OFD Karlsruhe, Verfügung vom 28.4.2023, S 0460a (§ 233a Karte 1)
1 Auswirkung der Änderung der Zinsfestsetzung auf einen ausgesprochenen Erlass
Führt eine Änderung der Steuerfestsetzung auch zu einer Herabsetzung bisher festgesetzter Nachzahlungszinsen, wirkt sich dies wie folgt auf einen zuvor gewährten Erlass aus:
Neben der Regelung des § 233a Abs. 8 Satz 3 AO bzw. soweit die Regelung des § 233a Abs. 8 Satz 3 AO nicht greift, gilt folgendes:
Erlass erfolgte unter der folgenden auflösenden Bedingung
„Soweit die mit diesem Bescheid erlassenen Nachzahlungszinsen später aufgrund einer Änderung oder Aufhebung der dem Erlass zugrundeliegenden Zinsfestsetzung entfallen, entfällt der ausgesprochene Erlass rückwirkend (auflösende Bedingung).”
Tritt die auflösende Bedingung ein, ist keine Erteilung eines berichtigten Erlassbescheids erforderlich, der Erlass entfällt rückwirkend auf der Grundlage der auflösenden Bedingung (vgl. BFH-Beschluss vom 30.9.2003, X B 85/03, BFH/NV 2004 S. 154).
Erlass erfolgte ohne auflösende Bedingung
Enthält die Erlassverfügung keine auflösende Bedingung, ist davon auszugehen, dass sich durch die nachträgliche Herabsetzung der Zinsfestsetzung der Erlass insoweit auf andere Weise gem. § 124 Abs. 2 AO erledigt hat, als die vom Erlass erfassten Zinsen durch die Herabsetzung entfallen sind, so dass der Erlass ebenfalls nicht förmlich widerrufen/zurückgenommen werden muss (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 31.1.1958, III 178/55 U, BStBl III 1958 S. 184).
1.1 Vollständiger Erlass festgesetzter Nachzahlungszinsen
Durch die Erlassverfügung wurden die im letzten zusammengefassten Verwaltungsakt (= nachfolgend Steuerbescheid) festgesetzten Nachzahlungs-Zinsen vollständig erlassen.
Beispiel 1
Vor Ablauf des ersten vollen Zinsmonats leistet eine Steuerbürgerin / ein Steuerbürger eine freiwillige Zahlung vor Festsetzung der zu verzinsenden Steuer. Die im Steuerbescheid festgesetzten Nachzahlungszinsen werden in vollem Umfang erlassen. In einem nachfolgenden Änderungsbescheid werden die Nachzahlungszinsen auf 0 EUR herabgesetzt (und zugleich Erstattungszinsen festgesetzt).
Im maschinell erstellten Steuerbescheid, in dem die Nachzahlungszinsen auf 0 EUR herabgesetzt werden, ist in diesen Fällen auch die Abrechnung zur Zinsfestsetzung grundsätzlich zutreffend; maschinell wird regelmäßig richtigerweise unterstellt, dass der Erlass rückwirkend vollumfänglich entfallen ist. Eine nachträgliche Buchung eines veränderten Erlassbetrags ist nicht erforderlich.
1.2 Teilweiser Erlass von Nachzahlungszinsen
Durch die Erlassverfügung wurden die im letzten Steuerbescheid festgesetzten Zinsen nur teilweise erlassen.
Bei dieser Fallkonstellation ist personell zu überprüfen, ob bzw. inwieweit der bisherige Erlass noch seine Berechtigung hat bzw. inwieweit die auflösende Bedingung eingetreten ist oder sich der Erlass auf andere Weise erledigt hat. In derartigen Fällen sollte regelmäßig ein maschineller Hinweis (E-Hinweis 237) einen Anstoß zur Überprüfung geben.
Beispiel 2
Mit geändertem Steuerbescheid 2012 vom 13.4.2018 wurden Nachzahlungszinsen in folgender Höhe festgesetzt:
Unterschiedsbetrag zu Ihren Ungunsten |
835.473 EUR |
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zu verzinsen |
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835.473 EUR zu Ihren Ungunsten |
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835.450 EUR vom 1.4.2014 bis 16.4.2018 |
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(48 volle Monate zu 0,5 % = 24 %) |
200.508 EUR |
Die Steuerbürgerin leistete folgende freiwillige Zahlungen vor Festsetzung der zu verzinsenden Steuer:
Am 23.4.2015: 308.000 EUR und am 18.12.2017: 340.000 EUR
Auf Grundlage von Tz. 70.1 des AEAO wurde ein Erlass in folgender Höhe ausgesprochen:
1. |
freiwillige Leistung |
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308.000 EUR |
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Beginn des fiktiven Zinslaufs: |
23.4.2015 |
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Ende des fiktiven Zinslaufs |
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(= Wirksamkeit der Steuerfestsetzung) |
16.4.2018 |
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Zu erlassende Nachzahlungszinsen |
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308.000 EUR * (35 volle Monate zu 0,5 %) 17,5 % = |
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53.900 EUR |
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2. |
freiwillige Leistung |
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340.000 EUR |
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Beginn des fiktiven Zinslaufs: |
18.12.2017 |
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Ende des fiktiven Zinslaufs |
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(= Wirksamkeit der Steuerfestsetzung) |
16.4.2018 |
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Zu erlassende Nachzahlungszinsen |
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340.000 EUR * (3 volle Monate zu 0,5 %) 1,5 % = |
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5.100 EUR |
Zinsen wurden i.H. von 59.000 EUR (53.900 EUR + 5.100 EUR) erlassen.
Bei einer nachfolgenden Änderung des Steuerbescheids ergab sich neben der Festsetzung von Erstattungszinsen folgende Minderung bisher festgesetzter Nachzahlungszinsen:
Minderung bisher festgesetzter Nachzahlungszinsen |
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423.500 EUR vom ... |