Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmtes Verringerungsverlangen. Arbeitszeit
Leitsatz (amtlich)
Konkretisiert der Arbeitnehmer sein Verlangen auf Verringerung der Arbeitszeit nicht auf einen bestimmten zeitlichen Umfang und räumt er dem Arbeitgeber kein Recht zur Bestimmung des Umfangs der Verringerung ein, so liegt kein Verringerungsverlangen iSv. § 8 Abs. 1 TzBfG vor.
Orientierungssatz
1. Der Antrag des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG ist ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags iSv. § 145 BGB.
2. Der Inhalt eines solchen Angebots muss nach allgemeinem Vertragsrecht so bestimmt sein, dass es mit einem einfachen “Ja” angenommen werden kann. Dem Bestimmtheitsgebot ist auch dann genügt, wenn der Antragende dem Antragsempfänger die konkrete Festlegung eines einzelnen Vertragspunkts überlässt. Der Inhalt des zustande kommenden Änderungsvertrags muss im Hinblick auf die verringerte wöchentliche Arbeitszeit feststehen.
3. Ein Verringerungsverlangen des Arbeitnehmers, das den Umfang der Reduzierung der Arbeitszeit offenlässt, ohne dem Arbeitgeber das Recht zur Festlegung des Umfangs der verringerten wöchentlichen Arbeitszeit nach billigem Ermessen einzuräumen, ist nicht hinreichend bestimmt. Es löst weder die Fiktionswirkungen des § 8 Abs. 5 Satz 2 und 3 TzBfG noch die zweijährige Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG aus.
4. Der Begriff der betrieblichen Gründe in § 8 Abs. 4 Satz 1 und 2 TzBfG ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zukommt. Das Revisionsgericht kann nur überprüfen, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt worden ist, bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter diesen Rechtsbegriff Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt worden sind, nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind oder das Ergebnis widersprüchlich ist.
Normenkette
TzBfG § 8; BEEG § 15; BGB § 145; GewO § 106; ZPO §§ 253, 894
Verfahrensgang
LAG München (Urteil vom 28.09.2006; Aktenzeichen 3 Sa 579/06) |
ArbG München (Urteil vom 15.03.2006; Aktenzeichen 12 Ca 109/05) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 28. September 2006 – 3 Sa 579/06 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit der Klägerin.
Sie ist seit 1998 als kaufmännische Angestellte für die beklagte Bank tätig, die in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Klägerin wird als Hauptkassiererin in einer Zweigstelle eingesetzt. Sie ist Mutter einer im Jahr 2001 geborenen Tochter und nahm bis zum 3. März 2005 Elternzeit in Anspruch.
Vor ihrer Rückkehr aus der Elternzeit begehrte die Klägerin erstmals am 5. Februar 2004 mündlich gegenüber dem Personalleiter der Beklagten eine Teilzeitbeschäftigung anstelle der bisherigen Vollzeittätigkeit. Der Personalleiter lehnte das ab. Unter dem 22. März 2004 und 3. Juni 2004 wiederholte die Klägerin ihren Wunsch. Mit Schreiben vom 22. März 2004 beantragte sie eine Teilzeitbeschäftigung mit einem Umfang von 30 % bis 40 % einer Vollzeittätigkeit. Der Arbeitseinsatz solle an zwei Tagen der Woche erfolgen. Zuletzt teilte die Klägerin unter dem 3. November 2004 mit, sie konkretisiere nun ihren Antrag. Ihre künftige Wochenarbeitszeit solle ab dem 4. März 2005 16 Stunden betragen. Ihre Arbeitsleistung wolle sie während jeweils acht Stunden an zwei Wochentagen in der Zeit von 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr erbringen. Vorrangig wolle sie am Montag und Mittwoch arbeiten. Sie sei aber auch zu einer Beschäftigung an zwei anderen Wochentagen nach Wahl der Beklagten bereit. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 14. Dezember 2004, sie könne der Klägerin keine Teilzeitstelle anbieten.
Die Beklagte wendet ein “Organisationskonzept zur Teilzeitbeschäftigung” an, das auszugsweise wie folgt lautet:
“…
Organisationskonzept für den Marktbereich (incl. Service und Beratung in den Geschäftsstellen)
Alle Kunden unseres Hauses sind Mitarbeitern fest zugeordnet und werden von diesen unter Berücksichtigung des gesamtheitlichen Beratungsansatzes betreut. Die Verantwortung für den Kunden ist ausschließlich bei Servicekunden (‘C-Kunden’) teilbar. Bei Kundenberatern und Kundenbetreuern im ‘A-, B- und E-Kundensegment’ sowie bei Spezialisten im Anlage- und Kreditbereich gilt der Grundsatz ‘one face to the customer’. Die Kundenverantwortung ist hier nicht teilbar, da die Kundennähe im Sinne einer persönlichen Kundenbindung unser wesentlicher Wettbewerbsvorteil ist. Aufgrund der Eigenheiten des Arbeitsplatzes sind Kassenarbeitsplätze grundsätzlich durch Vollzeitmitarbeiter zu besetzen. Führungspositionen im Markt werden generell nur mit Vollzeitmitarbeitern besetzt.
…”
Die Klägerin hat geltend gemacht, sie sei wegen der Betreuung ihrer Tochter auf eine Teilzeitbeschäftigung angewiesen. Sie meint, ihre vor dem Schreiben vom 3. November 2004 an die Beklagte gerichteten Teilzeitbegehren seien keine Verlangen im Rechtssinn des § 8 Abs. 1 TzBfG gewesen. Sie hätten die Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG nicht ausgelöst. Für die Ablehnung des Teilzeitbegehrens bestünden keine betrieblichen Gründe.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, der Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin und der zeitlichen Verteilung ab dem 4. März 2005 wie folgt zuzustimmen:
Verringerung auf 16 Stunden wöchentliche Arbeitszeit, Ableistung an zwei Wochentagen, jeweils acht Stunden von 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr bei einer Stunde Pause, Ableistung jeweils Montag und Dienstag, hilfsweise an zwei anderen, durch die Beklagte festzulegenden Wochentagen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, sie müsse dem Teilzeitverlangen der Klägerin schon deshalb nicht zustimmen, weil der schriftliche Antrag vom 3. November 2004 die Veränderungssperre des § 8 Abs. 6 TzBfG missachtet habe. Die berechtigte Ablehnung eines Teilzeitbegehrens sei nicht nur bei entgegenstehenden betrieblichen Gründen iSv. § 8 Abs. 4 TzBfG anzunehmen. Es genüge, wenn im Zeitpunkt des früheren Verlangens Anspruchsvoraussetzungen gefehlt hätten. Die Teilzeitanträge vom 5. Februar 2004, 22. März 2004 und 3. Juni 2004 seien hinsichtlich des Maßes der Verringerung der Arbeitszeit unbestimmt gewesen. Die Ablehnung sei inhaltlich berechtigt. Das Prinzip “one face to the customer” sei ein betrieblicher Grund iSv. § 8 Abs. 4 TzBfG.
Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag stattgegeben und die Beklagte verurteilt, einer Reduzierung der Arbeitszeit der Klägerin auf 16 Wochenstunden, verteilt auf Montag und Dienstag zu je acht Stunden zwischen 8.00 Uhr und 17.00 Uhr, zuzustimmen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
A. Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
I. Der Hauptantrag der Klägerin ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin erstrebt auf der Grundlage von § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG die Zustimmung zur Verringerung und Neuverteilung ihrer Arbeitszeit auf 16 Wochenarbeitsstunden an zwei Tagen der Woche während jeweils acht Stunden in der Zeit von 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr. Damit verlangt sie die Abgabe einer Willenserklärung iSv. § 894 Abs. 1 ZPO (für die st. Rspr. Senat 8. Mai 2007 – 9 AZR 1112/06 – Rn. 11; 12. September 2006 – 9 AZR 686/05 – Rn. 12, AP TzBfG § 8 Nr. 17 = EzA TzBfG § 8 Nr. 15). Die Angabe eines Datums, zu dem die Vertragsänderung wirksam werden soll, ist entbehrlich. Der Beginn ergibt sich aus dem Gesetz. Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Zustimmung der Beklagten nach § 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO als erteilt (Senat 21. Juni 2005 – 9 AZR 409/04 – Rn. 30, BAGE 115, 136; 23. November 2004 – 9 AZR 644/03 – Rn. 15, BAGE 113, 11).
II. Der Hauptantrag der Klägerin ist begründet.
1. Die allgemeinen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zustimmung nach § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG waren im Zeitpunkt des Änderungsverlangens der Klägerin vom 3. November 2004 erfüllt.
a) Das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bestand seit 1998, also länger als sechs Monate (§ 8 Abs. 1 TzBfG). Die Beklagte beschäftigt in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer (§ 8 Abs. 7 TzBfG).
b) Die Klägerin hielt mit ihrem Schreiben vom 3. November 2004 die dreimonatige Mindestankündigungsfrist des § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ein. Die von ihr gewünschte Verringerung der vertraglich vereinbarten Vollzeitbeschäftigung und die Neuverteilung der Arbeitszeit sollten zum 4. März 2005 wirksam werden.
c) Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin form- und fristgerecht mit Schreiben vom 14. Dezember 2004 und damit länger als einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung ab. Die Arbeitszeit der Klägerin reduzierte sich deshalb nicht bereits kraft Gesetzes nach § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG.
2. Der Hauptantrag ist erfolgreich, obwohl die Klägerin mit Schreiben vom 3. November 2004 in erster Linie eine Verteilung der reduzierten Wochenarbeitszeit auf Montag und Mittwoch anstrebte, während sie prozessual vorrangig eine Festlegung auf Montag und Dienstag erreichen will. Der Hauptantrag entspricht dennoch dem Teilzeitverlangen vom 3. November 2004 und ist nicht als davon abweichendes eigenständiges Teilzeitbegehren zu verstehen. Die Klägerin eröffnete der Beklagten in ihrem Geltendmachungsschreiben die Möglichkeit, die Arbeitszeit auf andere Wochentage als Montag und Mittwoch festzulegen. Ihr kam es nur darauf an, die reduzierte Arbeitszeit auf zwei Wochentage zu verteilen. Die Festlegung dieser Tage überließ sie dem Direktionsrecht der Beklagten (§ 106 Satz 1 GewO).
Dass die Klägerin selbst und nicht die Beklagte nun statt einer Festlegung auf Mittwoch vorrangig eine Festlegung auf Dienstag begehrt, ist für eine solche Auslegung unschädlich. Der Arbeitnehmer soll die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit bei der Geltendmachung der Verringerung seiner Arbeitszeit und des Umfangs der Verringerung angeben, ist dazu aber nicht verpflichtet (§ 8 Abs. 2 Satz 2 TzBfG). Auch in § 8 Abs. 1, 6 und 7 TzBfG stellt das Gesetz allein auf die Verringerung und nicht auf die Verteilung ab. Die Klägerin konnte sich daher noch von ihrem ursprünglichen Verteilungswunsch lösen, ohne damit nach dem objektivierten Empfängerhorizont ein neues Teilzeitverlangen zu verbinden. Die Fiktion des § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG war wegen der unter dem 14. Dezember 2004 erfolgten Ablehnung der Beklagten nicht eingetreten.
3. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, die zweijährige Veränderungssperre des § 8 Abs. 6 TzBfG stehe dem mit Schreiben vom 3. November 2004 geltend gemachten Verringerungs- und Neuverteilungsanspruch nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift kann der Arbeitnehmer eine erneute Verringerung der Arbeitszeit frühestens nach Ablauf von zwei Jahren verlangen, nachdem der Arbeitgeber einer Verringerung zugestimmt oder sie berechtigt abgelehnt hat.
a) Mit ihren ersten drei Teilzeitverlangen vom 5. Februar 2004, 22. März 2004 und 3. Juni 2004, die ihrem Antrag vom 3. November 2004 vorausgingen, machte die Klägerin nur das “Ob” ihres Verringerungswunschs geltend. Entgegen § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG gab sie jedoch nicht den zeitlichen Umfang der Reduzierung an. Ein unbestimmtes Verringerungsverlangen, dessen Inhalt durch die Annahmeerklärung des Arbeitgebers nicht festgelegt werden kann, ist weder ein Antrag iSv. § 145 BGB noch ein Verlangen iSv. § 8 Abs. 1 TzBfG. Es kann die zweijährige Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG deswegen nicht auslösen. Gegen den Fristbeginn sprechen der Wortlaut des § 8 Abs. 2 und 6 TzBfG, die Systematik des § 8 TzBfG und der Zweck der Veränderungssperre.
b) Der Antrag des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG ist ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags iSv. § 145 BGB (Senat 18. Mai 2004 – 9 AZR 319/03 – Rn. 110, BAGE 110, 356; vgl. auch 23. November 2004 – 9 AZR 644/03 – Rn. 45, BAGE 113, 11; 20. Juli 2004 – 9 AZR 626/03 – Rn. 24, BAGE 111, 260). Ein solches Angebot muss nach allgemeinem Vertragsrecht regelmäßig so konkret sein, dass es mit einem einfachen “Ja” angenommen werden kann. Der Inhalt des zwischen den Parteien zustande kommenden Änderungsvertrags muss feststehen (Senat 18. Mai 2004 – 9 AZR 319/03 – aaO).
c) Bei einem Verringerungsbegehren, das den Umfang der Arbeitszeit offenlässt, steht der angestrebte Vertragsinhalt demgegenüber nicht fest.
aa) Die Klägerin legte in ihren drei dem Schreiben vom 3. November 2004 vorausgehenden Verringerungsverlangen weder den Umfang der zu ändernden Arbeitszeit fest noch räumte sie der Beklagten insoweit ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ein.
(1) Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Gegenstand einer solchen Leistungsbestimmung kann grundsätzlich auch der Umfang einer im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Hauptleistungspflicht sein (vgl. Luczak in Leinemann GewO Stand Juli 2007 § 106 Rn. 61 ff.; Neumann in Landmann/Rohmer GewO Stand August 2007 § 106 Rn. 8; ErfK/Preis 8. Aufl. § 611 BGB Rn. 387; Staudinger/Rieble (2004) § 315 Rn. 105 f.; Wank in Tettinger/Wank GewO 7. Aufl. § 106 Rn. 4, 12 und 27). Die damit verbundene Erweiterung des Direktionsrechts muss im Vertragsangebot aus Sicht eines objektiven Dritten unzweifelhaft zum Ausdruck kommen.
(2) Das ist für die drei früheren Teilzeitverlangen zu verneinen. Sie zeigten lediglich, dass die Klägerin in Verhandlungen über die Verringerung der Arbeitszeit eintreten wollte. Sie gab jedoch nicht zu erkennen, dass sie endgültig ihre Verhandlungsmacht über den Umfang ihrer Arbeitspflicht aufgeben und sich einer Festlegung nach dem Ermessen der Beklagten unterwerfen wollte.
bb) Auf unbestimmte Verringerungsverlangen muss der Arbeitgeber nicht innerhalb der in § 8 Abs. 5 Satz 2 und 3 TzBfG genannten Frist durch Annahme oder Ablehnung reagieren, um eine sonst kraft Gesetzes eintretende Änderung des Arbeitsvertrags zu vermeiden (vgl. zu einem Teilzeitbegehren, das die Dreimonatsfrist des § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG unterschreitet, Senat 20. Juli 2004 – 9 AZR 626/03 – Rn. 26 ff., BAGE 111, 260; vgl. 16. März 2004 – 9 AZR 323/03 – Rn. 69 ff., BAGE 110, 45). Dem Arbeitgeber wird kein der Annahme fähiges Angebot unterbreitet. Eine dennoch erklärte Annahme “geht ins Leere”. Sie führt nicht zum Abschluss eines Änderungsvertrags, weil dessen Inhalt unbestimmt bleibt. Es handelt sich um kein Verlangen iSv. § 8 Abs. 1 TzBfG (zu der Voraussetzung der “wirksamen” Antragstellung auch Müller, zu VI seiner Anm. EzA TzBfG § 8 Nr. 15 zu Senat 12. September 2006 – 9 AZR 686/05 –).
Steht schon der Angebotsinhalt nicht fest, kann der Arbeitgeber auch nicht materiell “berechtigt” iSv. § 8 Abs. 6 TzBfG von den gesetzlichen Ablehnungsgründen des § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG Gebrauch machen (zu dem Begriff der berechtigten Ablehnung Senat 23. November 2004 – 9 AZR 644/03 – Rn. 46, BAGE 113, 11). Ohne Kenntnis des Umfangs der Verringerung lassen sich die ihr entgegenstehenden Gründe nicht ermitteln. An den Zugang eines unbestimmten Verringerungsverlangens sind deshalb nicht die Rechtswirkungen des § 8 Abs. 3 bis 5 TzBfG geknüpft. Folgerichtig bedarf der Arbeitgeber dann nicht des Schutzes seiner Planungssicherheit durch die Veränderungssperre des § 8 Abs. 6 TzBfG (ebenso LAG Rheinland-Pfalz 4. Juni 2004 – 3 Sa 186/04 – Rn. 22, NZA-RR 2005, 123 und die ganz hM vgl. Hk-TzBfG/Boecken § 8 Rn. 138; Boewer TzBfG § 8 Rn. 316; Hopfner DB 2001, 2144, 2145; Lindemann/Simon BB 2001, 146, 150; Meinel/Heyn/Herms TzBfG 2. Aufl. § 8 Rn. 108; Sievers TzBfG 2. Aufl. § 8 Rn. 168; Arnold/Gräfl/Vossen TzBfG 2. Aufl. § 8 Rn. 152; Kittner/Däubler/Zwanziger-Zwanziger KSchR 6. Aufl. § 8 TzBfG Rn. 48; aA Link/Fink AuA 2001, 107, 111 f.).
4. Dem mit dem Hauptantrag verfolgten Verringerungs- und Neuverteilungsverlangen stehen keine betrieblichen Gründe iSv. § 8 Abs. 4 Satz 1 und 2 TzBfG entgegen.
a) Das Anliegen der Klägerin, ihr Kind zu betreuen und den Kontakt zum Beruf dennoch nicht zu verlieren, wird nach der gesetzlichen Konzeption des Verringerungs- und Neuverteilungsanspruchs in § 8 TzBfG allerdings nicht berücksichtigt. Danach kommt es nicht auf das Gewicht der vom Arbeitnehmer für seinen Teilzeitwunsch geltend gemachten Gründe an. Persönliche Belange sind in § 8 TzBfG nicht erwähnt. Auch die in § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG aufgezählten Beispiele stellen allein auf die betriebliche Situation, nicht auf die Lebenssituation des Arbeitnehmers ab. Während der Elternzeit trifft § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG eine andere gesetzgeberische Wertung. Dort wird das besondere Interesse der Eltern an einer Verringerung ihrer Arbeitszeit berücksichtigt, indem ein solcher Antrag nur aus dringenden betrieblichen Gründen abgelehnt werden kann. Das erfordert Gründe, die zwingend oder unabweisbar sind (Senat 15. August 2006 – 9 AZR 30/06 – Rn. 30, AP TzBfG § 8 Nr. 16 = EzA TzBfG § 8 Nr. 14; 9. Dezember 2003 – 9 AZR 16/03 – Rn. 19, BAGE 109, 81).
b) Das Vorbringen der Beklagten lässt nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine der gewünschten Teilzeitbeschäftigung entgegenstehenden betrieblichen Gründe erkennen.
aa) Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 und 2 TzBfG hat der Arbeitgeber der Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit zuzustimmen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Umsetzung des Arbeitszeitverlangens die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Insoweit genügt es, wenn der Arbeitgeber rational nachvollziehbare Gründe hat. Dringende betriebliche Gründe sind nicht erforderlich. Die Gründe müssen jedoch hinreichend gewichtig sein. Der Arbeitgeber kann die Ablehnung daher nicht allein mit seiner abweichenden unternehmerischen Vorstellung von der “richtigen” Arbeitszeitverteilung begründen (für die st. Rspr. Senat 8. Mai 2007 – 9 AZR 1112/06 – Rn. 29; 15. August 2006 – 9 AZR 30/06 – Rn. 18, AP TzBfG § 8 Nr. 16 = EzA TzBfG § 8 Nr. 14).
bb) Nach der Rechtsprechung des Senats erfolgt die Prüfung der Gründe des Arbeitgebers regelmäßig in drei Stufen. Zunächst ist festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung überhaupt ein betriebliches Organisationskonzept zugrunde liegt und – wenn das zutrifft – um welches Konzept es sich handelt (erste Stufe). In der Folge ist zu prüfen, inwieweit die Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen tatsächlich entgegensteht (zweite Stufe). Schließlich ist in einer dritten Stufe das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen. Dabei ist die Frage zu klären, ob das betriebliche Organisationskonzept oder die zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung wesentlich beeinträchtigt werden (st. Rspr. vgl. Senat 8. Mai 2007 – 9 AZR 1112/06 – Rn. 29; 15. August 2006 – 9 AZR 30/06 – Rn. 19, AP TzBfG § 8 Nr. 16 = EzA TzBfG § 8 Nr. 14). Dieser Prüfungsmaßstab gilt nicht nur für die Verringerung der Arbeitszeit, sondern auch für ihre Neuverteilung (Senat 16. März 2004 – 9 AZR 323/03 – Rn. 79 f., BAGE 110, 45). Maßgeblich für das Vorliegen der betrieblichen Gründe ist der Zeitpunkt der Ablehnung des Arbeitszeitwunschs durch den Arbeitgeber, die hier mit Schreiben vom 14. Dezember 2004 erfolgte (vgl. zB Senat 21. Juni 2005 – 9 AZR 409/04 – Rn. 40, BAGE 115, 136).
cc) Der Begriff der betrieblichen Gründe ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zukommt. Das Revisionsgericht kann überprüfen, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt worden ist, bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter diesen Rechtsbegriff Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt worden sind, nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind oder das Ergebnis widersprüchlich ist (st. Rspr. vgl. Senat 8. Mai 2007 – 9 AZR 1112/06 – Rn. 28; 9. Dezember 2003 – 9 AZR 16/03 – Rn. 16, BAGE 109, 81). Dieser eingeschränkten Kontrolle hält die Begründung des Landesarbeitsgerichts stand.
dd) Das Berufungsgericht hat angenommen, es sei durchaus vertretbar, mit dem Arbeitsgericht schon auf der ersten Prüfungsstufe ein Organisationskonzept der Beklagten abzulehnen. Das Prinzip “one face to the customer” des bei der Beklagten angewandten “Organisationskonzepts zur Teilzeitbeschäftigung” gelte nicht für Kassenkräfte, sondern nur für Kundenberater und Kundenbetreuer in bestimmten Kundensegmenten sowie für Spezialisten im Anlage- und Kreditbereich. Für Kassenkräfte stelle das Konzept lediglich einen nicht zwingenden Personalplanungsgrundsatz auf. Letzten Endes könne die Frage des Organisationskonzepts dahinstehen, weil das Teilzeitverlangen jedenfalls auf der dritten Stufe nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Prinzips “one face to the customer” führe. Der durch einen persönlichen Ansprechpartner gewonnene Wettbewerbsvorteil wirke sich im Kassenbereich, in dem es nicht wesentlich um Beratung gehe, nicht entscheidend zugunsten der Beklagten aus. Es sei auch nicht ersichtlich, dass es im Hinblick auf die erforderlichen Übergabezeiten zu einer unzumutbaren Kostenbelastung der Beklagten komme. Ebenso wenig sei konkret dargelegt, dass sie Schwierigkeiten habe, auf dem Arbeitsmarkt eine Teilzeitkraft als Ersatz für den teilweisen Ausfall der Klägerin zu finden.
(1) Tragend hat das Landesarbeitsgericht damit zugunsten der Beklagten unterstellt, dass das Prinzip “one face to the customer” ein betriebliches Organisationskonzept ist, das Konzept auch Kassenkräfte erfasst, durchgeführt wird und dem Arbeitszeitverlangen der Klägerin tatsächlich entgegensteht. Dagegen hat das Berufungsgericht auf der dritten Prüfungsstufe keinen hinreichend gewichtigen entgegenstehenden betrieblichen Grund erkannt. Vielmehr ist es davon ausgegangen, das betriebliche Organisationskonzept und die unternehmerische Aufgabenstellung der Beklagten würden durch die von der Klägerin geforderte Abweichung nicht wesentlich beeinträchtigt.
Diese Erwägung lässt die unternehmerische Entscheidung der Beklagten auf der ersten Prüfungsebene entgegen der Auffassung der Revision unangetastet. Das Landesarbeitsgericht hat zugunsten der Beklagten gewürdigt, dass das Prinzip “one face to the customer” bei einem Bankunternehmen im ländlichen Bereich einen gewissen Wettbewerbsvorteil mit sich bringt. Das nötige Gewicht eines betrieblichen Grundes iSv. § 8 Abs. 4 Satz 1 und 2 TzBfG hat das Berufungsgericht demgegenüber mit dem Argument verneint, Abweichungen von dem aus Wettbewerbsgründen angewandten Prinzip seien an Kassenarbeitsplätzen in größerem Umfang zumutbar als in der Kundenberatung. Das lasse das Organisationskonzept der Beklagten selbst erkennen, wenn es festlege, dass Kassenarbeitsplätze “grundsätzlich” durch Vollzeitmitarbeiter zu besetzen seien. Es sei deshalb nicht ersichtlich, dass Abweichungen von dem Prinzip “one face to the customer” im Kassenbereich den Geschäftserfolg der Beklagten erheblich beeinträchtigen könnten.
Damit hat sich das Landesarbeitsgericht innerhalb seines tatrichterlichen Beurteilungsspielraums gehalten. Es hat die dreistufige Prüfungsfolge des Senats nachvollzogen und bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts alle wesentlichen Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, genügt es nicht, ein Organisationskonzept und seine Durchführung festzustellen, um entgegenstehende betriebliche Gründe iSv. § 8 Abs. 4 Satz 1 und 2 TzBfG annehmen zu können. Hinzukommen muss eine wesentliche Beeinträchtigung des betrieblichen Organisationskonzepts oder der zugrunde liegenden unternehmerischen Aufgabenstellung durch die Abweichung vom Konzept. Auf dieser dritten Prüfungsstufe hat das Landesarbeitsgericht zu Recht auf die eigenen Vorgaben der Beklagten in ihrem “Organisationskonzept zur Teilzeitbeschäftigung” abgestellt. Diese sehen für Kassenarbeitsplätze nur die Regel einer Vollzeitbeschäftigung vor, lassen also Ausnahmen zu. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die hierfür behauptungsbelastete Beklagte (Senat 8. Mai 2007 – 9 AZR 1112/06 – Rn. 36) insbesondere nicht dargelegt, dass die erstrebte Teilzeitbeschäftigung der Klägerin die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht (§ 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG).
(2) Soweit sich die Beklagte in erster und zweiter Instanz über das Prinzip “one face to the customer” hinaus auf das im Kassenbereich angewandte sog. Vieraugenprinzip für Übergaben berufen hat, hat sie in der Revisionsverhandlung klargestellt, an diesem Begründungsansatz nicht länger festhalten zu wollen. Es kann daher offenbleiben, ob die Beklagte mit dem Vieraugenprinzip zunächst auf allen drei Prüfungsebenen erhebliche Umstände vorgebracht hat, die für eine Unteilbarkeit des Arbeitsplatzes der Klägerin sprachen.
B. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Düwell, Krasshöfer, Gallner, Furche, Preuß
Fundstellen
Haufe-Index 1856117 |
BAGE 2009, 219 |
BB 2008, 105 |