Leitsatz
1. Werden im Dachgeschoss eines Mehrfamilienhauses Räumlichkeiten, die nicht zur Privatwohnung des Steuerpflichtigen gehören, als Arbeitszimmer genutzt, so handelt es sich hierbei im Regelfall um ein "außerhäusliches" Arbeitszimmer, das nicht unter die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG fällt.
2. Etwas anderes kann dann gelten, wenn die Räumlichkeiten aufgrund der unmittelbaren räumlichen Nähe mit den privaten Wohnräumen des Steuerpflichtigen als gemeinsame Wohneinheit verbunden sind. Ob eine solche gemeinsame Wohneinheit vorliegt, ist von den FG aufgrund wertender Betrachtung zu entscheiden (Fortführung der BFH-Urteile vom 26.2.2003, VI R 124/01, BFH-PR 2003, 299 und VI R 125/01, BFH-PR 2003, 300).
3. Nutzt ein Steuerpflichtiger ein Arbeitszimmer im Rahmen mehrerer Einkunftsarten, so sind die da?rauf getätigten Aufwendungen entsprechend den tatsächlichen Nutzungsanteilen auf die verschiedenen Einnahmequellen aufzuteilen.
Normenkette
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b, § 9 Abs. 5 EStG
Sachverhalt
Der Kläger, Professor an einer Fachhochschule, erzielte zusätzlich Einkünfte aus einer schriftstellerischen Nebentätigkeit. Er bewohnte gemeinsam mit seiner Ehefrau, die als Oberärztin tätig war, die Erdgeschosswohnung eines ihm gehörenden dreistöckigen Wohngebäudes. Im Dachgeschoss befand sich ein vom gemeinsamen Treppenhaus her separat zugänglicher Raum, der von der Ehefrau als Arbeitszimmer genutzt wurde, und zum anderen eine aus vier weiteren Räumen bestehende rd. 40 qm große Mansardenwohnung, in der der Kläger sein Arbeitszimmer eingerichtet hatte.
Das FA begrenzte den Werbungskostenabzug beim Kläger auf 2.400 DM. Das FG wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Die beruflich genutzten Räume seien nicht bereits deswegen als häusliches Arbeitszimmer anzusehen, weil sie sich unter dem gleichen Dach wie die selbstgenutzte Wohnung befänden. Nur wenn die Räumlichkeiten aufgrund der unmittelbaren räumlichen Nähe mit den privaten Wohnräumen des Steuerpflichtigen als gemeinsame Wohneinheit verbunden sind, könne ein häusliches Arbeitszimmer vorliegen. Ob eine solche gemeinsame Wohneinheit vorliege, sei von den FG aufgrund wertender Betrachtung zu entscheiden. Die Aufwendungen seien ggf. noch entsprechend den tatsächlichen Nutzungsanteilen auf die verschiedenen Einnahmequellen aufzuteilen.
Im Übrigen sei zu prüfen, ob die Räume der Mansardenwohnung auch zu privaten Zwecken genutzt wurden. Sei dies der Fall, so habe der Kläger in dieser zusätzlichen Wohneinheit eine weitere häusliche Sphäre geschaffen. Die beruflich genutzten Räume seien dann aus diesem Grund als "häuslich" anzusehen.
Hinweis
1. Der BFH hat mit der Besprechungsentscheidung die Gelegenheit genutzt, seine Grundsätze zur Frage der "Häuslichkeit" (bzw. der "Außerhäuslichkeit") von Arbeitszimmern (nochmals) genauer zu strukturieren und zu begründen. Der Entscheidung kommt auch deshalb erhebliche Bedeutung zu, weil die Abzugsbeschränkungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nur für "häusliche" Arbeitszimmer gelten. Überdies beabsichtigt der Gesetzgeber, die dort angeführten Abzugsbeschränkungen zu verschärfen.
2. Die "Häuslichkeit" kann sich konkret entweder auf ein ( Einfamilien-)Haus oder auf eine Wohnung (in einem Mehrfamilienhaus) beziehen. Entscheidend ist jeweils, welche Räume jeweils zu einer Wohneinheit gehören.
3. Grundsätzlich gehören alle Räume eines Einfamilienhauses zu dieser Wohneinheit und können nicht aus dieser Zugehörigkeit herausgelöst werden (es sei denn aus funktionalen Gründen: z.B. Tonstudio, Praxis, Kanzlei etc.). Folgerichtig können deshalb Neben- und Zubehörräume, die zu dieser Wohneinheit gehören, nicht außerhäuslich sein (vgl. BFH, Urteile vom 19.9.2002, VI R 70/01, BFH-PR 2003, 88 – Kellerraum eines Einfamilienhauses; vom 13.11.2002, VI R 164/00, BFH-PR 2003, 170 – Anbau an einem Einfamilienhaus; vom 26.2.2003, VI R 156/01, BFH-PR 2003, 298 – Arbeitszimmer im Dachgeschoss eines Ein familienhauses).
Gleiches gilt für sämtliche Räume, die zu einer Wohnung eines Steuerpflichtigen in einem Mehrfamilienhaus gehören (vgl. BFH, Urteil vom 26.2.2003, VI R 130/01, BFH-PR 2003, 346 – zur Wohnung gehörender Hobbyraum im Keller eines Mehrfamilienhauses).
Umgekehrt sind Zubehörräume, die nicht zur Privatwohnung eines Steuerpflichtigen gehören, grundsätzlich außerhäuslich (BFH, Urteil vom 26.2.2003, VI R 160/99, BFH-PR 2003, 301 – gesondert angemieteter, als Arbeitsraum genutzter Kellerraum).
4. Nutzt ein Steuerpflichtiger in einem Mehrfamilienhaus – zusätzlich zu seiner Wohnung – eine weitere Wohnung als "Arbeitszimmer", so liegt grundsätzlich keine "Häuslichkeit" vor. Dies ist (nur) dann anders, wenn aufgrund besonderer Umstände zwischen beiden Wohnungen ein innerer Zusammenhang besteht. Ob eine solche größere "Wohneinheit" vorliegt, ist vom FG in wertender Betrachtung zu beurteilen.
Bereits in den Urteilen, beide vom 26.2.2003, VI R 124/01, BFH-PR 2003, 299; VI R 125/01, BFH-P...