichen Nutzungsrechts im Jahr der Fertigstellung zu den Herstellungskosten des neu errichteten Gebäudes, wenn sie im erforderlichen Veranlassungszusammenhang mit dem Abbruch eines Altgebäudes und der Errichtung des neuen Gebäudes geleistet werden (vgl. BFH, Urteil vom 1.10.1975, I R 243/73, BStBl 1976 II, 184).
Auch Abfindungen an Mieter hat die Rechtsprechung als Herstellungskosten beurteilt, wenn sie dazu dienen, die bis dahin vermieteten Gebäude abbrechen und ohne entgegenstehende Rechte Dritter ein neues Gebäude errichten zu können (BFH, Urteil vom 9.2.1983, I R 29/79, BStBl II 1983, 451).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.12.2005, IX R 24/03