1.7.1 1Der einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe erteilte Auftrag zur Erstellung und Einreichung der Steuererklärungen schließt i.d.R. seine Bestellung als Empfangsbevollmächtigter nicht ein (BFH-Urteil vom 30.7.1980 - I R 148/79 - BStBl 1981 II, S. 3). 2Aus der Mitwirkung eines Steuerberaters bei der Steuererklärung folgt daher nicht, dass die Finanzbehörde einen Steuerbescheid dem Steuerberater zu übermitteln hat. 3Dasselbe gilt in Bezug auf die anderen zur Hilfe in Steuersachen befugten Personen und Vereinigungen (§§ 3, 4 StBerG).
1.7.2 1Es liegt im Ermessen des Finanzamts, ob es einen Steuerbescheid an den Steuerpflichtigen selbst oder an dessen Bevollmächtigten bekannt gibt (§ 122 Abs. 1 Satz 3). 2Zur Ausübung des Ermessens gilt Folgendes:
3Hat der Steuerpflichtige dem Finanzamt ausdrücklich mitgeteilt, dass er seinen Vertreter auch zur Entgegennahme von Steuerbescheiden ermächtigt, sind diese grundsätzlich dem Bevollmächtigten bekannt zu geben (BFH-Urteil vom 5.10.2000 - VII R 96/99 - BStBl 2001 II, S. 86). 4Dies gilt auch, wenn der Steuerpflichtige dem Finanzamt eine Vollmacht vorgelegt hat, nach der der Bevollmächtigte berechtigt ist, für den Steuerpflichtigen ''rechtsverbindliche Erklärungen'' entgegen zu nehmen (BFH-Urteil vom 23.11.1999 - VII R 38/99 - BStBl 2001 II, S. 463 ).5 Nur dann, wenn im Einzelfall besondere Gründe gegen die Bekanntgabe des Steuerbescheids an den Bevollmächtigten sprechen, kann der Steuerbescheid unmittelbar dem Steuerpflichtigen bekannt gegeben werden. 6Derartige besondere Gründe können auch technischer Natur sein.
7Fehlt es an einer ausdrücklichen Benennung eines Empfangsbevollmächtigten, hat das Finanzamt aber bisher Verwaltungsakte dem Vertreter des Steuerpflichtigen übermittelt, so darf es sich nicht in Widerspruch zu seinem bisherigen Verhalten setzen und sich bei gleichliegenden Verhältnissen ohne ersichtlichen Grund an den Steuerpflichtigen selbst wenden (vgl. BFH-Urteile vom 11.8.1954 - II 239/53 U - BStBl III, S. 327, und vom 13.4.1965 - I 36/64 U, I 37/64 U - BStBl III, S. 389). 8In diesen Fällen ist jedoch eine schriftliche Vollmacht nachzufordern; der Vollmachtnachweis kann auch in elektronischer Form (§ 87a Abs. 3) erbracht werden.
9Die im Einkommensteuererklärungsvordruck erteilte Empfangsvollmacht gilt nur für Bescheide des betreffenden Veranlagungszeitraums. 10Dagegen entfaltet die im Erklärungsvordruck zur gesonderten und einheitlichen Feststellung erteilte Empfangsvollmacht nicht lediglich Wirkung für das Verfahren des entsprechenden Feststellungszeitraums, sondern ist solange zu beachten, bis sie durch Widerruf entfällt (Urteil des FG Brandenburg vom 17.9.1997, EFG 1998 S. 7).
11Ein während eines Klageverfahrens ergehender Änderungsbescheid ist i.d.R. dem Prozessbevollmächtigten bekannt zu geben (BFH-Urteile vom 5.5.1994 - VI R 98/93 - BStBl II, S. 806, und vom 29.10.1997 - X R 37/95 - BStBl 1998 II, S. 266 ).
1.7.3 1Wird ein Verwaltungsakt dem betroffenen Steuerpflichtigen bekannt gegeben und hierdurch eine von ihm erteilte Bekanntgabevollmacht zugunsten seines Bevollmächtigten ohne besondere Gründe nicht beachtet, wird der Bekanntgabemangel durch die Weiterleitung des Verwaltungsaktes an den Bevollmächtigten geheilt. 2Die Frist für einen außergerichtlichen Rechtsbehelf beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Bevollmächtigte den Verwaltungsakt nachweislich erhalten hat (BFH-Urteil vom 8.12.1988 - IV R 24/87 - BStBl 1989 II, S. 346).
1.7.4 Wegen der Zustellung an Bevollmächtigte vgl. Nr. 3.3.
1.7.5 1Hat der Steuerpflichtige einen Bevollmächtigten benannt, bleibt die Vollmacht so lange wirksam, bis der Finanzbehörde ein Widerruf zugeht (§ 80 Abs. 1). 2Die Wirksamkeit einer Vollmacht ist nur dann auf einen Besteuerungszeitraum oder einen einzelnen Bearbeitungsvorgang begrenzt, wenn dies ausdrücklich in der Vollmacht erwähnt ist oder sich aus den äußeren Umständen ergibt (z.B. bei Einzelsteuerfestsetzungen); vgl. aber auch Nr. 1.7.2.
1.7.6 Wendet sich die Finanzbehörde aus besonderem Grund an den Beteiligten selbst (z.B. um ihn um Auskünfte zu bitten, die nur er selbst als Wissensträger geben kann, oder um die Vornahme von Handlungen zu erzwingen), so soll der Bevollmächtigte unterrichtet werden (§ 80 Abs. 3 Satz 3).