Arbeitslohn, der nach einem DBA von der inländischen Besteuerung freigestellt ist, weil das Besteuerungsrecht dem ausländischen Staat zusteht, bleibt bei der Einkommensteuerveranlagung nur noch dann außer Ansatz, wenn der Arbeitnehmer seinem Wohnsitzfinanzamt nachweist, dass der ausländische Tätigkeitsstaat auf sein Besteuerungsrecht verzichtet oder die nach den Bestimmungen des jeweiligen DBA hierauf entfallende Steuer im Ausland tatsächlich entrichtet hat (sog. nationale Rückfallklausel). Wird der Besteuerungsnachweis erst zu einem Zeitpunkt geführt, in dem die ausländischen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bereits in die deutsche Einkommensbesteuerung einbezogen worden sind, verpflichtet der Gesetzgeber das Finanzamt zur nachträglichen Steuerfreistellung durch Änderung des bisherigen Einkommensteuerbescheids. Dies gilt auch dann, wenn bei der Einkommensteuerfestsetzung zunächst zu Unrecht vom inländischen Besteuerungsrecht ausgegangen wurde. Die Rückfallklausel beinhaltet insoweit eine eigenständige Korrekturvorschrift. Eine sonst mögliche Doppelbesteuerung wird dadurch ausgeschlossen. Die Anforderungen, die von den Finanzämtern an den Besteuerungsnachweis gestellt werden, sind in einem bundeseinheitlichen Merkblatt geregelt.
Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der nationalen Rückfallklausel
Nachdem völkerrechtliche Vereinbarungen Vorrang vor nationalem Recht haben, ist zweifelhaft, ob das nationale EStG die bilateralen Vorschriften eines Doppelbesteuerungsabkommens überschreiben kann. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der sog. Treaty override-Regelung durch § 50d Abs. 8 EStG hat das BVerfG als verfassungsgemäß entschieden.
Die nationale gesetzliche Regelung gilt unabhängig davon, ob nach dem einschlägigen DBA eine Rückfallklausel vorgesehen ist oder nicht. Sie ist neben der Vorschrift des § 50d Abs. 9 EStG anwendbar, soweit sie die Steuerfreistellung in einem weitergehenden Umfang einschränkt. Die hiervon abweichende Rechtsprechung in den sog. Pilotenfällen ist durch eine gesetzliche Erweiterung der Vorschrift für Veranlagungszeiträume seit 2013 überholt.
Durch die nationale Rückfallklauseln wird verhindert, dass der bei einer Auslandstätigkeit bezogene Arbeitslohn in keinem der beiden Staaten der Besteuerung unterliegt, weil der Arbeitnehmer seine Bezüge gegenüber dem ausländischen Staat pflichtwidrig nicht erklärt hat oder das Besteuerungsrecht durch den ausländischen Tätigkeitsstaat deshalb nicht ausgeübt wird, weil dieser erst zu einem Zeitpunkt von dem Sachverhalt erfährt, in dem keine Vollstreckungsmöglichkeiten gegen den Steuerpflichtigen mehr bestehen.
Angabe der steuerfreien Lohnbezüge in der Anlage N
Für die Eintragung der nach einem DBA steuerfreien Lohnbezüge sind die Zeilen 22–25 (i. V. m. der Anlage N-AUS) bzw. für Grenzgänger die Zeile 26 der Anlage N der Einkommensteuererklärung vorgesehen. Die Anlage AUS ist der Vermeidung der Doppelbesteuerung durch Anrechnung der ausländischen Steuer vorbehalten. Zum Nachweis der ausländischen Besteuerung bei Anwendung des Steuerfreistellungsverfahrens müssen in jedem Fall zusätzlich zu den Angaben in der Anlage N der Steuerbescheid oder entsprechende Unterlagen der ausländischen Steuerbehörde beigefügt werden.
Die Pflicht zum Nachweis der faktischen Besteuerung ausländischer Lohnbezüge betrifft ausschließlich das Veranlagungsverfahren. Der Besteuerungsnachweis entfällt, wenn die Nichtbesteuerung durch die nationalen Steuergesetze des anderen Staates festgelegt wird. Nach Auffassung des FG Münster genügt zur Vermeidung der Rückfallklausel auch eine Arbeitgeberbescheinigung als Nachweis der tatsächlichen Besteuerung der im Ausland bezogenen Lohneinkünfte. Im Lohnsteuerabzugsverfahren bleibt es dabei, dass das Betriebsstättenfinanzamt auf Antrag des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers eine Freistellungsbescheinigung erteilt. Der amtliche Vordruck der Freistellungsbescheinigung enthält einen entsprechenden Hinweis auf die Nachweispflicht der ausländischen Besteuerung für das Veranlagungsverfahren.
DBA mit Grenzgängerregelungen
Eine weitere Ausnahme vom Grundsatz, dass dem Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zusteht, sehen bestimmte DBA für Grenzgänger vor. Grenzgängerregelungen, die das Besteuerungsrecht für diesen Personenkreis grundsätzlich dem Wohnsitzstaat zuweisen, bestehen in den DBA mit Frankreich, Österreich und der Schweiz.