Prof. Dr. Heinz-Jürgen Pezzer
Leitsatz
1. Aufwendungen eines Facharztes für die Facharztausbildung seines Sohnes, der als sein Nachfolger unentgeltlich in eine GbR eintreten soll, sind keine Sonderbetriebsausgaben, wenn eine solche Ausbildung einem fremden Dritten nicht gewährt worden wäre.
2. Die Aufwendungen kommen auch nicht als Sonderbetriebsausgaben des Sohnes in Betracht, wenn dieser während der Ausbildung noch nicht Gesellschafter war.
Normenkette
§ 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1 und Nr. 5, § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO
Sachverhalt
Eine GbR, die eine kieferorthopädische Gemeinschaftspraxis betrieb, machte als Sonderbetriebsausgaben eines ihrer Gesellschafter Kosten für die Ausbildung dessen bereits als Zahnarzt ausgebildeten und promovierten Sohnes zum Facharzt für Kieferorthopädie geltend. Der Sohn des Gesellschafters war für die Klägerin zunächst unbefristet als Ausbildungsassistent tätig gewesen. Später schloss die Klägerin mit ihm einen Ausbildungsvertrag, der ihm die Ausbildung zum Facharzt für Kieferorthopädie an einer bestimmten Universitätsklinik ermöglichen sollte. Zu diesem Zweck verpflichtete sie sich, die Universität mit der Durchführung einer Studie zu einem bestimmten kieferorthopädischen Thema zu beauftragen sowie die für die Durchführung der Studie erforderlichen und im Vertrag näher bezeichneten und bezifferten Sach- und Personalmittel zur Verfügung zu stellen.
Die Klägerin verpflichtete sich, den Sohn des Gesellschafters nach Ende der Facharztausbildung als neuen Gesellschafter aufzunehmen.
Außerdem war der Sohn vertraglich verpflichtet, nach Beendigung seiner Tätigkeit in der Universitätsklinik und nach einer anschließenden zweijährigen Ausbildung in einer (anderen) zahnärztlichen Praxis in die Praxis der Klägerin einzutreten und der Klägerin die entstandenen Aufwendungen anteilig zu erstatten, wenn das Gesellschaftsverhältnis zwischen ihm und den anderen Gesellschaftern der Klägerin in einem Zeitraum von bis zu drei Jahren nach dessen Beginn gekündigt werden sollte.
Das FA ließ die Ausbildungsaufwendungen in den Bescheiden über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der Klägerin als Sonderbetriebsausgaben unberücksichtigt.
Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos (FG Münster, Urteil vom 20.4.2010, 15 K 2184/07 F, Haufe-Index 2621241, EFG 2011, 863).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Klägerin zurück. Zu Recht habe das FG entschieden, dass die Kosten für die Facharztausbildung des Sohnes des Gesellschafters weder Sonderbetriebsausgaben dieses Gesellschafters noch (vorweggenommene) Sonderbetriebsausgaben des Sohnes in seiner Eigenschaft als später der GbR beigetretener Gesellschafter seien.
Hinweis
1. Kosten für die Facharztausbildung des Sohnes, die der Gesellschafter einer Zahnarzt-GbR aufwendet, können nur unter engen Voraussetzungen Sonderbetriebsausgaben sein.
a) |
Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Ausbildung seiner Kinder gehören grundsätzlich zu den nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbaren Lebenshaltungskosten, und zwar auch dann, wenn die Aufwendungen (auch) der "Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen" dienen (§ 12 Nr. 1 EStG). |
b) |
Das gilt auch, wenn Personengesellschaften Kosten der Ausbildung für Kinder ihrer Gesellschafter als Betriebsausgaben geltend machen. |
c) |
Solche Ausbildungskosten kommen ausnahmsweise nur dann als Betriebsausgaben in Betracht, wenn sie nachweisbar vollständig oder ganz überwiegend betrieblich veranlasst sind.
aa) |
Eine betriebliche Veranlassung kann etwa gegeben sein, wenn die Übernahme der Ausbildung eines Angestellten (gegen die Verpflichtung auf anschließende berufliche Tätigkeit im Betrieb unter Vereinbarung einer Rückzahlungsklausel bei Nichterfüllung) dazu dienen soll, die daraus gewonnenen Erkenntnisse für den Betrieb nutzbar zu machen oder den Betrieb mit dem Angestellten als hinreichend qualifiziertem Leiter fortsetzen zu können. |
bb) |
Indes sind solche Ausbildungskosten grundsätzlich auch dann privater Natur, wenn die Ausbildung von Kindern zugleich eine spätere Unternehmensnachfolge vorbereiten soll. Denn auch diese ist ein grundsätzlich privater Vorgang. |
cc) |
Die Zuordnung solcher Ausbildungskosten zum betrieblichen (bzw. beruflichen) Bereich setzt daher voraus, dass der Leistungsbeziehung zwischen Eltern und Kindern Vereinbarungen zugrunde liegen, die den für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelten Anforderungen genügen. Sie müssen demnach klar und eindeutig getroffen sein und nach Inhalt wie Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (Fremdvergleich). |
dd) |
Werden Kosten aufgewendet, um einen betrieblichen Nachfolger auszubilden, so ist die betriebliche Veranlassung zweifelhaft, wenn keine Umstände erkennbar sind, |
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- die den Ausgebildeten angesichts seines Alters und seines beruflichen Werdegangs nach objektiven Maßstäben als möglichen künftigen Leiter des Betriebs ausweisen, oder
- nach denen ein fremder Dritter im vergleichbaren Alter sowie demselben Ausbildungsstand al...