Leitsatz
Ein durch die Aufspaltung der Organgesellschaft ggf. angefallener Übertragungsgewinn ist Teil des der Organträgerin nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG zuzurechnenden Einkommens (entgegen BMF-Schreiben vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rz Org.27 Satz 1).
Normenkette
§ 17 Abs. 2, § 125 Satz 1 UmwG, § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG, § 14 Abs. 1 Satz 1 GewStG
Sachverhalt
Die A‐GmbH betrieb im Streitjahr 2008 in X und Z 30 (fiktive Zahlenangabe) Einzelhandelsgeschäfte (jeweils als GmbH). Alleingesellschafterin der A‐GmbH war die B‐GmbH. Konzernobergesellschaft war die Beigeladene, eine GmbH. Zwischen der B‐GmbH und der A‐GmbH bestand im Streitjahr sowohl ein körperschaftsteuerrechtliches als auch ein gewerbesteuerrechtliches Organschaftsverhältnis, wie ebenfalls auch zwischen der B‐GmbH und der Beigeladenen.
Die A‐GmbH erzielte im Streitjahr einen erheblichen Umsatz und ein positives Betriebsergebnis, das aufgrund des bestehenden Organschaftsverhältnisses an die B‐GmbH abgeführt wurde.
Im "Lagebericht" als weiteren Anhang zum Jahresabschluss zum 31.12.2008 (erstellt im Februar 2009) heißt es u.a., dass zum 1.1. das Vermögen der A‐GmbH filialspezifisch auf die bereits 2008 gegründeten 30 (fiktive Zahlenangabe) GmbH, zuzüglich einer GmbH für die Verwaltung, nach den Regelungen des UmwG im Wege der Aufspaltung übertragen werden solle. Wesentlicher Schwerpunkt werde 2009 der Beginn der Überführung der meisten "A"‐Filialen an selbstständige Einzelhändler (Privatisierung) sein. Diese Privatisierungsoffensive werde in den folgenden Jahren fortgesetzt. Man sei überzeugt, dass die vorgesehene Privatisierungsoffensive einen erfolgreichen Verlauf nehmen werde.
Die A‐GmbH wurde durch Vertrag vom 17.6.2009 mit steuerlicher Rückwirkung zum 31.12.2008 durch Abspaltung zur Übernahme auf die zehnte (fiktive Zahlenangabe) Nachfolge-GmbH aufgespalten. Die zehnte (fiktive Zahlenangabe) dieser Nachfolge-GmbH ist die Klägerin. Sie übernahm von der A‐GmbH die sog. Zentralfunktionen des bisherigen Unternehmens. Sämtliche übernehmenden Gesellschaften und somit auch die Klägerin waren im Jahr 2008 durch Bargründung errichtet worden. Alleingesellschafterin der zehnten GmbH war fortan die B‐GmbH. Die Abspaltung erfolgte auf der Grundlage einer vom FA F am 10.6.2008 erteilten verbindlichen Auskunft, dass es sich bei den 30 (fiktive Angabe) Einzelhandelsstandorten und bei dem Zentralverwaltungsvermögen jeweils um Teilbetriebe i.S.v. § 15 UmwStG 2006 handele. Nur wenige Tage später schloss die B‐GmbH mit den meisten Nachfolge-GmbH der A‐GmbH Ergebnisabführungsverträge für die Dauer von mindestens fünf Jahren ab. Die Verträge galten rückwirkend ab 1.1.2009 und beinhalteten ein Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund für den Fall der Veräußerung der Mehrheit der Anteile an der Organgesellschaft. Am 14.7.2009 wurde die A‐GmbH im Handelsregister gelöscht.
Im Anschluss an die Aufspaltung wurden – beginnend im Juli 2009 – die Gesellschaftsanteile an mehreren der neu entstandenen GmbH ganz überwiegend an selbstständige Einzelhändler des C‐Verbundes veräußert; einige Nachfolge-GmbH wurden innerhalb des C‐Konzerns veräußert. Die ... GmbH verkörpern insgesamt weniger als 20 % des ursprünglichen Vermögens der A‐GmbH.
Am 30.9.2009 reichte die zu diesem Zeitpunkt im Handelsregister bereits gelöschte A‐GmbH ihre Jahressteuererklärungen für das Streitjahr beim FA F ein. Mit Schreiben an dieses vom 5.12.2011 wurde Buchwertfortführung beantragt. Im Rahmen einer Konzernbetriebsprüfung vertrat die Prüferin die Auffassung, im Hinblick auf die anschließende Veräußerung eines maßgeblichen Teils der Gesellschaftsanteile an den Nachfolge-GmbH sei eine Buchwertfortführung nicht möglich. Sie ermittelte einen gewerbesteuerrechtlichen Übertragungsgewinn i.H.v. ... EUR. Dem lag ein von einem Fachprüfer ermittelter Unternehmenswert der A‐GmbH zum Stichtag 31.12.2008 i.H.v. ... EUR zugrunde.
Am 9.8.2016 erließ das FA gegenüber allen ... Nachfolge-GmbH der A‐GmbH einen gleichlautenden Bescheid betreffend GewSt-Messbetrag 2008 über ... EUR. Als Besteuerungsgrundlage hierfür wurde ein Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. (abgerundet) ... EUR angegeben. In den Erläuterungen zum Bescheid heißt es u.a.: "Die an der Spaltung beteiligten Rechtsträger sind Gesamtschuldner. Sämtliche Rechtsnachfolger der A‐GmbH haben einen Bescheid gleichen Inhalts erhalten."
Dagegen hat die Klägerin erfolgreich Sprungklage zum FG erhoben (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31.5.2018, 9 K 9143/16, Haufe-Index 12024273, EFG 2018, 1681).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des FA aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen ab.
Hinweis
1. Die Besprechungsentscheidung steht hinsichtlich der rechtlichen Problematik in engem Zusammenhang mit dem im vorherigen Beitrag erläuterten Urteil. Hier wie dort hat sich der BFH gegen die Auffassung der Finanzverwaltung gestellt. Auf die Praxis-Hinweise zum zuvor abgedruckten Urteil des BFH vom 11.8.2021 (I R 39/18) ist zunächst zu verweisen.
2. Auch im vorlieg...