Leitsatz
Vergütungen aus Arbeit i.S.v. Art. 14 DBA Singapur "stammen" i.S.v. Art. 21 DBA Singapur aus Deutschland, wenn sie von einem hier ansässigen Arbeitgeber als Vergütung für die Tätigkeit in Singapur gezahlt werden.
Normenkette
Art. 14 Abs. 1 und 2, Art. 21, Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Singapur
Sachverhalt
Streitig war der Umfang der inländischen Steuerfreistellung für Arbeitslohn einer von einem inländischen Arbeitgeber nach Singapur entsandten Arbeitnehmerin.
Die Klägerin war im Streitjahr 2001 bei einem inländischen Arbeitgeber angestellt. Vom 1.3. bis zum 31.12. war sie für ihren Arbeitgeber bei einer Tochtergesellschaft in Singapur tätig. Ihre inländische Wohnung behielt sie bei.
Die Klägerin erzielte im Streitjahr Arbeitslohn i.H.v. 171.403 DM. Davon entfiel auf den Zeitraum ab dem 1.3. ein Betrag von 154.907 DM, von dem der Arbeitgeber einen Betrag von 48.230 DM einbehielt, da die Klägerin von der ausländischen Tochtergesellschaft des Arbeitgebers monatlich einen Betrag von umgerechnet 4.823 DM erhielt. Dieser letztere Betrag wurde bei seiner Auszahlung in Singapur versteuert.
Das FA erfasste im ESt-Bescheid steuerpflichtige Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit i.H.v. 123.172 DM und nur den in Singapur zugeflossenen Arbeitslohn als steuerfreie – und dem Progressionsvorbehalt unterliegende – Bezüge.
Der Klage auf Herabsetzung der ESt gab das FG statt (EFG 2005, 1594).
Entscheidung
Der BFH war anderer Meinung. Er sah die sog. Remittance-Base-Klausel des Art. 21 DBA Singapur als einschlägig an, wonach das abkommensrechtlich an sich Singapur gebührende Besteuerungsrecht an den Arbeitseinkünften der Klägerin an Deutschland zurückfällt, wenn in Singapur ansässige oder als ansässig behandelte Personen ausländische Einkünfte in Singapur nur zu versteuern haben, wenn diese nach Singapur überwiesen oder dort empfangen werden. An Letzterem fehlte es hier aber gerade.
Hinweis
Wann "stammen" Einkünfte abkommensrechtlich aus einem Vertragsstaat? Diese Frage hat den BFH schon wiederholt beschäftigt.
1. Das liegt zum einen an § 34c Abs. 1 und Abs. 3 sowie Abs. 6 Satz 1 EStG, wonach die Anrechnung oder der Abzug ausländischer Steuer bei unbeschränkt Steuerpflichtigen erfordern, dass Auslandseinkünfte aus dem anderen Staat "stammen" müssen. Nach § 34c Abs. 6 Satz 1 EStG sind die vorangehenden Absätze jener Vorschrift zur Anrechnung und zum Abzug ausländischer Steuer im Grundsatz nicht anwendbar, wenn die betreffenden Einkünfte aus einem ausländischen Staat "stammen", mit dem ein DBA abgeschlossen wurde.
Einkünfte "stammen" in diesem Sinn nach der Rechtsprechung des BFH dann aus dem Ausland, wenn (nach deutschem Rechtsverständnis) irgendein ausländischer Anknüpfungspunkt dafür besteht, der die Einkünfte als aus dem Ausland stammend qualifizieren könnte (vgl. BFH, Urteil vom 24.3.1998, I R 38/97, BStBl II 1998, 471).
Näheres dazu, was denn nun ein solches Stammen in qualitativer Hinsicht erfordert, wird indes nicht gesagt. Es liegt aber nahe, den Begriff so zu verstehen, dass es darauf ankommt, wo die Einkünfte tatsächlich "verdient" und denn auch besteuert werden können. Im Einzelnen wird es aber auf das jeweilige DBA ankommen.
2. Im Urteilsfall ging es um ein ähnliches "Stammen", nämlich in Zusammenhang mit einer sog. Remittance-Base-Klausel im DBA Singapur, dort in Art. 21.
Danach kann eine Steuerbefreiung "von Einkünften, welche aufgrund einer Bestimmung des Abkommens in jenem Vertragsstaat, aus dem sie stammen, gewährt wird, nur auf den Teil der Einkünfte beansprucht werden, der in den anderen Vertragsstaat überwiesen oder dort bezogen wird". Voraussetzung für diese Einschränkung ist, dass der andere Vertragsstaat diese Einkünfte nach dem dort geltenden Recht (nur) unter Zugrundelegung des Betrags besteuert, der nach dorthin überwiesen oder dort bezogen wird, nicht aber unter Zugrundelegung des Gesamtbetrags der Einkünfte.
a) Hintergrund dieser Regelung ist das besagte sog. Remittance-Base-Prinzip im Steuerrecht Singapurs (und etlicher anderer Staaten aus dem anglikanischen Rechtskreis und damit dem Commonwealth), wonach in Singapur ansässige oder als ansässig behandelte Personen ausländische Einkünfte in Singapur nur zu versteuern haben, wenn diese nach Singapur überwiesen oder dort empfangen werden.
b) Nun lässt sich lange darüber rätseln, wann Einkünfte denn nun hier als dem aus dem anderen Vertragsstaat stammend dieser Regelung unterworfen sind.
Denkbar ist abermals ein "wirtschaftliches" Normverständnis, wonach es darauf ankommt, wo die Einkünfte erwirtschaftet werden. Denkbar ist aber ebenso ein "technisches" Regelungsverständnis, das sich an dem (formalen) Zahlungstransfer und an dem Zahlungsort orientiert. Einkünfte z.B. aus nichtselbstständiger Arbeit stammen danach aus Deutschland als maßgeblichem Vertragsstaat, wenn sie in Deutschland von einem hier ansässigen Arbeitgeber gezahlt werden.
c) Der BFH hat sich zu diesem letzteren Verständnis bekannt, ebenso wie bereits im Urteil vom 29.11.2000, I R 102/99 (B...