Unternehmereigenschaft eines Aufsichtsratsmitglieds

Auch sitzungsabhängige Aufsichtsratsvergütungen führen nicht (zwangsläufig) zur Unternehmereigenschaft eines Aufsichtsratsvorsitzenden. So hat das FG Köln entschieden.

Folgender Fall wurde verhandelt: Der Kläger war in den Jahren 2015-2020 Aufsichtsratsvorsitzender verschiedener Gesellschaften einer Unternehmensgruppe. Für seine Tätigkeit schlossen die Gesellschafter jeweils eine D&O Versicherung ab. Der Kläger erhielt eine durch die jeweilige Gesellschaftssatzung und hierauf beruhenden Hauptversammlungsbeschlüsse geregelte Vergütung. Diese beinhaltete Zahlungen pro Sitzungstag sowie den Ersatz von Auslagen (z. B. Reisekosten). Die Sitzungen sollten ausweislich der jeweiligen Satzungen nach Bedarf, mindestens jedoch einmal pro Halbjahr, stattfinden bzw. auf Antrag.

Vergütungen eines Aufsichtsrats

Die für seine Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender bzw. Mitglied des Aufsichtsrats erhaltenen Vergütungen behandelte der Kläger entsprechend der damaligen Auffassung in Finanzverwaltung und Rechtsprechung in seinen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre ab 2015 zunächst als umsatzsteuerpflichtig. Im Oktober 2020 beantragte er mit Hinweis auf die neue Rechtsprechung des EuGH, Urteil v. 13.6.2019, C – 420/18 sowie des BFH, Urteil v. 27.11.2019, V R 23/19 die Änderung seiner Umsatzsteuerfestsetzungen wegen fehlender Unternehmereigenschaft. Das Finanzamt lehnte ab, da die Sachverhaltskonstellation in dem vom Kläger angeführten BFH-Urteil (von den Sitzungen des Aufsichtsrats unabhängige Festvergütung) nicht mit dem Fall des Klägers vergleichbar sei.

Keine Umsatzsteuer

Die Klage vor dem FG hatte Erfolg. Danach sind die Umsatzsteuerfestsetzungen der Streitjahre rechtswidrig, da das Finanzamt die Vergütungen des Klägers, die dieser für seine Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender verschiedener Aktiengesellschaften erhalten hatte, zu Unrecht der Umsatzsteuer unterworfen hat. Insbesondere könne nicht von der Zahlung einer sitzungsabhängigen Vergütung auf das für die Unternehmereigenschaft erforderliche wirtschaftliche Risiko des Aufsichtsratsvorsitzenden geschlossen werden.

Dies gilt umso mehr, als sich die Vergütung nach den einschlägigen Bestimmungen laut Gesetz, Satzung und der Geschäftsordnung richte. Nach Überzeugung des Gerichts wurde der Kläger in seiner Funktion als Vorsitzender des Aufsichtsrats und damit als Mitglied eines gesetzlich vorgesehenen Organs der Aktiengesellschaft nicht im eigenen Namen und nicht in eigener Verantwortung tätig, was sich bereits durch die gesetzlichen Vorschriften, denen der Kläger als Mitglied des Aufsichtsrats unterliegt, ergebe. Überdies bestand nach Überzeugung des Gerichts auch kein wirtschaftliches Risiko wegen der Inanspruchnahme aufgrund von Schäden durch Pflichtverletzungen. Denn dieses Risiko wurde vollständig durch eine zugunsten des Klägers abgeschlossene D&O-Versicherung ausgeschlossen.

Weitere EuGH-Rechtsprechung beachten

Die gegen das Urteil zunächst eingelegte Revision, Az beim BFH XI R 35/23, wurde zwischenzeitlich zurückgenommen. In diesem Zusammenhang ist das aktuelle Urteil des EuGH, Urteil v. 12.12.2023, C – 288/22, zu beachten. Darin hat der EuGH zum Fall der Tätigkeit eines selbstständigen Rechtsanwalts als Verwaltungsrat von luxemburgischen Aktiengesellschaften klargestellt, dass die Unternehmereigenschaft nicht per se dadurch begründet werde, dass eine an den Erfolg der Aktiengesellschaften geknüpfte, tantiemeartige Vergütung gezahlt wird. Die weitere Entwicklung der nationalen Rechtsprechung ist daher aufmerksam zu beobachten. Die Finanzverwaltung wird nicht umhinkommen, die Ausführungen in Abschn. 2.2 Abs. 3a UStAE zu überarbeiten.

Keine Steuerschuld nach § 14c UStG

Das FG Köln hat im vorliegenden Verfahren auch (nochmals) entschieden, dass eine Steuerschuld nach § 14c UStG nicht entsteht, wenn feststeht, dass durch den unberechtigten oder unrichtigen Steuerausweis in einer Rechnung keine Steuergefährdung eintreten kann. Der Aussteller der Rechnung muss daher in diesen Fällen weder die Rechnung berichtigen noch den zu viel vereinnahmten Steuerbetrag an den Rechnungsempfänger zurückzahlen (vgl. hierzu bereits FG Köln, Urteil v. 25.7.2023, 8 K 2452/21) sowie einschränkend BMF, Schreiben v. 27.2.2024, III C 2 – S 7282/19/10001 :002.

FG Köln, Urteil v. 15.11.2023, 9 K 1068/22


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