Leitsatz
Eine Veräußerung innerhalb von fünf Jahren nach dem Vermögensübergang (bzw. der Umwandlung) i.S.d. § 18 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 (jetzt § 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 2006) liegt auch dann vor, wenn ein Verschmelzungsvertrag und ein Vertrag über die Veräußerung eines Anteils an der aufnehmenden Personengesellschaft den Zeitpunkt des Vermögensübergangs (bzw. der Umwandlung) und der Veräußerung einheitlich bestimmen.
Normenkette
§ 18 Abs. 4 UmwStG 1995
Sachverhalt
Nach verschiedenen Umstrukturierungen war eine KG alleinige Anteilseignerin einer GmbH. Der alleinige Kommanditist veräußerte seine Kommanditanteile an einen Investor. Der Vertrag wurde im November 1998 geschlossen. Nach seinem ausdrücklichen Wortlaut sollte Übergabestichtag der 31.12.1998, 24.00 Uhr, sein. In dem Kaufvertrag war auch schon vereinbart, dass die GmbH mit der KG zum 31.12.1998 verschmolzen werden sollte. Dies geschah später mit notarieller Urkunde von Februar 1999 unter ausdrücklicher Vereinbarung, dass die Verschmelzung rückwirkend zum 31.12.1998 stattfinden solle.
Das FA war der Meinung, der Gewinn aus der Veräußerung der KG-Anteile unterliege nach § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 der GewSt. Die dagegen erhobene Klage hatte zunächst Erfolg (Hessisches FG vom 24.3.2009, 8 K 399/02, Haufe-Index 2212937, EFG 2009, 1885).
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil jedoch auf. Erfolge die Umwandlung rückwirkend auf denselben Tag, an dem auch Anteile an der KG veräußert würden, sei bei zweckgerichteter Auslegung des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 von einer Veräußerung innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung auszugehen.
Hinweis
1. Die Entscheidung betrifft den heutigen § 18 Abs. 3 UmwStG (früher Abs. 4 UmwStG 1995), der einen gewerbesteuerlichen Sondertatbestand in Bezug auf Umwandlungen von einer Kapital- in eine Personengesellschaft enthält. Zwar wird nicht etwa ein bei der Umwandlung entstehender Gewinn der GewSt unterworfen (§ 18 Abs. 2 UmwStG). Stattdessen soll aber der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs der aus der Umwandlung hervorgegangenen Personengesellschaft bzw. die Veräußerung oder Aufgabe eines Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils der GewSt unterliegen, wenn der Vorgang innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung stattfindet.
2. Diese Regelung bezweckt, eine Umgehung der GewSt auf Veräußerungsgewinne von Kapitalgesellschaften zu vermeiden (s. dazu näher BFH/PR 2010, 190 zu BFH, Urteil vom 16.12.2009, IV R 22/08). Denn im Unterschied zu Betrieben natürlicher Personen unterliegt die Veräußerung des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich der GewSt. Diese könnte man vermeiden, wenn man die Kapitalgesellschaft zunächst in eine Personengesellschaft umwandelt und dann die Veräußerung entweder in Gestalt einer Betriebs- oder Teilbetriebsveräußerung oder in Gestalt der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen vornimmt. Derartige Gewinne unterliegen grundsätzlich nicht der GewSt, jedenfalls dann nicht, wenn an der Personengesellschaft nur natürliche Personen beteiligt sind (§ 7 Satz 2 GewStG).
3. Im Urteilsfall hatte man wohl gehofft, auch den gewerbesteuerlichen Auffangtatbestand dadurch vermeiden zu können, dass die Veräußerung nicht "nach" der Umwandlung, sondern vertraglich vor der später mit Rückwirkung auf denselben Tag erfolgten Umwandlung vorgenommen wird. Diesen Weg verbaut das Besprechungsurteil, indem es vor dem Hintergrund des Zwecks der Regelung auch eine Veräußerung mit Wirkung zu dem Tag, an dem auch die Umwandlung wirksam wird, als Grundlage für die GewSt ausreichen lässt. Dies entsprach im entschiedenen Fall übrigens auch der Sichtweise der handelnden Personen, die nämlich den Umwandlungsgewinn den Altgesellschaftern zugewiesen hatten. "Nach" ist also nicht in einem zeitlichen, sondern in einem logischen Sinn zu verstehen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 26.4.2012 – IV R 24/09