Leitsatz
Aufwendungen eines in Deutschland lebenden Ausländers für das Erlernen der deutschen Sprache gehören regelmäßig auch dann zu den nichtabziehbaren Kosten der Lebensführung, wenn ausreichende Deutschkenntnisse für einen angestrebten Ausbildungsplatz förderlich sind.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Satz 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7, § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG
Sachverhalt
Die Kläger wurden für das Streitjahr 2001 zusammen zur ESt veranlagt. Die bisher nicht berufstätige Klägerin ist thailändische Staatsangehörige und lebt seit der Eheschließung im Streitjahr in Deutschland. 2001 nahm die Klägerin an von der Volkshochschule X angebotenen Sprachkursen "Deutsch-Intensivkurs für Ausländer" teil. In der ESt-Erklärung für 2001 machte die Klägerin Aufwendungen für die Sprachkurse i.H.v. 1.500 DM als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG geltend. Das FA berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen nicht.
Das FG gab der Klage statt (EFG 2004, 490). Die Aufwendungen seien als erwerbsbedingte Bildungskosten für eine erstmalige Berufsausbildung zu berücksichtigen.
Entscheidung
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab. Das FG habe die Aufwendungen der Klägerin für den Erwerb von Deutschkenntnissen zu Unrecht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit anerkannt.
Die Aufwendungen der Klägerin für den Besuch der Deutschkurse stellten auch keine Aufwendungen für die Berufsausbildung gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar. Der BFH habe bislang offen gelassen, ob dieser Vorschrift – in der für das Streitjahr 2001 geltenden Fassung – nach der neuen Rechtsprechung des BFH zum Werbungskostenabzug bei Aufwendungen für die Berufsausbildung noch ein eigener Anwendungsbereich zukomme. Er habe jedoch im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG stets gefordert, dass vom Steuerpflichtigen eine nachhaltige berufsmäßige Ausübung der erlernten Fähigkeiten zur Erzielung von Einkünften angestrebt werden müsse. Diese Voraussetzungen seien hier nicht gegeben. Der Besuch der Deutschkurse fördere in erster Linie die Allgemeinbildung der Klägerin und stelle damit keine Berufsausbildung i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar.
Hinweis
1. Der BFH bekräftigte zunächst nochmals, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung als vorab entstandene Werbungskosten anerkannt werden können. Maßgebend hierfür ist, dass die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen aus einer beruflichen Tätigkeit stehen. Allerdings ist ein Werbungskostenabzug ausgeschlossen, wenn das Hineinspielen der Lebensführung nicht von ganz untergeordneter Bedeutung ist.
2. Im Streitfall hatte das FG angenommen, dass die Aufwendungen der (thailändischen) Klägerin für die Deutschkurse einen hinreichenden beruflichen Bezug aufwiesen. Denn bei ausreichenden Deutschkenntnissen hätte die Klägerin möglicherweise einen Ausbildungsplatz in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf erlangen können. Diesen beruflichen Bezug hat der BFH als nicht ausreichend angesehen.
3. Der BFH stellte maßgeblich darauf ab, dass beim Erwerb von Deutschkenntnissen regelmäßig auch private Gesichtspunkte eine nicht untergeordnete Rolle spielen. Der BFH wies darauf hin, dass die ausländische Klägerin die durch den Sprachkurs erlangten Grundkenntnisse der deutschen Sprache auch im täglichen Leben und auch in der Verständigung mit ihrem deutschen Ehemann (dem Kläger) verwende bzw. verwenden könne. Dem Besuch der Deutschkurse komme demnach ein erheblicher privater Nutzen für die Klägerin zu, der auch nicht durch den vom FG angeführten beruflichen Bezug überlagert werde.
4. Das FG hatte sich in seiner Entscheidung maßgeblich auf die Rechtsprechung des BFH zu Fremdsprachkursen bezogen (vgl. u.a. BFH, Urteil vom 15.3.2007, VI R 61/04, BFH-PR 2007, 263, m.w.N.). Indessen kann der Besuch von Deutschkursen i.d.R. nicht mit dem Erlernen einer Fremdsprache gleichgesetzt werden. Denn die Lebensführung eines in Deutschland lebenden Ausländers wird durch Deutschkurse wesentlich intensiver berührt als die Lebensführung eines Steuerpflichtigen, der eine gängige Fremdsprache aus beruflichen Gründen erlernt; denn diese wird in seinem privaten Umfeld üblicherweise nicht gesprochen.
Die in Deutschkursen erworbenen Sprachkenntnisse fördern die soziale Integration ausländischer Mitbürger und ermöglichen eine erfolgreiche Kommunikation im engeren privaten Umfeld. Der Besuch von Deutschkursen erleichtert damit in erheblicher Weise die Lebensführung ausländischer Mitbürger in Deutschland. Anders als in den vom BFH entschiedenen Fällen zum Erlernen einer Fremdsprache ist die private Verwendung der Deutschkenntnisse durch ausländische Mitbürger derart gewichtig, dass das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG eingreift.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 15.3.2007, VI R 14/04