Leitsatz
Kosten eines Zivilprozesses, in dem ein Erbe vermeintliche zum Nachlass gehörende Ansprüche des Erblassers geltend gemacht hat, sind als Nachlassregelungskosten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG abzugsfähig. § 10 Abs. 6 Satz 1 ErbStG steht dem Abzug nicht entgegen.
Normenkette
§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1, Abs. 6 Satz 1, § 11 ErbStG
Sachverhalt
Der am 24.2.1999 verstorbene Erblasser wurde von H und B je zur Hälfte beerbt. Die Klägerin ist die Alleinerbin des im Januar 2012 verstorbenen Miterben B.
Zum Vermögen des Erblassers gehörte ein Wertpapierdepot, das am Todestag des Erblassers börsennotierte Wertpapiere im Wert von 678.082 DM (346.698 EUR) enthielt. Wenige Tage vor seinem Ableben hatte er mit der Bank einen den Depotvertrag ergänzenden "Treuhandvertrag" geschlossen. Darin hatte sich die Bank verpflichtet, das Wertpapierdepot nach seinem Tode aufzulösen, die Wertpapiere zu verkaufen und den erzielten Erlös an bestimmte Bedachte auszuzahlen. Der Erblasser hatte entsprechende Schenkungsangebote auf den Todesfall abgegeben. Aufgrund des "Treuhandvertrags" nahm die Bank Auszahlungen i.H.v. 220.000 DM an die Bedachten vor.
Auf Klage von H und B wurde die Bank dazu verurteilt, das Wertpapierdepot und ein Guthaben auf einem zugehörigen Konto an H und B herauszugeben sowie 112.484,21 EUR (220.000 DM) nebst Zinsen zu zahlen. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Wertpapierdepot sei insgesamt in den Nachlass gefallen, mit der Folge, dass H und B als Erben Eigentümer der Wertpapiere und Inhaber des Guthabens auf dem zugehörigen Konto geworden seien. Die in dem "Treuhandvertrag" enthaltenen unentgeltlichen Zuwendungen seien nichtig.
Zudem hatte der Erblasser seine Porzellansammlung im Juni 1995 in ein städtisches Museum verbracht. Die von H und B im November 2002 erhobene Klage gegen die Stadt auf Herausgabe der Sammlung hatte keinen Erfolg.
Im Nachlass befand sich auch ein hälftiger Miteigentumsanteil an einem Mietwohngrundstück, das den Erben zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits zur Hälfte gehörte. Sie verkauften den von einem Mieter bewohnten Grundbesitz. Die Käufer kündigten den Mietvertrag und erhoben Räumungsklage. Der Prozess endete mit einem Vergleich, in dem sich die Käufer unter bestimmten Voraussetzungen zur Zahlung des vereinbarten Betrags an den Mieter verpflichteten. Die Erben erstatteten den Käufern, wie im Kaufvertrag vorgesehen, diesen Betrag zuzüglich Rechtsanwaltskosten und leisteten darüber hinaus pauschalen Schadenersatz wegen verspäteter Räumung und Herausgabe der Wohnung. Die Klage von H und B gegen den Mieter auf Ersatz der Aufwendungen hatte keinen Erfolg.
Das FA berücksichtigte bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer für den Erwerb des B von Todes wegen u.a. anteilig das Wertpapierdepot mit 678.082 DM als Bereicherung und als Nachlassverbindlichkeiten die Auszahlungen der Bank aufgrund des "Treuhandvertrags" mit 220.000 DM sowie Prozesskosten in geschätzter Höhe von 100.000 DM. Der Einspruch blieb erfolglos.
Im finanzgerichtlichen Verfahren machte die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin des B geltend, die Wertpapiere hätten nach dem Ableben des Erblassers deutlich an Wert verloren und seien deshalb mit einem zu hohen Wert angesetzt worden. Darüber hinaus begehrte sie die Berücksichtigung von Prozesskosten, darunter eigene und gegnerische Kosten des Rechtsstreits um die Porzellansammlung i.H.v. insgesamt 112.121,70 EUR und des Rechtsstreits mit dem Mieter i.H.v. insgesamt 50.607,74 EUR als Nachlassverbindlichkeiten. Zu den geltend gemachten Prozesskosten gehörten Honorare i.H.v. rund 200.000 EUR, die der Ehemann der Klägerin für anwaltliche Leistungen in diesen und weiteren Verfahren vom inzwischen verstorbenen Miterben B erhalten haben soll.
Das FG wies die Klage ab (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.3.2015, 11 K 448/11, Haufe-Index 10764471).
Entscheidung
Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Die Wertpapiere seien zwar aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen mit dem Kurswert am Bewertungsstichtag zu erfassen. Auch seien die dem B im Zusammenhang mit der verspäteten Räumung und Herausgabe der Wohnung entstandenen Prozesskosten nicht zu berücksichtigen. Ein sachlicher Zusammenhang mit dem Erwerb des Miteigentumsanteils am Mietwohngrundstück von Todes wegen vom Erblasser bestehe nicht.
Hinsichtlich der vergeblich aufgewendeten Kosten des Rechtsstreits auf die Herausgabe der Porzellansammlung komme aber entgegen der Ansicht des FG ein Abzug als Nachlassverbindlichkeiten in Betracht. Das FG müsse dazu noch Feststellungen zum engen zeitlichen Zusammenhang der Kosten mit dem Erwerb und zur Berücksichtigungsfähigkeit der geltend gemachten Kostenbestandteile treffen.
Saldierung geboten
Nach den Ausführungen des FG in der Vorentscheidung gibt es für die Berücksichtigung des von der Bank ausgezahlten Betrags von 220.000 DM als Nachlassverbindlichkeiten, die das FA im angefochtenen Erbschaftsteuerbescheid vorgenommen hat, jedenfa...