OFD Frankfurt, Verfügung vom 17.9.2021, S 7100 A – 287 – St 110.2
1. Allgemeines
Vergütungen, die eine Körperschaft an die mit der Überwachung ihrer Geschäftsführung beauftragten Personen zahlt (Aufsichtsratsvergütungen), unterliegen auf der Ebene der Körperschaft einem hälftigen Abzugsverbot (vgl. § 10 Nr. 4 KStG). Die Körperschaft muss in der Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung den Empfänger der Aufsichtsratsvergütung, die Höhe der geleisteten Vergütung, die darin enthaltene Umsatzsteuer und den Tag der Zahlung angeben. Im Rahmen der Veranlagungstätigkeiten fertigen die Veranlagungsbezirke der Körperschaften eventuell Kontrollmitteilungen für die Wohnsitzfinanzämter der Aufsichtsräte (vgl. ofix: ORG/440).
Bei Auswertung der Kontrollmitteilungen sind insbesondere die folgenden Punkte zu beachten.
2. Unternehmereigenschaft
Einnahmen, die Steuerpflichtige aus der Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied beziehen, unterliegen als sonstige Leistung grundsätzlich der Umsatzsteuer. Unerheblich ist, ob das Aufsichtsratsmitglied nach erfolgter Wahl, auf Grund eines Entsendungsrechts oder in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer dem Aufsichtsrat angehört.
Trägt das Mitglied eines Aufsichtsrats aufgrund einer nicht variablen Festvergütung jedoch kein Vergütungsrisiko, ist es nicht selbständig tätig und dementsprechend kein Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG (vgl. BMF-Schreiben vom 08. Juli 2021, BStBl I 2021, 919). Die Aufsichtsratsvergütung ist in solchen Fällen als Einnahme aus einer nicht selbständigen Tätigkeit nicht umsatzsteuerbar.
Eine Festvergütung liegt insbesondere im Fall einer pauschalen Aufwandsentschädigung vor, die für die Dauer der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat gezahlt wird. Sitzungsgelder, die für die tatsächliche Teilnahme an Sitzungen, und Aufwandsentschädigungen, die für den tatsächlichen Aufwand gezahlt werden, sind keine Festvergütung.
Besteht die Vergütung sowohl aus variablen als auch festen Bestandteilen, ist die Tätigkeit grundsätzlich als selbständig anzusehen, wenn die variablen Bestandteile mehr als 10 % der Gesamtvergütung im Kalenderjahr betragen. Die Voraussetzungen sind für jedes Mandat eines Aufsichtsrates separat zu prüfen.
Bei Beamten und anderen Bediensteten einer Gebietskörperschaft, die diese Tätigkeit auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung ihres Dienstherrn übernommen haben und nach beamtenrechtlichen oder anderen dienstrechtlichen Vorschriften verpflichtet sind, die Vergütung ganz oder teilweise an den Dienstherrn abzuführen, steht die Aufsichtsratstätigkeit in so engem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis, dass sie als Teil der unselbständigen Tätigkeit angesehen werden muss, auch wenn ein Vergütungsrisiko besteht.
Auch Teile der Vergütungen, die den Beamten und anderen Bediensteten nach bundes- oder landesrechtlichen Bestimmungen vom Dienstherrn belassen werden, sind ertragsteuerlich als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zu behandeln (vgl. ofix: EStG/19/67). Für die Umsatzsteuer folgt hieraus, dass die in Betracht kommenden Beamten und anderen Bediensteten im Rahmen ihrer Aufsichtsratstätigkeit nicht selbständig tätig werden und somit nicht als Unternehmer i. S. d. § 2 Abs. 1 UStG beurteilt werden können.
Für Minister und Staatssekretäre gilt die vorstehende Regelung entsprechend, soweit sie im Zusammenhang mit ihrer Zugehörigkeit zur Bundes- oder einer Landesregierung einem Aufsichtsrat angehören und einer öffentlich-rechtlichen (Teil-)Abführungspflicht unterliegen. Wird der o.g. Personenkreis auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung einer Gebietskörperschaft in einem Verwaltungsrat oder einem anderen Organ einer Gesellschaft, Genossenschaft oder eines Unternehmens eines anderen Rechtsträgers tätig, sind die vorstehenden Grundsätze entsprechend anzuwenden.
Die vorstehenden Grundsätze gelten auch für Mitglieder von Ausschüssen, die der Aufsichtsrat nach § 107 Abs. 3 AktG bestellt hat und für Mitglieder von anderen Gremien, die nicht der Ausübung, sondern der Kontrolle der Geschäftsführung einer juristischen Person oder Personenvereinigung dienen.
Beamte und andere Bedienstete, die ihre Aufsichtsratstätigkeit nicht auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung des Dienstherrn, sondern in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmervertreter ausüben, sind dagegen selbständig tätig, wenn sie ein Vergütungsrisiko tragen (vgl. Abschn. 2.2. Abs. 4 Satz 4 UStAE).
3. Steuerbefreiung für ehrenamtliche Tätigkeiten (§ 4 Nr. 26 UStG)
Zur Steuerbefreiung für ehrenamtliche Tätigkeiten wird auf ofix: UStG/4/11 und ofix: UStG/4/133 verwiesen.
4. Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG)
Falls Aufsichtsräte die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen, ist die Einhaltung der Grenzen des § 19 Abs. 1 UStG zu überwachen. Dabei sind neben einem reinen Umsatzanstieg auch andere Rechtsfolgen zu berücksichtigen, die Auswirkungen auf die Ermittlung des Gesamtumsatzes haben.
Beispiel 1:
U ist ein unternehmerisch tätiges Aufsichtsratsmitglied einer AG. Seine Aufsichtsratsvergütung beträgt im Jahr 202012.000...